[Halb-OT:] ARD-Fernsehen steuert ab 01. 01. 2012 nach EBU R-128 aus

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Vielen Dank!

Analog zum Hindenburg-Video ein Link auf en Audition-Tutorial (es wird für uns erst ab 2,33 interessant): Hier gibt es immerhin ein paar Möglichkeiten, ein paar Parameter zu verstellen, allerdings auch nicht die Zeiten, von denen Du sprichst.

Kennt jemand sinnvolleres Handwerkszeug, plugins etc. ?
 
...sieht für mich ziemlich sinnvoll aus. Genau schauen muss man, ob diese Tools jeweils das komplette File analysieren, oder nur den Teil, den man auch verwendet. Dabei könnten Differenzen entstehen. Zum Beispiel könnte ein langes Sprachfile sehr viel Audio enthalten, das die Integrated Messung verfälscht und somit den Teil, den man davon eigentlich nur benötigt ggf. falsch bewerten.. Hier wird es dann allerdings erstmal sehr mathematisch, denn innerhalb einer Mischung bestimmt natürlich das Ohr bzw. die Dramaturgie darüber, wie laut das Eine zum Anderen sein soll. Insofern ist die Loudnessnormalisierung zunächst erstmal nur der erste Schritt, der die Bedingung schafft, dass alles erstmal gleich laut zueinander klingt. Das muss ja aber nicht immer gewollt sein, vor allem nicht, wenn die Files nicht einfach nur hintereinander abgespielt werden (mehrere O Töne), sondern miteinander gemischt werden und somit erst das Gesamtsignal (Sprache mit Musik und Atmo) ergeben.

Zur genaueren Erklärung was die eigentliche ITU Norm betrifft, nochmal ein Link dazu:
http://www.itu.int/dms_pubrec/itu-r/rec/bs/R-REC-BS.1770-3-201208-I!!PDF-E.pdf
Wie gesagt benutzt die R-128 diese Norm, die den Messalgorithmus für die Loudnesslevel und die True Peak Messung festlegt. Die ITU Norm misst die Loudness mit 400ms Integrationszeit, k-bewertet und die Einheit heißt LKFS. Darauf aufbauend geht die R-128 etwas weiter:
  • Empfehlung eines Targetlevel von -23LUFS (entspricht LKFS) für die Programm Loudness
  • Erfassung der Momentary Loudness (400ms), der Short Term Loudness (3s) und der Integrated oder Programm Loudness (über die komplette Dauer des jeweiligen Stückes)
  • Festlegung des True Peak Max von -1dBTP
  • Erfassung der Loudness Range eines kompletten Stückes
Insodern muss man nun also schauen, wie genau die Arbeitsweise von Messinstrumenten oder Loudnesstools definiert ist. Wenn es die Möglichkeit gibt, einen EBU Mode einzustellen, dann müsste dieser entsprechend der R-128 programmiert sein, während die reine Messung nach ITU 1770 noch keine R-128 Konformität garantiert. DAs sieht man im Video zum Beispiel daran, dass der Targetlevel verändert werden kann, im EBU Mode müsste der auf -23LUFS stehen. Außerdem muss bei solchen Tools darauf geachtet werden, dass sie True Peak Spitzen sauber limitieren, vor allem wenn Audio lauter gemacht wird. In Audition passiert dies ja offensichtlich, zumindest spricht er im Video davon.
Übrigens ist eine solche Normalisierung nach R-128 auch in Sequoia von Magix möglich, in Samplitude Pro leider (noch?) nicht.
 
Hallo zusammen,

da ich nicht weiß, inwieweit alle hier Lesenden auch andere Threads verfolgen, stelle ich auch hier nochmal ein kleines Demofilmchen vor. Es soll veranschaulichen, wie irreführend klassische Pegelinstrumente für das Gehörte sein können, und wie sich die Loudnessanzeigen eines R-128 Meters verhalten können. Das ist besonders dafür interessant, damit man die Anzeigen M und S nicht falsch interpretiert, wenn der angestrebte Zielwert von 0LU/-23LUFS auch mal überschritten wird, weil ja am Ende die I-Messung relevant ist. Da ich bewusst auch Ausblendvorgänge u.ä. mit einbezogen habe kann man auch sehen, wie sich das relative Gate in der I-Messung auswirkt, wenn nämlich diese nicht zwingend abfällt, nur weil es leise wird.

