Liebe Freunde des
guten Tons,
nachdem ich hier eine Weile mitgelesen habe, kann ich mich in der Tat auch nur darüber wundern, wie weit es mittlerweile durch den Wahn nach lauteren (angeblich besseren) Audiosignalen gekommen ist.
Wenn sich hier die Processingspezialisten hauptsächlich darüber austauschen mit welchen Einstellungen und Kombinationen möglichst kryptischer Gerätschaften weniger Klangartefakte zu hören oder spüren (manches tut nämlich echt weh) sind kann ich nur fragen, weshalb tut Ihr es dann überhaupt?
Es ist doch gar nicht unsere Aufgabe, die angelieferten Musiken klanglich zu verändern und ihnen am Ende auch noch eine eigene, rein subjektive, Note zu verleihen!
Die Tatsache, das man seine persönliche Note mit einfließen lässt, ist dem geschuldet, das man es kann.
...denn das führt ja dann genau hierzu:
Klingt der Song ganz anders, als normal. Bei mir oder auf Youtube klingt der viel klarer,
Bitte nicht falsch verstehen, aber das was hier immer so schön als Soundprocessing beschrieben wird ist eigentlich das Sendeprocessing, also die Aufbereitung des fertigen, in sich hoffentlich gut hergestellten, Audiosignals für den Verbreitungsweg und dessen technischer Eigenheiten und Grenzparameter, meist UKW und jetzt eben auch einfach digital, weil man den ganzen Wahnsinn nicht mehr eingefangen bekommt.
Als man sich nicht mehr auf Limiting, Preemphase etc. pp beschränken wollte, entdeckte man plötzlich Multibandkompressoren, Stereoenhancer... und all das veränderte plötzlich den Sound, machte also das Gegenteil von dem hier:
die Nähe zum Original (viele Titel haben wir in unserem Plattenschrank und wir kennen die Eigenheiten)
Als auch in der Musikproduktion immer mehr alles in Richtung fullscale getrieben wurde, mit unterschiedlichen Ergebnissen bezüglich Loudness, und die teilweise schwachbrüstigen Moderationen von immer mehr Selbstfahrern nicht mehr gehörrichtig damit kombiniert werden konnten, meinte man plötzlich:
Ein Soundprozessing soll in erster Linie die Lautstärke- und Klangunterschiede der aneinandergehängten Elemente ausbügeln, die zusammen ein Programm ergeben.
Was genau ist eigentlich das Ausbügeln von Klangunterschieden? Diese Entstehen ja teils einfach durch die Instrumentierung, das Arrangement und zum Beispiel die Tasache, ob Till Lindemann oder Björk singt. Wes halb sollte man dies ausbügeln und was macht uns dann glauben, dass das ohne hörbare Artefakte zu schaffen ist?
Also, für das Ausgleichen von Loudnessunterschieden gibt es ein ganz einfaches technisches Hilsmittel, nämlich die Veränderung des jeweiligen Wiedergabepegels, das geht ohne weiteres Processing als mit einem Pegelsteller
Das alles darf natürlich nicht die nachgeschaltete AGC (wusste gar nicht, dass es die mittlerweile auch als Multiband gibt) nicht wieder kaputt machen.
Natürlich sollte man sich
dort, wo Klänge aufgenommen/produziert werden auch Gedanken über Soundprocessing machen, was und zu der Frage führt, welche das wohl bei einem Hörfunkprogramm sind. Ich erspare uns mal, daraus ein Rätsel zu machen denn, richtig, die einzigen Klänge die hier selbst aufgenommen werden sind hauptsächlich die Moderationen. Und hier lasse ich mir sogar gefallen, dass der berühmte eigene, natürlich unverwechselbare Sound gezaubert wird. Getreu dem Motto: jedes Audiosignal benötigt sein eigenes Processing!
Naja, ich beende das jetzt mal, ich hoffe es fühlt sich niemand zu sehr angegriffen, aber das was heute teilweise als Audio angeboten wird hat mit gutem Klang nicht mehr wirklich viel zu tun. Einfach deshalb, weil sich niemand mehr wagt mal einen Schritt zurück zu treten und sich das alles mal unvoreingenommen anzuhören. Im Kopf wirken ja gleich schon wieder die Argumente und Behauptungen, die sich im Laufe von 30 Jahren aufgebaut haben, egal ob sie stimmen oder nicht.
Meine Erkenntnis jedenfalls ist die, dass:
Schade, dass heute kein Programm mehr klingt wie SWF3. Habe ich als sehr rund aber nie aufdringlich in Erinnerung, hat vom Prozessing auf der Anlage zu Hause und im Autoradio gepasst. Diesen Spagat schafft heute niemand mehr. Kann sich noch jemand ans Klangbild erinnern?
Weiß noch jemand, wie bassbetont SWR3 am Anfang klang? Damals hatte sogar eine HiFi Zeitung, ich meine, es war Auto HiFi geschrieben „ist denen jemand der Bassregler abgebrochen?“
genau dieser Eindruck richtig ist. Und die Erklärung dafür, dass dieser Sound nicht mehr erreichbar sein wird, wenn man nicht grundlegend etwas ändert ist, dass unterschiedliche Klänge und Frequenzen unterschiedlich viel Energie benötigen um von unserem Ohr wahrgenommen zu werden (Kurven gleicher Lautstärke). Wenn nun heutzutage alles daran gesetzt wird diese Unterschiede zu vernichten ist es ja ganz logisch, dass man zum Beispiel keinen richtigen Bass mehr hört. Denn im oberen Pegelbereich, der ihm gehören sollte tummeln sich ja bereits die Hi Hat, E Gitarren, Vocals, Keyboards.......
Beste Grüße, Björn