AW: Wie viel Potential hat das DABplus-Bouquet?
So, heute war also der Big Bang für DAB reloaded. Mein Fazit des ersten Sendetags ist äußerst durchwachsen. Zunächst: Es gibt musikalisch mit Abolute Radio und Lounge FM zwei echte Highlights, und selbst das bundesweite Energy besticht mit einer von dem französischen Network völlig ungewohnt breiten Rotation (heute lief u.a. Dune mit Hardcore Vibes oder eine Dance-Version von Mori Kantes "Yeke Yeke". Und jetzt gerade beste Alternative Music von den Bright Eyes).
Aber: WO IST DAS BITTESCHÖN RADIO? Bei allem Lob für die Musik: Es gibt kaum Moderation und wenn dann nur voicegetrackt. Da kommen Kritiker sofort wieder auf den Plan: Solche Nonstop-CD-Wechsler gibt es zu Zehntausenden im Internet. Klar: Im Moment gibt es kaum Gerätr, nur wenige Hörer, da lohnt sich der Aufwand noch nicht. Oder ist es nicht genau umgekehrt: Müssen nicht gerade auch die Inhalte stimmen, damit die Leute in die Läden rennen und DAB+-Empfänger kaufen?
Wobei wir beim nächsten Problem wären: Welche Geräte in welchen Läden? Ich hatte vor wenigen Tagen noch ein Gespräch mit jemandem von der Regiocast, der mir mal erläuterte wie stark man bei der Metro-Gruppe (MediaMarkt, Saturn, Real uvm.) auf Granit stößt wenn es z.B. darum geht die 90elf-gebrandeden DAB+-Radios in die Regale zu bringen. Und dementsprechend sind auch die Verkäufer dort drauf: "DAB-Radios? Nö, die hammer nüsch, DAB ist tot. Kaufen se nen Internetradio, da bekommen se auch 90elf und dazu noch 10.000 andere Sender". Da muss also erst mal die Nachfrage stark genug sein, bis es die Pure One Minis und Co. auch bei Blöd und Geil gibt. Ein erfolgreicher Marktstart sieht anders aus: Was wurde damals hier für ein Tamtam und Pomp gemacht als DVB-T startete. Zwei ganze Seite widmete seinerzeit der Media Markt-Prospekt dem Thema. Und jetzt: Gar nix.
Also: Ich habe meine berechtigten Zweifel ob DAB jemals UKW ablösen wird und kann. Technische Probleme sind übrigens auch mit 10 kW Sendeleistung nicht ausgeräumt: Hier in Rhein-Main ist der Empfang gut, aber fährt man in abgelegene Taunustäler kommt nur die Meldung "Service not available". UKW geht hier immer noch, wenn manchmal auch leicht verzerrt. Würde also bedeuten: Wohnst du etwa in Aarbergen im Aartal, dann künftig kein Radio mehr. Oder? Sicher: Die Sendernetze sind gleichwellenfähig und könnten unbegrenzt ausgebaut werden, bis selbst der letzte Winkel versorgt ist. Aber: Wer soll das bezahlen. Bei der Nicht-Vollversorgung bei DVB-T konnte man ja noch das Argument bringen, dass es auch Kabel und Satellit gibt. Aber ein Radio muss funktionieren, und das auch im Erdgeschoss, in der Küche, im Bad.