Folgendes habe ich zur Veranschaulichung der Darstellungen, uns zur Verfügung stehender Aussteuerungsinstrumente, getan:
  • Audioausschnitte unterschiedlichster Art und Herstellung gesammelt
  • Erfassung der jeweiligen Programm Loudness dieser Audioschnipsel mittels I-Messung gemäß R-128
  • Angleichung der Programm Loudness durch statische Pegelanpassung gemäß der Abweichung zu -23LUFS, bis auf die reine Pegelangleichung nach Programm Loudness erfolgte keinerlei Bearbeitung mittels "Soundprocessing" jedweder Art. Die Ausschnitte sind also in sich genau so erhalten, wie sie vom jeweiligen Endbearbeiter gedacht waren!
  • Aneinanderreihung dieser Files, so als wären sie Bestandteile einer Sendung, oder als würden wir zwischen verschiedenen Programmen zappen
  • gleichzeitiges Messen der "Sendung" auf den folgenden Skalen: 1. True Peak, 2. Sample Peak, 3. QPPM, 4. R-128 Meter mit M,S,I, True Peak Max und LRA (Loudness Range) und Mitschnitt des TM9-Bildschirms (RTW Instrument) mit dem Audio als Videofile
Was soll nun damit verdeutlicht oder hinterfragt werden:
  1. Ist die R-128 Loudnessnormalisierung geeignet, um diese "sehr bunte Sendung" gehörrichtig zusammen zu setzen und somit ohne Abhörvolumenänderung durchzuhören?
  2. Lassen sich auf den Peakmetern 1., 2. oder 3. irgendwelche allgemein gültigen Werte definieren um das Audio daraufhin gehörrichtig auszusteuern?
  3. Welche Anzeigen zeigen etwas an, was dem Gehörten entspricht, besonders wenn wir laut und leise definieren wollen, wie etwa in Musik wenn von piano, mezzoforte und forte die Rede ist?
  4. Welche Details lassen sich in den völlig unterschiedlichen Mischungen heraushören?
  5. Sind im Audio irgendwelche technischen Störungen wahrnehmbar, die auf digitale Untersteuerung hindeuten?
  6. Springt man im File wahllos umher, dann treffen ggf. auch mal relativ laute und relativ leise Stellen aufeinander. Das ist auch völlig normal, da es ja nicht um eine permanent gleiche sondern durchschnittlich gleiche Loudness geht. Ist das störend, oder wird es als natürlich empfunden?
Unter diesem Link:
https://www.dropbox.com/sh/4y9p46rnre00qft/Xnmh2BwUm0
findet Ihr einen Dropbox Ordner, in dem sowohl das Video File (komprimiert wegen der Datenmenge), als auch die verwendete Audiodatei in verschiedenen Formaten. Im Video seht Ihr untereinander ein
  1. True Peak Meter
  2. Sample Peak Meter
  3. QPPM Meter mit Skalenbereich bis +9dB (ARD Skala)
  4. R-128 Loudnessanzeigen Momentary, Short Term, Integrated (links davon als Zahlenwert noch mal die I-Messung, die Loudness Range und den True Peak Max)
Ich habe die Skalen auf einem TM9 von RTW jeweils so angeordnet, dass die uns bekannten Normwerte übereinander liegen. Außerdem habe ich in den Loudnessanzeigen den grünen, sog. Toleranzbereich für die jeweilige Anzeige unterschiedlich groß gemacht (Erfahrungswerte), einfach um den permanenten Farbumschlag bei +1LU zu vermeiden, denn gerade in den Anzeigen M und S sind Überschreitungen von 0LU völlig normal und legitim.
Beim Abspielen des Audios habe ich die I-Messung (Programm Loudness Messung) bei jedem neuen Programmanteil neu gestartet um zu zeigen, dass jedes File in sich eine Programm Loudness von 0LU/-23LUFS aufweist. Insofern hören wir also eine Programmstrecke, bei der die einzelnen Anteile im Vorfeld nach R-128 normalisiert oder ggf. auch schon produziert worden sind, und der Wiedergabepegel in der sendenden Regie immer Reglernormstellung entspricht.


