Ich finde das Urteil "Der WDR hat komplett versagt!" etwas destruktiv. Interessant ist doch: Was genau hat der WDR falsch gemacht? Was hat er versäumt? Was hätte er machen sollen, machen müssen?
Gute Frage. Meine Antworten:
Substanz vor Form.
Die Kurznachrichten, die in der Nacht liefen, mussten dem Weberschen Format mit nichtsagenden, aber emotionalisierenden O-Tönen folgen.
Was die Leute in der Nacht gebraucht hätten, wäre eine nüchterne und detaillierte Darstellung der Lage gewesen. Im Zweifel als reines Wortprogramm. Das ist im WDR aber nicht mehr erwünscht.
Was die Leute bekamen: aufgeregte Stimmen von betroffenen, die im Halbstundentakt wiederholt wurden. Und selbst die bekam man nicht mit, wenn man das Radio nicht genau zur vollen oder halben Stunde eingeschaltet hat.
Ressourcen
Es wurden keine Pläne geschmiedet, wie der Newsroom mit einer solchen Situation umgehen soll.
Weder einen grundsätzlichen Plan, wie z.B., dass in einer potentiell ereignisreichen Nacht kurzfristig Ressourcen ins Nachtprogramm gesteckt werden können, und dafür eben am Tag eben kurzfristig gekürzt wird. Ein mögliches Beispiel (neben vielen anderen) wäre beispielsweise, dass die WDR-4-Redaktion in einer solchen Situation kurzfristig ein eigenes gemeinsames Nachtprogramm von WDR 2 und WDR 4 aufzieht, und die WDR-2-Redaktion dann das sich anschließenden gemeinsame Tagesprogramm gestaltet. Der Musikanteil wäre an solchen Tagen ohnehin drastisch geringer.
Einen speziellen, konkreten Plan auf dieser Grundlage hätte man dann Anfang der Woche angesichts der sich abzeichnenden Wetterlage erstellt werden können.
Falsche Prioritäten und fehlende Flexibilität
Wie schön andere angemerkt haben, hat die ARD eine breite Infrastruktur, um nachts vor liegengebliebenen Gegenständen auf der Autobahn zu warnen. Diese liefen freilich auch in den ARD-Nachtprogrammen rauf und runter. Denn der Radiohörer ist ja, qua Definition, ein Autofahrer, warum sonst sollte jemand Radio hören? So ungefähr scheint man sich das nicht nur beim WDR, sondern in der gesamten ARD vorzustellen. Dabei hab es in der Vergangenheit wirklich genug Extremwetterereignisse, in denen das Radio als Informationsquelle gebraucht geworden wäre
Organisation als Kompromisslösung statt vom Programm her gedacht.
Die WDR-Regionalstudios stehen unter der Verantwortung von Frau Weber, die Information im WDR hingegen von Herrn Schönenborn. Schon allein dadurch sind Reibungsverluste vorprogrammiert, die die Erstellung von Notfallplänen, wie oben vorgeschlagen, torpedieren.