Vielleicht sollte man es noch einmal auf das Wesentliche komprimieren und die Fakten zusammentragen:
1 Akt: Über Jahre monierten die Sender die zu teuren UKW-Sendekosten der Deutschen Post, dann der der Deutschen Telekom, dann der Media Broadcast. Gefordert wurde stets die Marktliberalisierung des Sendermarktes. Üblicher Tenor: Der Monopolist ist zu teuer, zu ineffizient, zu langsam. Kennen die Sender aus der eigenen Geschäftspraxis - denn da sind sie auch Monopolisten. 1. Warnung: Die "schleichende" Privatisierung von Post zur Telekom zur Media Broadcast (inklusiver zweier Gesellschafterwechsel) hätte die Gehirnzellen anregen sollen... Aber als Monopolist ist man halt langsam
2. Akt: Die BNetzA betritt die Bühne und "liberalisiert". Übrigens ähnlich stümperhaft und unprofessionell wie bereits andere Netze. Aber gut. Irgendwo wirbelt eine gewisse Derutec. Also irgendwie und eher im Osten des Landes. Und eher in Pressemitteilungen.
3. Akt: Aufstrebende Unternehmen wie Uplink und Dvicon betreten die Bühne und versprechen: Alles wird besser! Für die Radiosender heißt es: Hinlegen und gähnen und gelangweilt dem Treiben zuschauen. Ach wie schön, wenn Dritte, also diese Dienstleister den Job machen und es am Ende billiger wird - oder werden soll.
4. Akt: Die BNetzA "reguliert" die Preise, insbesondere die Antennenmitbenutzung. Die Antennen sind so ein Thema. Während man unten die Einschübe einfach mal so austauschen kann, gestaltet es sich oben auf den Dächern und Türmen eher schwierig. Schwierig ist so ein Thema. Besonders für das Sendermanagement. Ach waren das schöne Zeiten, als man das dem Dienstleister überlassen konnte. Jetzt muss man sich damit selbst auseinandersetzen. Nicht schön... Am Ende - puhhh - geschafft. Die BNetzA reguliert die Preise, allzu hohe Preissteigerungen werden abgebogen mit einer Härtefallklausel. Man könnte jetzt bei den betroffenen Sendern zumindest einmal Alternativstandorte suche. Wurde sogar von Dienstleistern angeraten und angedient. Aber erst einmal wieder hinlegen.
5. Akt: Die Media Broadcast legt neue Preise vor, die von der BNetzA nicht akzeptiert werden. Trotzig erklärt die Ex-Telekomtochter, dass sie dann aus dem Geschäft aussteigt. In der Radiobranche herrscht Erstaunen, aber dann legt man sich wieder mal hin.
6. Akt: Die Media Broadcast will versteigern. Zunächst werden den Sendern die Antennen angeboten. Aber kaufen? Warum denn? Zumal die neuen Sendernetzbetreiber abraten. Nur allzu gern wollen sie die Antennen für einen geringen Betrag kaufen. Denn die bis zu 30 Jahre alten Antennen sind schon längst abgeschrieben. Zudem ist kein Marktteilnehmer ersichtlich, der die Antennen kaufen will. Entsprechend raten sie den Sendern, dass diese die Antennen nicht kaufen. Stattdessen zockt man - auch im Wettbewerb untereinander - mit langen Laufzeiten und garantierten Preisen für die Antennenmitbenutzung. Den Sendern ist es recht! Das Risiko obliegt den neuen Sendernetzbetreibern, egal was rauskommt. Also erst einmal wieder hinlegen!
7. Akt: Irgendwas läuft schief. Divicon und Uplink steigen aus der Versteigerung verärgert aus. Käufer sind irgendwelche Investoren, die zu relativ hohen Preisen die Antennen gekauft haben sollen.
Zu Preisen, die über den Preisen gelegen haben, die über den Preisen gelegen haben, zu denen man sie den Sendern angeboten hat. Erstauntes Staunen bei den Sendern. Aber man bleibt erst einmal liegen.
8. Akt: Die neuen Eigentümer unterbreiten den Sendernetzbetreibern die neuen Preise. Die sind - Überraschung - deutlich höher als die alten Preise. Und dummerweise auch teurer als der Kauf. Vom vielen Hinlegen und dumm Rumliegen reibt man sich nunmehr die Augen und ruft erbost nach den Regulierern: Der ebenso erstaunten und überraschten BNetzA und den ebenso in sich ruhenden Landesmedienanstalten, die das Thema - sagen wir einmal - etwas überrascht. Ernüchtert stellt die BNetzA fest, dass auf Grund des nicht mehr bestehenden Monopols eine Regulierung nicht mehr erforderlich ist und sie eigentlich nichts tun kann.
9. Akt: Die Sender weigern sich die neuen Preise zu zahlen, die Investoren müssen ihren Invest refinanziert bekommen und im Land kursiert das Szenario einer UKW-Abschaltung....
Und worum geht es eigentlich?
Der ehemalige Sendernetzbetreiber hatte keine Lust mehr, berechtigt oder unberechtigt, das UKW-Geschäft fortzuführen. Er bot es den Sendern an, die es (mit Ausnahme von Baden-Württemberg und Niedersachsen) für überteuert hielten und versteigerte die Anlagen an Dritte. Diese versuchen nunmehr, ihr Invest zu refinanzieren. Die Sender finden es völlig überteuert und weigern sich die aufgerufenen Preise zu bezahlen. Am Ende geht es nur um den Preis. Ist es existenziell? Nein! Es wird eine Ergebnisverschlechterung für die meisten Sender bedeuten. Für einige Sender, die in den letzten drei Jahren verpennt haben sich Alternativen zu überlegen vielleicht auch sehr teuer.
10. Akt: Die Sender sind seit ein paar Wochen wach und nerven die Landesmedienanstalten, an die sie sich hilflos wenden. Sie sollen die Situation retten. Runde Tische jagen sich ebenso wie Telkos und eilig konsultierten Medienjournalisten der Gesellschafterverlage, die den Niedergang des UKW-Radios beschreiben sollen. Dazu eine Portion Verschwörungstheorien (wer könnte evt. mit wem wann und wo schon mal - Achtung Insider: in der Schweiz - gesehen worden sein). Lustig.
Und was sagt uns das eigentlich?
Ein Großteil der Senderverantwortlichen hat im wahrsten Sinne des Wortes gepennt. Bei einigen Sendern muss man sogar sagen, dass es eine grandiose unternehmerische Fehlleistung gewesen ist, denn es ging hier nicht um gigantische Beträge, sondern bei den meisten Sendern hätte man die Anlagen - wenngleich auch überteuert - aus dem Cash-Flow finanzieren können. Jetzt wird es halt noch teurer. Warum? Weil die ersten Sender erwägen, dass sie von den neuen Eigentümern die Anlagen erwerben wollen. Die sich dies natürlich zuzüglich des ohnehin höheren Preises nochmals versilbern lassen wollen.
Wie gesagt, bezüglich der UKW-Antennen lässt sich eine kollektive unternehmerische Fehlleistung der Radiobranche erkennen. Aber sie wird es überleben und spätestens im Sommer heißt es wieder in den Chefetagen der Radiosender: Gefahr gebannt, gepflegt Hinlegen!
Wirklich, großes Kino die Nummer! Wir reden hier nicht über Gummibärchen, sondern darüber, dass - vergleichbar - sich VW unter dem Hintern die Produktionsbänder von einem windigen Investor hätte wegkaufen lassen. Das muss man erst einmal hinbekommen!