Beste Grüße!
 
Nachdem die R.128-Aussteuerung im TV nun schon so lange erfolgreich funktioniert sollte man meinen, dass die Sprachverstümmelung mit De-essern und dergleichen (adaptive Preemphase) nicht mehr zur Erhöhung der Loudness nötig ist.

Dieser Dilettantismus ist jedoch anscheinend nicht mehr auszurotten, wie der gestrige Tagesthemenbeitrag wieder mal zeigte:

Bericht von Shafagh Laghai, - Video ab 14'00''.
 
Naja, das geht ja fast noch. Habe ich schon schlimmer gehört. Wenn die Auslandskorrespondenten zum Teil in Hotelzimmern mit mobiler Technik produzieren, kommt nicht immer der beste Qualitätsstandard dabei heraus. Normalerweise wäre es ja ausreichend, unterwegs einfach über ein SQN aufzunehmen, das hat jedes Team dabei, aber selbst da kann man den Limiter so hoch anfahren, dass es scheiße klingt.

Matthias
 
Nunja, es ist recht simpel - eine schlechte Mischung auf -23LUFS bleibt eben eine schlechte Mischung, ob nun den Umständen der Produktion geschuldet oder fahrlässig bis mutwillig inkauf genommen.
Es gibt nach wie vor zuviele Mitarbeiter die R.128 nicht verstanden haben, nicht verstehen wollen oder sogar ignorieren.
Ich bin ja seit einigen Jahren vom reinen Hörfunker zum Fernsehtöner weiterentwickelt, und was dort bisweilen an Mischungen abgeliefert wird, war auch schon vor den Zeiten von R.128 grottig.
Je weiter der Produktionsort von der informierenden und gleichtzeitig kontrollierenden "Zentrale" entfernt ist, desto schlimmer.
Will sagen, das was z.B. die Regionalstudios des NDR M-V teilweise abliefern, würde es im Funkhaus Hamburg nichtmal in die Abhöre des Mischstudios schaffen ;)
 
Ich finde, die Sprünge bei der Fernsehwerbung sind noch da aber im Vergleich zu Früher abgeschwächter. Liegt sicher daran, dass ein Spot so kurz ist und trotzdem totkomprimiert wird. Der Energiegehalt ist dauerhaft gleichbleibend. Ist beim Film ja nicht so, der ist sehr viel dynamischer. Da R128 über die ganze Länge misst, müssen wir wohl damit leben, dass es immer noch Sprünge gibt.

Was das Radio angeht, es kann nicht schaden, die Radiodatenbanken endlich nach R 128 zu normalisieren. Es gibt immer noch Sender, in denen man das vernachlässigt, weil man der Meinung ist, dass macht das Summenprozessing schon. Ja, macht es, aber es klingt schlimm. Müsste nicht sein!
 
Zuletzt bearbeitet:
Kann mich da Jemand zu R128 aufklären?

Das möge der geistige Vater der R128 machen, Florian Camerer vom ORF:


Vereinfacht gesagt: diese Nummer


nach Loudness ausgesteuert hat mit ihren (Originaltonträger von 1992, Produktion Funkhaus Nalepastraße, Toningenieurin Christina Kohlmorgen) -22,8 LUFS perfekte R128-Loudness. Das war viele Jahre vor Einführung von R128! Der Wert -23 LUFS kommt schon nicht versehentlich vom Himmel gefallen, man findet ihn auch beim Digitalisieren von älteren Aufnahmen, die anständig produziert wurden, recht gut wieder, vielleicht+/- 2 dB genau).

