Die Angst der Radiomacher vor dem Vergessenwerden (Hans Hoff, DWDL.de)

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meisten, im gegebenen Rahmen möglichst „laut“ zu sein, was die Gestaltungsmöglichkeiten dann auch wieder einschränkt.
Also im Vergleich zum Ausland sind die deutschen Sender eher leises Geseusel. Hört man mal quer durch Deutschland über alle Grenzen kann man das ganz gut hören. Sogar per WebStream. DA ist fettes Processing drauf. Hier in D klingts noch nicht mal auf hoher Lautstärke gut. Im Ausland schon. Da braucht man für Partylautstärke nämlich nur halb so laut aufdrehen. Und positiv ists auch noch da 1.so der Verstärker entlastet wird, was wiederum Strom spart, und 2. reichen 50-100W Funzeln mit dieser "Soundeinstellung" einfach mal 40km weit (siehe Elsass). In Deutschland ist bei solchen Kleinsendern in der Regel nach 5km Schluss. Und: Ganz wichtig: es klingt sogar besser. Über UKW ein Sound der mit hochwertigen Digitalmaterialien vergleichbar ist. Ums kurz zu fassen: Ein Klang der zu schön um wahr zu sein ist.

Liebe deutschen Musiksender, mal bitte den Modulationshub mind. genauso hoch stellen wie alle unsere ausländischen Nachbarn. Ist für den Endkunden einfach effizienter. Auf DAB+ machens einige schon vor (egoFM in BaWü über DAB+ sowie einige in Berlin, Hessen und Sachsen-Anhalt)
 
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Liebe deutschen Musiksender, mal bitte den Modulationshub mind. genauso hoch stellen wie alle unsere ausländischen Nachbarn.
Ist nicht erlaubt. Die dt. Sender nutzen das erlaubte (auf UKW) so weit wie möglich aus, bei mehr kommt die BNetzA und knipst Dir den Sender aus.
Wenn Du auf einmal 40km statt der koodinierten 5km weit kommst, störst Du andere Sender auf der gleichen und benachbarten Frequenzen.
 
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Ob man es darf oder nicht regeln die Länder jeweils selber durch entsprechende Bestimmungen in Anlehnung an ITU-Regelungen. Sofern es diese gibt, ist die Verfolgung von Verstößen dagegen noch wieder ein anderes Thema... In den NL hat man wohl schon Sender wegen zuviel Hub aus dem Verkehr gezogen, in Belgien wird dagegen druff gschissen.

Beklagen kann sich natürlich auch jeder gestörte Sender, nicht nur die jeweilige Regulierungsbehörde.

Hier gibts noch weiteres zum Thema: https://www.radioforen.de/index.php?threads/lautstaerke-der-sender-in-aachen.6937/#post-89920
 
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Wir sind jetzt zwar weit weg vom ursprünglichen Inhalt des Threads, aber der spezielle "Sound" gehört natürlich auch zu den Erkennungszeichen eines Hörfunkprogramms. Also passt es dann doch wieder hier rein.

Also im Vergleich zum Ausland sind die deutschen Sender eher leises Geseusel.
Nie war die Technik ausgereifter als heute, um ein Programm in der Lautheit knallhart an der Grenze des Legalen entlangkratzen zu lassen. Die Grenze des Legalen ist nur halt von Land zu Land unterschiedlich.

Vor inzwischen schon etlichen Jahren führte man den Begriff der "Multiplexleistung" ein. Das ist eine 1-Minuten-Messung, also ein gleitendes 1-Minuten-Fenster, man bekommt also erste voll gültige Messwerte nach einer Minute Messung, ab diesem Moment bezieht sich der aktuelle MPX-Power-Wert immer auf das in den vergangenen 60 Sekunden geschehene. So eine lange Integrationszeit ermittelt etwas, das nicht mehr mit Spitzenpegel zu tun hat (da geht es um Millisekunden), sondern mit dem Energiegehalt des Signals und letztlich mit der Lautheit. Ein richtiges Lautheitsmaß ist die MPX-Leistung nicht, da sie keine gehörrichtige Bewertungsfunktion beinhaltet und mehr als nur Audio einkalkuliert (RDS, Pilotton, Seitenbänder), aber Lautheiten und MPX-Leistung gehen im Trend immer in die gleiche Richtung.

