Es ist doch immer wieder interessant, wie die angehenden Wirtschaftswissenschaftler unter uns die von ihren Professoren gelernten Grundsaetze als gottgegeben zu verkaufen wissen. Was diese Damen und Herren Studenten allerdings nicht wissen: Waeren die Professoren nicht beim Staat, sondern in der freien Wirtschaft angestellt, wuerden sie wahrscheinlich schnell unter der Bruecke landen - als Opfer ihrer eigenen Theorien.
Fakt ist naemlich, dass eine leichte Personalunterdeckung eben nicht zu einer dauerhaften Gewinnmaximierung fuehrt. Diese Maer ist inzwischen allerorten widerlegt - durch hohe Krankenstaende, Demotivation der Mitarbeiter und dadurch bedingte Effizenzeinbrueche, Abwanderung der Kompetenz und Einbrueche bei der Produktqualitaet. Das zieht bei weitem hoehere Kosten nach sich als eine leichte Personalueberdeckung.
In Kurzfassung und noch mal extra fuer Soseies:
Es gibt keine Redaktion/keinen Wirtschaftsbetrieb, in dem eine Einsparung bei den Freien NICHT auch eine Einsparung bei den festen Mitarbeitern nach sich gezogen haette. Kein eingesparter Freier hat jemals einem Festen den Arbeitsplatz gerettet - das Gegenteil ist nachweislich der Fall!
Und es gibt da noch etwas, was man auch aus der Wirtschaft lernen kann: Nur ein qualitativ hochwertiges Produkt sichert auf Dauer die Existenz eines Unternehmens. Und nur eine staendige Investition in Mensch und Geraet (Ausbildung und Innovation) sichert die Existenzfaehigkeit. Beispiele: VW und Daimler-Benz schreiben einen Rekord-Gewinn nach dem anderen. Und das trotz hoher Personal- und Investitionskosten (In der Wirtschaft spricht man von Lohnstueck- und Gesamt-Stueckkosten). Opel hat versucht, genau da zu sparen (schoene Gruesse an Herrn Lopez). Folge: Guenstige, aber qualitativ schlechtere Fahrzeuge, unzufriedene Kunden und schlechte Stimmung in der Belegschaft - und zur Zeit firmengefaehrdende rote Zahlen. Um beim Radio zu bleiben: Wo steht Antenne Bayern oder RSH - und wo stehen die Hit-Radio-Antenne-Sender?
Das Problem ist eine extrem kurzsichtige Gewinnmaximierung. Und die hat vor allem in den letzten Jahren fuer hohe Ertraege und in der kuerzeren Vergangenheit fuer einen erheblichen Stellenabbau gesorgt.
Und viel schlimmer noch: Die 'wirtschaftlich-fundierten' Ueberlegungen der Berater hinsichtlich der Produktqualitaet (Der Hoerer will doch nur Musik, oder etwa nicht - oder wie?) hat nicht nur dazu gefuehrt, dass z.B. in Niedersachsen rd 150tausend Hoerer schlicht 'verlorengegangen' sind (laut MA)- also gar kein Radio mehr hoeren - , sondern auch dazu, dass zwar viele Leute immer laenger ihr Radio anhaben, aber niemand wirklich hinhoert (auch ein MA-Ergebnis). Und das ist eigentlich auf Dauer viel gefaehrlicher. Denn schon jetzt wendet sich der große Geldgeber, die Werbebranche, wieder vom Radio ab. Wer bezahlt schon gern fuer Werbesekunden, wenn niemand die Werbebotschaft wahrnimmt zwischen den wohlplazierten, aber haufenweise eingesetzten Positionierungen, die noch nicht mal die 'Kunden' (vulgo Hoerer)auf Dauer wirklich hoeren wollen.
Und damit geht diese Vorgehensweise an die Substanz. Denn was heisst das denn zusammengenommen? Das bedeutet, wer jetzt am Programm spart, braucht bald keins mehr anzubieten - Ostseewelle allerorten.
Und wer da an der Nachtschiene spart, vergisst, dass der Hoerer, der nachts umschaltet, auch die Morningshow nicht mehr hoert. Zumeist auf Dauer.
Uebrigens hat bereits die Umstellung der Nacht- und Wochenendbesetzung auf freie Mitarbeiter Arbeitsplaetze gekostet. Und in der Folge auch Hoerer - aber in diesen Teil der MA schaut fast niemand. Wie war das noch? Wer nachts umschaltet ...
Es ist nuneinmal so, dass nur mit kompetenten Mitarbeitern auch qualitativ hochwertige Produkte angeboten werden koennen. Kompetenz bedeutet aber Ausbildung und Erfahrung, und das bedeutet eben nicht hire and fire; das bedeutet auch eben nicht nur eine Zaehlung nach Koepfen. Das bedeutet, dass da was drin sein muss in den Koepfen. Und, dass man ein gewisses Personal und Equipment dafuer vorhalten muss, um etwas in diese Koepfe hineinzubekommen. Soetwas rechnt sich leider nicht sofort (im laufenden Quartal). So etwas rechnet sich aber fuer die naechsten 5 Jahre. Und in sofern sollte eine solche Rechnung eigentlich fuer jeden Rundfunk-Geschaeftsfuehrer interessant sein. Denn eingekauftes Know-How hat sich hinterher noch immer als teurer erwiesen im Vergleich zu selbstproduziertem (Stichwort Outsourcing...). Dass man allerdings 'Talente' on Air entdecken muss, halte ich fuer gefaehrlich. Im Interesse des Programms ist es bisher aus guten Gruenden ueblich gewesen, diese Damen und Herren erstmal solange ueben zu lassen, bis sie 'on-air'-faehig waren. Wohin ein minderwertiges Programm fuehrt - siehe oben.
Die Honorarsaetze bei Antenne in Hannover sollen uebrigens nicht allzu hoch gewesen sein - unter 30 Eure nachts - brutto je nach Wochentag.
Wer hier also weiterhin Personalsparmaßnahmen generell als arbeitsplatzrettend bezeichnet, verkennt die Realitaet. Realitaet ist, dass vor allem die Privatfunker mit hohem Personal-und Programmaufwand auch die besten Hoerer- und Umsatzzahlen haben. Und andersherum.
Wer aber auf schnellen Gewinn aus ist, rettet vielleicht den ein oder anderen Gesellschafter. Aber niemals die Gesellschaft.