Der TruePeak sitzt irgendwo bei -2 dBTP (ich habe zum schnellen Scannen nur ein MP3 hier, dessen TruePeak ist aufgrund der Artefakte etwas höher). Hier würde gar nichts verändert werden, das ginge so raus und im UKW-Processing, das auf ca. -18 LUFS Distributionslautheit aufholen muss, gibt es ein Problem: 5 dB Gain, die nur durch Kompression abzufangen sind, denn es sind ja nur knapp 2 dB Headroom vorhanden.

Noch derber würde es, wenn man wie zunehmend üblich, Stream und DAB+ einer Popwelle auf -15 LUFS bringen wollte. Dann müsste man diesem Track schon 8 dB Gain verpassen und damit mindestens 6 dB Kompression machen. Sonst gehts nicht - was auch der Grund dafür ist, dass Bjørn Aarseth von der NRK bei seinen Loudness-Verhandlungen mit den Privatradios NRK Klassisk rausgelassen hat:


(Randbemerkung: Bjørn Aarseth hat mit einer Gruppe junger Tonmenschen vor nun auch schon wieder etlichen Jahren das Funkhaus Nalepastraße besichtigt und war von den Sälen sehr beeindruckt.)

Diese Nummer


nach Loudness ausgesteuert hat mit ihren (Originaltonträger dieser Version) barbarischen -6,3 LUFS Lautheit und 2,2 dBTP Clipping um satte 16,7 dB gedimmt zu werden, um leidlich gleich laut zu klingen. Der Peak liegt dann irgendwo bei -14 dBTP und es klingt einfach nur pappig-plärrig-leise. Das ist die Strafe für null Dynamik.

Auf gleichen Sample-Peak ausgesteuert wäre Track 2 mehr als 15 dB lauter als Track 1.

Achtung, Youtube normalisiert auch nach Lautheit. Für einen realistischen Vergleich also beide Tracks runterladen und mit dem VLC spielen.

Wie läuft das bei den modernen DHD Mischpulten mit dem Autogain, kannst Du mich da aufklären?
Eigentlich hat man die R128-Normalisierung in der Ausspielsoftware. Und zwar so, dass die Files vorab gescannt werden (mehr oder weniger elegant gelöst mit mehr oder weniger Verzögerung im Workflow) und dann auf "Fader-Null" mit -23 LUFS ausgespielt werden.

Funktioniert freilich nicht mit CDs oder Vinyl. Da ist Handarbeit angesagt, die Lautheit von Vinyl sollen hartgesottene Fachleute schon am Rillenspiegel erkennen, las ich mal. Oder halt vorab reinhören, so es die Zeit gestattet, um anhand einer hoffentlich vorhandenen Vorhör-Pegelanzeige die Lautheit einschätzen zu können. Ob man die DHD-Messfunktion auch für nicht-Mikrofon-Eingänge nutzen könnte, um z.B. 10 Sekunden CD-Vorhörschnipsel analysieren zu lassen, weiß ich nicht. Vermutlich wäre das aber nicht praxistauglich.

Es gibt immer noch Sender, in denen man das vernachlässigt
Es gibt Anstalten, die wussten bis vor kurzem im Sendebetrieb nicht, was R128 überhaupt ist. Macht eh der Optimod. Und dann wundern sie sich, warum ihre Sprachanteile so abk*acken in der Lautheit.
 
