AW: Die Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nach der Wiedervereinigung
rv01, für Dich zur Be(un)ruhigung...
Dass die Stasi da (heute) noch etwas lenken / zurücklenken will, glaube ich einfach nicht.
Ich auch nicht. Womöglich hat sich hier und da privat einer eine Struktur aufgebaut, in der er aus alten Verbindungen profitiert und irgendwelche Vorteile für sich ziehen kann - dann allerdings bestenfalls mit heute legalen Mitteln, sei es als Innungsmeister von sonstwas oder als Chef eines gegenüber diversen Wettbewerbern besser laufenden mittelständischen Unternehmens. So what? Kontakte und Beziehungen sind mehr als das halbe Leben.
Daß da irgendwo ein Stasi-Hauptquartier in einem virtuellen Schattenreich existiert und Fäden zieht, halte ich jedenfalls für absolut unwahrscheinlich.
Übrigens: auch MfS-Mitarbeiter sind sterblich, also Menschen. Unseren Nachbar hat es vor kurzem erwischt... Krebs. Natürlich waren meine Eltern auf der Trauerfeier, natürlich habe ich seiner Frau kondoliert. Der Fakt "MfS" war seit mindestens unmittelbar nach der Wende in der Siedlung bekannt und hat sicher auch anfangs zu Verstimmungen geführt. Der Mann ging die Sache aber offen an und stellte sich der Verantwortung. Dann war das auch irgendwann (nach Jahren?) gegessen. Sie bekamen / bekommen den Hausschlüssel meiner Eltern, wenn die in Urlaub fahren.
Dass die Wessis dabei sind, in Ost und West die "mündigen Bürger durch Dummfunk geistig zu entmannen" ist so ein ausgemachter Quatsch für mich, der eigentlich keine Silbe wert ist, sich darüber aufzuregen...
Es ist - so formuliert - tatsächlich ausgemachter Quatsch. Es ist nur halt so, daß die alleinige Ausrichtung der Medien - auch der öffentlich-rechtlichen! - nach den Gesetzen des Marktes und somit gegen den in der bisherigen Menschheitsgeschichte erreichten geistig-kulturellen Entwicklungsstand etwas war, das naturgemäß erst mit dem Einzug der westdeutschen Abläufe in den Osten kam. "Aufbauhelfer" (ich nenne sie in diesem Zusammenhang lieber "Abbauhelfer", denn die Ostmedien waren 1989-91 selbstbewußt und eigenständig geworden und hatten wesentlich mehr Substanz zu bieten als viele Westmedien) kamen dann halt "von drüben".
Entmannt wird auch niemand, es wird den geistig-kulturell anspruchsvolleren Menschen nur ein Kommunikationskanal und eine "Spielwiese" vorenthalten. Das ist schon lange mehr kein Ost-Phänomen, siehe
hier oder
hier.
Das will keine CDU, keine FDP und keine SPD und die Grünen bestimmt auch nicht...
Diese Denke ist denen allen fern, vermute ich. Was hier antreibt: eine ängstliche Ausrichtung auf den Mainstream, als ob der das einzige wäre, was das Land voran brächte. Klar, er hat eine wichtige Funktion, da sitzt immerhin die Masse der Bevölkerung, da sitzt auch die Masse der Konsumenten. Ob manche kleinere Teilmenge, die da nicht sitzt, nicht möglicherweise durchaus erheblich einkommensstärker wäre, sei mal dahingestellt. Aber aufs Geld will ich nicht abzielen, mir gehts um das geistig-kulturelle. Und da findet seit langer Zeit ein brutales Vertreiben statt, wird immer mehr Lebensraum genommen und mainstream-tauglich verwüstet. Das halte ich für fatal, denn die wirklichen Impulse "nichtmilitanter" Art (Massenproteste und Dinge wie 1989 in der DDR also ausgenommen) für die Weiterentwicklung der Menschheit kommen meist nicht aus dem Mainstream, sondern von Minderheiten. Sonst wäre ja auch jeder Nobelpreisträger.
Aber wer hat es nicht schon als Kind gelernt: der Klügere gibt nach. Ich verachte diesen Spruch zutiefst.
Entwicklungen im Radio sind der (leider zur Zeit immer noch galoppierenden) These/Erkenntnis des Nebenbeimediums zu verdanken. Plus Sparzwang und aufgeblähtem Verwaltungsapparat bei den ÖRs...
...womit ich Dir voll und ganz Recht gebe. Der Sumpf ist nur noch größer. Man könnte im Sparzwang auch mal an der richtigen Stelle sparen. Man bräuchte - hier oft diskutiert - ja nur Wellen anstaltsübergreifend (!) zusammenzulegen. Abgesehen davon, daß dem rundfunkrechtlich Grenzen gesetzt sind... ich hielte es sogar für eine Grundvoraussetzung einer Kulturwelle für nicht-Klassik-assoziierte, daß sie bundesweit zu hören sein müßte. Alles andere widerspräche dem geistigen Horizont der Hörer.
Aber die ARD-Anstalten sind in einer Zeit gewachsen, in der der Rundfunk (es war ja noch nichtmal das Fernsehen) wesentlich höheren Stellenwert hatte. Da floss auch richtig Geld... und heute sitzt jede Anstalt in ihren Funkhausneubauten und gibt davon natürlich nichts auf. Immer weniger Geld auf immer die gleiche Anzahl Töpfe (oder sogar neu hinzugekommene Töpfe wie z.B. Internetportale, Webstreams, weitere Programme etc.) zu verteilen, führt irgendwann zum gleichmäßigen Abmagern und dann zum Hungertod. Hier müßte mutig eingeschritten und einiges wieder abgeschafft werden. Tragisch nur, daß man dabei an der Kultur zuerst und am Belanglosen zuletzt spart.
Siehe Sputnik derzeit: das Tagesprogramm hingerichtet, kein Einschaltgrund mehr, Hot-Rotation mit US-Chartsmucke, Wort ausgedünnt. Und sie empfehlen, doch die Loop-Streams zu hören, wenns nicht gefällt. Abgesehen davon, daß das hochgradiger Nonsens und Selbstbeschädigung ist, denn vom MDR-Stream ist es nur ein Klick zu beliebigen anderen Streams, z.B. zu Byte FM, wurde hier falsch priorisiert. Das Geld gehört gefälligst ins Hauptprogramm. Alles andere ist - sorry - kein "richtiges" Radio.