Guten Abend zusammen, ich mag nicht so richtig, wie die Macher vom Medientreffpunkt das Interview zusammengekürzt habe. Ich habe die Originalantworten mal in mein Tumblr-Dingens gepackt:
http://robertkindermann.tumblr.com/post/61117189986/interview-mit-medientreff-mitteldeutschland - damit fühl ich mich besser.
Ein paar Punkte, die direkt an mich gerichtet waren - ich hoffe, ich habe nichts übersehen..
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Zwerg#8 - zur Bandbreiten/Datenvolumen-Diskussion: Das Problem ist, dass Radiosender nicht solche Allianzen schnüren, wie es Spotify mit der Telekom und Ampya jetzt mit Vodafone gemacht haben. Das heißt: Die Nutzer von Smartphones werden direkt am Radio vorbei zu neuen Diensten geführt. Das drückt aufs Zeitbudget des Radios und damit auf die Einnahmen der klassischen Radiosender. Andere Dienste und Angebote sind für Smartphones besser aufgestellt und somit auch für die kommende Nutzung im Auto. Ich glaube, dass gerade Ältere lange beim klassischen Radio bleiben werden und sich das irgendwie auch immer aufs Handy und ins Auto holen. So wie ein Zeitungsabo noch lange in viele Haushalte gehörte, trotz Radio, Fernsehen und Internet. Bei der neuen Generation sieht das anders aus.
Zu dem Wachstumsbedarf durch Video: Ich sage, dass Video und andere Datenmassen die Treiber sein werden und die Netze zwangsweise dadurch schneller und stärker werden. Alles was an Audio transportiert wird, wird in Zukunft nicht weiter groß auffallen. Das haben wir stationär auch erlebt. Erst waren es Musikdateien und Pornobildchen, dann ganze Filmen, Serienstaffeln und Gigabytes an Games. Musik fällt im Datenstrom des Webs gar nicht mehr auf. Was ich nur sagen will: Ich treffe immer wieder auf das Argument, dass die Netze niemals als dauerhaftes Übertragungsmedium zur Verfügung steht, weil die Netze nicht stark genug sind. Das wird sich schnell und spürbar ändern.
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Inselkobi - zu Schuster/Leisten: Die Frage ist immer "Was lassen wir die Menschen erleben und wie können wir dieses Erlebnis besser machen." Energy sollte längst eine Musikflatrate und einen Streamingdienst anbieten, weil die Sender - zumindest in Deutschland - eh fast ausschließlich aus Musik bestehen und die Marke sehr musiklastig ist. Ein Nachrichtenprogramm sollte überlegen, wie es Informationen noch besser und schneller an die Menschen ausliefert. Ich denke da an Push-Mitteilungen, Themen-Abos, interaktive Hintergrundgespräche on demand. Ein servicelastiger Sender sollte eine tolle Wetterfunktionalität in die App einbinden. Klassische Aufgabe: Was ist unser Markenkern und wie verlängern wir ihn in die digitale Welt, um weiter auf der Gewinnerseite zu stehen?
Ansonsten nochmal: Ich glaube nicht, dass die Radioform, wie wir sie kennen und was wir unter Radio verstehen, aussterben wird. Sie wird nur in einem komplett anderen Umfeld stattfinden, mit ganz anderen Regeln und Marktteilnehmern. Alle Kämpfen um das Zeitbudget des Hörens und wenn ich ein gutes Radioprogramm anbieten will, muss ich das irgendwie finanzieren (Macher, Verbreitung, Content, Technik usw.).
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K 6 - zu DAB+/Digitalradio/Autohersteller: Es ist aus Hörersicht nahezu irrelevant, ob DAB+ kommt oder nicht. Das Smartphone anzuschließen, wird immer einfacher. Wer bei YouTube nach "iPad car" sucht (
http://www.youtube.com/results?search_query=ipad+car&page=&utm_source=opensearch) findet unzählige Videos mit 100tausenden Klicks, wie so ein Tablet ins Auto eingebaut wird. Dazu gibt es nochmal ein Schwung Videos mit Android-Tablets. Und selbst wenn Radio dann über Digitalradio verbreitet wird, ist es eine App von vielen im Dashboard deines Autos. Ich halte derzeit im Autobereich Tesla als innovativste Firma. So sieht das Dashboard bei denen aus:
http://news.cnet.com/8301-33200_3-57322693-290/teslas-dream-screen-the-car-dashboard-of-the-future/. Deshalb ist diese Digitalradio-Diskussion etwas zweitrangig wenn es ums Auto geht. Das ist wie mit dem Fernsehen. Irgendwo kommt es her (Kabel, IP, Satellit). Das Angebot auf dem Fernseher selbst ist trotzdem massiv gewachsen und alle Sender geben minimal Prozentpunkte und Zeitbudget ab, das wird sich beschleunigen und dann schnell bei den Werbepreisen spürbar sein. Die gleiche Geschichte.