Zuletzt bearbeitet:
Der Wert -23 LUFS kommt schon nicht versehentlich vom Himmel gefallen, man findet ihn auch beim Digitalisieren von älteren Aufnahmen, die anständig produziert wurden, recht gut wieder, vielleicht+/- 2 dB genau)
Der Wert ist schon sehr Praxisnah. Ein ordentlich ausgesteuertes Radiofeature, bei dem (m)eine dezente Komoression - je nach Stimme - von etwa 1,7:1 bei sehr spätem Angriffspunkt und kurzen Regelzeiten zum Einsatz kam, bringt es bei Spitzenpegelaussteuerung nach Pegelmesser DIN Typ 1 (die typischen RTWs mit 5 ms Integrationszeit) auf -23 LUFS (I). Dabei hat die Kompression und Aussteuerung der Elemente der Stimme des Hauptprotagonisten oder der Moderation zu folgen.
Ein mir gut bekanntes Wortprogramm liegt bei -22,5 - -22 LUFS am letzten Punkt hinter Jünger, also gar nicht so weit weg. Und wirkt im Alltag (Auto etc.) beim Umschalten nicht wesentlich „leiser“.

Bei der Werbung fällt es vor allem beim Privatfernsehen auf, die nehmen es scheinbar nicht so genau (verfolge ich auch nicht aktiv). Auch schön zu beobachten, dass - nach einem Werbeblock - der Ton des Spielfilms erstmal von einer AGC hochgezogen wird. Kann man oft sehr deutlich regeln hören.
 
Wollte mir da nicht irgendwann mal einer erzählen, beim TV gibts kein Summenprozessing? Scheinbar doch, auch wenns nur ne AGC ist.
 
Es kann beim Fernsehen generell Summenprocessing geben, selbst explizites Material dazu (Optimod TV, den wir nie hatten).
Im Rahmen der ARD ist mir sowas zumindest nicht bekannt, obwohl es Schaltraumausgangssitig sicher Limiter und auch Leveler gibt, die aber nicht färbend eingreifen sollen.
Unterschied zum Hörfunk, zumindest in meinem Arbeitsumfeld, ist, dass das Processing beim Fernsehen generell am Tonregieausgang passiert, eingestellt vom Diensthabenden Ingenieur, hier idR in Form von Jünger-Geräten - eine bewusste Klagfärbung wird nicht angestrebt.
Der Schaltraum als letzter Punkt reicht „nur“ durch.
Für Bild und Ton gibt es, in dieser ganzen Kette, freilich Geräte, die dafür da sind, technische Parameter auch in schwierigen Situationen, einzuhalten, aber so etwas wie „den letzten Punkt Omnia 9, gestaltend eingreifend“ gibt‘s tatsächlich nicht. Wohl natürlich Werkzeuge, die auch das Bildsignal in den Parametern halten, mit denen eine datenreduzierte Weiterverbreitung möglich ist.
 
Aus einem anderen Thread, aus dem bereits einige Beiträge hierher verschoben wurden:

Die andere ist vorallem im R128-Kontext zu finden, also, wenn nach LU ausgesteuert wird, und nicht nach Spitzenpegel in dB. Diese Automatik zieht den Pegel des Kanals auf einen Zielwert (beispielsweise -23 LUFS), wie schnell, kann man in dB/sek angeben, auch ab welcher Abweichung überhaupt geregelt werden soll.
(Zu DHD Autogain)

Mein erster Impuls war: Das läuft doch der Idee der R 128 zuwider und ist nichts anderes als eine klassische AGC im neuen Gewand. Aber du kannst mich da vielleicht aufklären.

Ich behaupte: Das geht doch nur mit der Messung "Momentary", also über 400 Millisekunden. "Short-Term" (drei Sekunden) dürfte aus Latenzgründen schon nicht mehr gehen und "Integrated" erst recht nicht mehr.

Nur: Wenn ich in so kurzen Segmenten eingreife (und das mehrfach hintereinander), manipuliere ich dann nicht die Dynamik?
Was genau habe ich an dieser Technik nicht verstanden?
 
Achtung, Youtube normalisiert auch nach Lautheit.
Hier möchte ich einhaken.
Im Gegensatz zu so manchem Streaming-Dienst (und auch der R 128-Spezifikation) werden leisere Einsendungen nicht hochgezogen auf -14 LUFS, sondern dann auch so leise belassen. Kann man prima in den "Statistiken für Interessierte" (Rechtsklick im laufenden Video) nachlesen.