Definiert ist der Bezugswert der MPX-Leistung (0 dBr) als der nach der zugrundeliegenden Messvorschrift herauskommende Wert, der sich einstellt, wenn man einen Dauerton-Sinus sendet, der einen Hub von +/-19 kHz erreicht. In Deutschland sind maximal 0 dBr MPX-Leistung zulässig. In der Schweiz sind es +3 dBr, damit kann UKW-Hörfunk in der Schweiz maximal ca. 3 dB lauter sein als in Deutschland. Norwegen kennt eine solche Begrenzung gar nicht.

Damit erklären sich schon die national unterschiedlichen Lautheiten.

Der Spitzenhub ist aber immer bei 75 kHz begrenzt, mehr oder weniger pingelig wird darauf geachtet. In Deutschland achtet man akribisch darauf, in der Schweiz dürfen 10% der gemessenen Maximalhübe in den Bereich 75 - 85 kHz fallen. Weit höher sollte man auch aus empfangstechnischen Gründen nicht gehen, nichtmal dann, wenn oberhalb und unterhalb der Sendefrequenz genug Platz wäre, den Hub weiter auszufahren (keine eng liegenden Nachbarprogramme). Die Zwischenfrequenzfilter in den UKW-Empfängern haben auch nur eine endliche Bandbreite (und die ist gewünscht, um die Selektion, also die Trennung von den Nachbarprogrammen zu ermöglichen). Fährt man den FM-Hub weit über 75 kHz, kommt es zum "Anecken" des modulierten Trägers den gewünschten Programmes an den Filterflanken. Das Signal wird dort im Hub begrenzt, nach der Demodulation äußert sich das in fiesen Verzerrungen (Clipping), die meist bei hochtonreichen Signalen (Sprache, vor allem Frauenstimmen ohne dumpf machendes Voiceprocessing, S-Laute, auch HiHat und ähnliche Instrumente) auftreten, da die Preemphasis gerade diese Spektralanteile hoch verstärkt, sie also mehr Hub machen als Signale gleichen Pegels bei niedrigeren Frequenzen. Die Verzerrungen haben ihren Namen danach bekommen, wie sie sich anhören: "Spuckeffekt" - siehe Anhang. Bekannt ist das seit es UKW gibt, Arbeiten dazu gab es beim NWDR in den 1950er Jahren und in der DDR in den 1960er Jahren.

index.php


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Die Abhilfe ist ebenso alt: Regelverstärker (Begrenzer) mit Berücksichtigung der Preemphasis. Damals betrachtete man Hörfunk-Inhalte aber zumindest teilweise noch als "Kunstwerke" und nicht als faulig stinkenden Dreck, den man maximal verdichtet und verstümmelt unters Volk bringen muß.

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Nun reißt man aber die Grenzen für Spitzenhub und MPX-Leistung nicht gleichzeitig. Beide Parameter sind zu überwachen, einer der beiden ist eher am Anschlag. Bei den dynamikreichen Kulturwellen (kaum Kompression) erreicht man den Spitzenhub eher, als dass die MPX-Leistung auf 0 dBr gehen würde:

DLF Kultur.png

Das ist DLF Kultur über eine seiner UKW-Frequenzen (die oben rechts eingeblendete Frequenz stimmt nicht, das ist eine 1:1-Kabelumsetzung auf geänderter Frequenz). Einzelne Spitzenhübe sind fast bei 75 kHz, aber die MPX-Leistung hängt bei -1,7 dBr maximal herum. Und DLF Kultur ist auf UKW schon vergleichsweise derbe komprimiert. Es ist aber selbst mit dieser Kompression illusorisch, 0 dBr MPX-Leistung zu erreichen, ohne über 75 kHz Spitzenhub zu kommen.

Ein anderes Bild bieten heute die Popwellen. Die konsequentesten haben inzwischen ein Processing, das immer haarscharf an der 0 dBr MPX-Leistung entlangfährt, ohne jemals auch nur ansatzweise den Spitzenhub auf 75 kHz zu bekommen. Die brachiale Multibandkompression verdichtet das Signal so sehr, dass die maximale Lautheit schon bei nur geringen Amplituden erreicht wird.