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musicology
Danke für die Info mit dem Intranet. Das freut mich. Und ich würde mich noch mehr freuen, wenn die Diskussion doch offen geführt wird. Zu der Bezeichnung Rundfunk bei anderen Angeboten: irrelevant (siehe das Interview, das ich oben verlinkt habe). Es geht um das Zeitbudget des Hörens, ob die Macher sagen, dass Spotify kein "echtes Radio" ist, ist irrelevant. Bildschirmbelieferung: Ich glaube, das hat große Vorteile: zum einen bindet man die Hörer deutlich stärker ans Programm, weil Gesehenes einem näher geht und damit eine höhere Bindung entsteht. Zum anderen lässt sich dann auf den Bildschirmen Werbung anzeigen, das lässt sich deutlich hochpreisiger vermarkten. Weiter: Ich kann tolle Zusatzdienste anbieten (Wetterkarten, Fotos bei den Nachrichten, HD-Webcams, Interviewgäste auch zum Sehen), mit denen ich mich von der Konkurrenz absetzen kann. Und zuletzt: ich kann nehmen, was produziert wird und es zum Beispiel bei YouTube verbreiten. Das ist tolles, neues Marketing. BBC Radio 1 macht das m.E. nicht schlecht.
Zur Frage "Was muss Rundfunk leisten?": Also jetzt Philosophie - ein schöner Spaß. Uns bricht gerade eine wichtige Säule der Demokratie weg. In den Regionen gibt es fast keine Tageszeitungen mehr. Ich bin gespannt, ob die Politik den ÖR das stärker machen lässt. Die erfolgreichsten Sendungen der Dritten sind die regionalen Nachrichtensendungen. Die regionalen Radioprogramme sind beispielsweise im Norden sehr erfolgreich. Das könnte vertieft werden. Wenn du mich nach den Privaten fragst: Sie werden immer mit dem Argument kommen, dass sie das nicht leisten können. Also über das was sie jetzt an Information hinaus anbieten. Mag sein, weiß ich nicht. Trotzdem: Der regionale Faktor ist das Alleinstellungsmerkmal vor allen anderen. Es ist noch etwas anderes, was spannend ist: Wie erreicht mich eine Nachricht, wenn ich mich von den klassischen Medien verabschiedet habe. Gibt es also sowas wie eine globale Pushmitteilung - wobei mit "global" gemeint ist "An alle, für die es von belang ist." Also ein Feuer in einer Chemiefabrik in NRW und alle im relevanten Umkreis bekommen automatisch die Mitteilung aufs Handy. Über sowas muss man nachdenken. Ansonsten: Es kann auch im Hörbereich funktionieren, sich thematisch zu spezialisieren. Es gab mal das FAZ-Wirtschaftsradio. Sowas sollte man noch mal probieren. Nur schlanker, schlauer, effizienter und stärker automatisiert, so dass da Kraft ist, Inhalte zu produzieren.
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Mannis Fan - Danke. Zu der Rechtefrage etc.: Ich weiß nicht, was sich die Politik da ausdenkt und wo Grenzen gezogen werden. Wir hatten schon mal die Foto-Zusammenfassung der Bundesliga in der Tagesschau. Da gibt es sicherlich ein paar absurde Dinge, die da in den nächsten Jahren passieren werden. Es ist trotzdem ein Unterschied, ob ich als regionaler Sender in der Region stattfinden kann, weil ich es schaffe, Revolverheld nach Göttingen zu holen oder ob mir Red Bull, die Telekom und andere die Preise so kaputt machen, dass ich die Bands, die eine gewisse Größe und Relevanz haben, eben nicht mehr bekomme. Ein Blick auf die elektronische Musikszene und die Preise, die dort zur Zeit für DJs aufgerufen werden, geben vielleicht einen Ausblick darauf, was kommt, wenn Künstler an Marken gebunden werden, die ganz andere Budgets im Nacken haben. Solange das Radio noch so stark ist, mache ich mir da keine Sorgen. Nur das stelle ich ja gerade in Frage.
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BlueKO - zu BBC Radio 1: Ich sprach ja von der BBC als gutes Beispiel, sie agieren dynamischer. Wobei sie auch politischen Druck haben, das Programm stark zu verjüngen. Ich rede allerdings nicht von der Quote. Ich rede von der Hördauer. Die ist abgesackt: September 2007 - 10.2 Stunden pro Woche pro Hörer / Sep 08 - 9.1h / Sep 09 - 9h / Sep 10 - 8.2h / Sep 11 - 8.3h / Sep 12 - 7.5h. Dann kam Grimshaw. Sep 13 kommt in 6 Wochen. Quelle: rajar.co.uk - Listening Hours per Listener.