Blöderweise setzt YT seit 2022 DRC (Dynamic Range Compression) ein und klaut Dynamik, ohne dass der Content-Lieferant was dagegen machen kann.

Ja, es ist eine Lautheitsnormalisierung, aber eine besondere. Alle anderen gehen absolut auf den Zielwert, solange die True Peak nicht überschritten werden.
 
Zu Youtube: tiefer befasst habe ich mich mit der dortigen Methode nicht. Es gibt Webseiten, die eine Normalisierung auf -14 LUFS attestieren, auch entsprechende Videos belegten das in der Vergangenheit, z.B.


Neuerdings gibt es (bei einigen Videos?) eine Option "Gleichbleibende Lautstärke" ("Stable Volume"). Was die macht, habe ich im Detail gar nicht erkundet - ich habe sie ausgeschaltet. Ist das die von Dir benannte DRC-Funktion?

Was auch noch dazu kommt - und was ich mangels entsprechender Endgeräte gar nicht selbst erleben kann - ist Dynamikkompression im Endgerät. Posy hat dazu ein schönes Video:


Wie weit verbreitet dieses Verhalten ist, weiß ich nicht. Weder der Youtube-Player, den ich mittels Firefox auf der normalen Webseite nutzen muss noch der VLC als Player heruntergeladener Clips macht so etwas.
 
Schon jetzt bitte ich die Forenleitung um Nachsicht für meinen YouTube-Exkurs in Sachen R 128. Ich werde die Kurve zurück zum Radio bekommen. Hoffentlich gewährt man mir ein wenig Freiraum.

Ein paar Stichproben haben ergeben: Lauter als -14 LUFS ist es bei YouTube offenbar nicht, aber manchmal auch leiser.

Wenn es zu laut ist, wird reduziert. Dieses Video wurde mit -12,2 LUFS hochgeladen:

YouTube Loudness reduced.png

-14,0 LUFS (integrated) | LRA 5,8 | Peak -1,7 dBFS

Ist es leiser, wird es so belassen, also mit -19,4 LUFS ausgespielt.

YouTube Loudness -5,4 dB.png

-19,2 LUFS (integrated; Rundungsfehler?) | LRA 6,5 | Peak -7,8 dBFS

In beiden Fällen wurde die technische Hilfsgrenze von -1,0 dBTP eingehalten.
Soweit alles klar. Jetzt kommt DRC ins Spiel und schon läuft die Sache mit dem True Peak aus dem Ruder.

YouTube Loudness DRC.png

-15,2 LUFS (integrated) | LRA 6,8 | Peak -0,1 dBFS

Hier hatte ich etwas anderes erwartet.
Zur Erweiterung meiner Stichprobe habe ich ein Video genommen, das -2,0 dB "content loudness" hat, also nicht angefasst werden müsste, sondern in der Messung -16,0 LUFS ergeben müsste.

YT tagesschau 2024 05 29 DRC -2,0 dB.png

-15,2 LUFS (integrated) | LRA 3,8 | Peak 0,0 dBFS

:oops:
Rein logisch bin ich jetzt erstmal 'raus.
Warum YT auf die Idee kommt, bei einigen Videos DRC einzusetzen, habe ich noch nicht herausgefunden.

So, und warum jetzt diese Auswertungen, wenn es doch um Radios geht?
Primär bewege ich mich im Webradio-Bereich, und die sind nun mal mehrheitlich zu laut (keine Sorge, so mancher Privatradio-Stream ist es auch).
Daher nutze ich YT als Hilfsargument: Ist dir YT zu leise? Nein? Gut, warum musst du uns dann mit deinem Programm jenseits des YT-Maximalpegels so zuballern?