Hier am Beispiel von Antenne Thüringen (wieder eine abweichende Frequenz, da Messung nach 1:1-Umsetzung im Kabelnetz):

Antenne Thueringen.png

Maximal knapp 60 kHz Spitzenhub innerhalb einer Stunde - und die MPX-Leistung außer in den Nachrichten am Anschlag. In Berlin kann 104.6 RTL das genauso "gut". Lauter darf in Deutschland nicht auf UKW gesendet werden. In der Schweiz gingen formal 3 dB MPX-Leistung mehr, das wären etwas mehr als 3 dB mehr Lautheit, da Audio ja nur eine Komponente im MPX-Signal ist, während Pilotton (ca. 7 kHz) und RDS (ca. 2,5 kHz) ja nicht mit hochskaliert werden, sondern ihren Teil-Hub und die damit verbundene MPX-Leistung behalten.

50 kHz Spitzenhub würde man noch so halbwegs mit 3 dB mehr Aussteuerung in die 75-kHz-Grenze bekommen. Kulturwellen hätten dazu keine Chance, sie blieben immer leise, weil sie aufgrund ihrer gerngen Dynamikkompression den Spitzenhub eher ausreizen als die MPX-Leistung.

Da braucht man für Partylautstärke nämlich nur halb so laut aufdrehen. Und positiv ists auch noch da 1.so der Verstärker entlastet wird, was wiederum Strom spart
Erklär mal bitte. Der Lautstärkesteller steht halt niedriger, aber das ankommende Audio hat höhere Energiedichte und der Verstärker hat damit für "Partylautstärke" wieder den gleichen Leistungsbedarf, eher sogar noch mehr, da das platte, dynamikfreie Signal als "lasch" durchgeht und nur mit noch höherem Pegel "attraktiv" gemacht werden kann, während ein Original mit Dynamik u.U. auch bei geringerem Pegel gut "knallt". Genaue Aussagen sind nicht möglich, da hier Psychoakustik greift und jeder Hörer individuell anders empfindet.

Liebe deutschen Musiksender, mal bitte den Modulationshub mind. genauso hoch stellen wie alle unsere ausländischen Nachbarn.
Hub oder Lautheit? Eher Lautheit, Du willst es ja lauter haben. Also höhere MPX-Leistung - wäre nur noch bei den plattkomprimierten Popwellen möglich, jedes anständig bearbeitete Programm hingegen ist dann alsbald am Spitzenhub limitiert und wird nicht mehr lauter. Es finge dann nur an zu spucken - willst Du das?

Was freilich sofort möglich wäre: Kompression reduzieren und damit das Verhältnis von Spitzenhub und MPX-Leistung/Lautheit sinnvoller gestalten. Also: bei gleicher MPX-Leistung (ggf. 0,5 dB weniger aus Sicherheitsgründen) deutlich höhere Spitzenhübe zulassen. Sofort bedankt sich der Sound, wird knackiger und dynamischer. Und zerrt weniger.

Auf DAB+ machens einige schon vor (egoFM in BaWü über DAB+ sowie einige in Berlin, Hessen und Sachsen-Anhalt)
Ganz großer Blödsinn ist das. Auf DAB gibt es keine Preemphasis und keine Hubbegrenzung, da ist formal alles bis 0 dBTP Spitzenpegel möglich. Damit kann man mit brachialer Kompression und hoher Aussteuerung brüllend laut sein - nur die Kulturwellen halten nicht mit, die stoßen an die digitale Vollaussteuerung und sind aufgrund ihrer hohen Dynamik immer noch recht leise. Man hat also beim Zappen einen Wechsel aus leisen und brüllend lauten Programmen. In Norwegen hat das bereits vor Jahren zu einer Einigung von NRK und Privaten geführt, sich - mit Ausnahme der Klassikwelle - auf eine Ziel-Lautheit zu einigen. Man hat dann beim Durchschalten der Programme keine großen Lautheitssprünge.