Gut, dass die meisten Hobbyisten (leider!) weder vom Tuten, noch vom Blasen und geschweige denn vom Pegel eine Ahnung haben: Damit muss ich bedauerlicherweise leben. Da wird nun mal alles in unsinnige DSP-Ketten 'reingezerrt, was nicht bei drei auf'm Baum ist: Ich komprimiere, also bin ich wer.

Aber wir sind ja hier bei den Profis, da setze ich Ahnung voraus. Damit zu @ADR:

Was das Radio angeht, es kann nicht schaden, die Radiodatenbanken endlich nach R 128 zu normalisieren. Es gibt immer noch Sender, in denen man das vernachlässigt, weil man der Meinung ist, dass macht das Summenprozessing schon. Ja, macht es, aber es klingt schlimm. Müsste nicht sein!

Dem kann ich, als Purist, nur zustimmen. Sauber nach Lautheit normalisieren, ausspielen, fertig. Fragt sich nur, wo das Problem liegen soll.
Ach ja, der geliebte Gerätepark. Der muss weiterhin seine Berechtigung haben, und zu viel Dynamik möchten wir nun auch wieder nicht - Smart Speaker, Fahrten im Auto und sonstige undynamische Abhörsituationen könnten den Hörer überfordern.

Damit bin ich bei einem früheren radioforen-Mitglied, den ich sehr schätze. Er hat an anderer Stelle geschrieben:

Entscheidet man sich für ein derart ausgewogen ausgesteuertes Programm, dann darf anschließend in der Signalkette natürlich nicht mehr komprimiert werden! Das heißt andererseits auch, daß man sich von einem Teil seines Geräteparks verabschieden muß. Man kann nicht alles haben.

Nun kann man durchaus einen pragmatischen Ansatz wählen. Schließlich ist unsere Stimme das dynamischste Element im Sendesignal, und das supplement 2 (s2, "Loudness in streaming") der R 128 erlaubt einen Korridor von -20 bis -16 LUFS; in der ersten Fassung waren es nur -18 LUFS.

Weiterhin finde ich, in Ergänzung zum Zitat von @ADR, dass eine nachträgliche Signalbearbeitung, wenn sie schon sein muss, mit einem sauber normalisierten Signal gefüttert werden sollte statt mit wilden Sprüngen. Je weniger ein DSP arbeiten muss, um so besser für den Hörer.

Womit ich den Kreis schließen möchte: Warum lässt es YouTube nicht einfach bei der klaren Linie "-14 LUFS bei -1 dBTP max." und liefert damit einen klaren Anhaltspunkt für Lernwillige? Stattdessen kommt stellenweise so ein dämliches DRC um die Ecke und sagt dem Hörer "0 dBFS sind okay"?

Portale, Streamingdienste und Radiosender sind ebenso Multiplikatoren wie auch Vorbilder. Radios haben es in den letzten 30 Jahren geschafft, den Hörer zu schlechtem Klang und mieser Dynamik zu erziehen.
Warum sollte es nicht andersrum gehen? Traut sich keiner?
 
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Zum Klang eine kleine Geschichte.
Ist euch mal aufgefallen, dass ABBA Songs immer hell und klar klingen? Die haben damals schon germerkt, dass Radio den Klang muffig macht. Die wollten aber, dass Ihre Songs auch im Radio gut klingen. Deswegen hatten sie einen kleinen UKW Sender, über den sie die Songs im Auto abhörten und klanglich anpassten. Das was im Auto noch fehlte, gaben sie hinzu und das waren meist immer Höhen. (Quelle Microtech Gefell Vertriebsleiter, der mit Benny sprach und mir das erzählte)
Bis heute hört sich das auch von CD auf der heimischen Anlage ohne verbiegen nicht verkehrt an. Damit einen Gruß an alle Sounddesigner, die dem Radio mit ihren Einstellungen die Brillianz nehmen und die Transienten kastrieren. Eine Hi Hat ist eine Hi Hat und gegen scharfe S Laute gibt es gute DeEsser und die setzt man ins Voiceprocessing und nicht in die Summe.
 
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