https://tech.ebu.ch/docs/techreview/trev_2012-Q1_dab-loudness_aarseth.pdf

Eigentlich wären -23 LUFS für eine solche einheitliche Regelung anzustreben, das ist zumindest funkhausintern bei den EBU-Öffis, die nach R128 arbeiten, der Zielwert für die Produktionslautheit. Zum Verdeutlichen: solche Lautheiten kommen raus, wenn man Klassik oder Jazz mit hoher Dynamik produziert - schon vor 50 Jahren, nur hats damals keiner nach dieser Richtlinie gemessen, weil es diese Richtlinie damals nicht gab. Die heutige Richtlinie ist also an jahrzehntelanger Produktionspraxis aufgehängt und fällt nicht einfach so "vom Himmel". Der Spitzenpegel beträgt dabei vielleicht -4 ... - 2 dBTP, also "fast voll". Bei einer hochkomprimierten Popwelle mit -23 LUFS Lautheit hangelt sich der Spitzenpegel irgendwo bei -15 ... -13 dBTP entlang - eine erbärmlich dünne, platte Soße. Für die "Endkundenwege" ist das nicht praktikabel, weil man Mobilgeräte mit Kopfhörerausgang gar nicht auf anständige Lautheit bringen könnte.

Ein zweiter Versuch wäre also, typische UKW-Lautheit abzubilden. Dazu müsste man etwa -18 LUFS bei den Popwellen machen, also 5 dB Gain. Das können diese Programme gut ab, der Spitzenpegel ist dann irgendwo bei -10 ... -8 dBTP. Kulturwellen auf -18 LUFS zu bringen, bedeutet aber im Extremfall fast 5 dB Clipping, die verzerrungsarm abgefangen werden müssen. Das ist auch kein Problem und für Mobilempfang ein guter Kompromiss.

In Bayern will man das auch so haben: https://www.blm.de/files/pdf1/anlage_1_kapazitaetsstufen.pdf

BLM schrieb:
Lautstärke-Niveau bei DAB
In Absprache mit dem Bayerischen Rundfunk als Vertreter der öffentlich-rechtlichen Rund-
funkanstalten hat sich die Bayerische Landeszentrale für neue Medien das Ziel gesetzt, alle
DAB-Programme auf ein einheitliches Lautstärke-Niveau nach der EBU-Empfehlung R128
anzugleichen. Da jedoch auf absehbare Zeit noch der analoge Hörrundfunk (UKW) mit dem
digitalen DAB-System parallel bzw. simulcast (gleicher Inhalt) betrieben wird, sollten für den
Endkonsumenten DAB-Programme gleich laut wie die UKW-Programme sein. Untersu-
chungen haben gezeigt, dass statt dem EBU-Richtwert – 23 LUFS ein Richtwert von -18 LUFS
zu einem guten Umschaltverhalten zwischen UKW und DAB führt.

(via https://www.radioforen.de/index.php...er-klang-der-sender.31021/page-11#post-770647)

In Norwegen ist UKW hingegen so laut, dass man mit -18 LUFS auf DAB leiser wäre als UKW. Man hat sich deshalb auf -15 LUFS geeinigt, das ist schon ein derbes Brett und für keine anständig klingende Kulturwelle erreichbar. NRK Klassisk hat man folglich gleich außen vor gelassen. Alle anderen haben sich auf den Wert geeinigt.

Eine digitale Vollaussteuerung bei DAB (erst recht bei DAB+ mit AAC und heutigen Mager-Bitraten) sollte noch aus einem weiteren Grund dringend vermieden werden: die Artefakte der Datenreduktion machen höhere Maximal- und niedrigere Minimalwerte der Audiosamples. Und zwar nicht wenig, das können durchaus 3 dB oder mehr sein. Pegelt man brachial geclippten Müll zu hoch und schickt ihn durch den AAC-Coder, kommt hinten echtes Clipping raus. Das Signal braucht einige dB "Luft". Das ist nichts neues, das hat auch MP3 und MP2. Bei einem guten MP3-Codec können durchaus 1,5 dB in einzelnen Samples dazukommen, wenn man hart komprimiertes Material mit 192 kbps eindampft. Die Lautheit / der Energiegehalt ändert sich dadurch aber nicht, der bleibt, da die veränderten Samples nach statistischen Gesetzen modifiziert sind und und abzählbar "unendlich" viele auftreten.
 

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  • Spuckeffekt.mp3
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