Man sollte präzisieren, dass es sich bei dieser Hörergruppe nicht um alle Generationsangehörigen handelt, sondern um eine weltanschaulich determinierte Gruppe, die in Wirklichkeit ziemlich klein und noch dazu werbetechnisch nicht sehr attraktiv ist. Die Losungen, die einige dieser selbsternannten Generationsvertreter ausgegeben haben, richten sich nun gegen sie selbst. Sie fallen nun endgültig aus der am großzügigsten definierten werberelevanten Zielgruppe heraus, ihr Weltbild ist nicht mehr wandlungsfähig und festgefahren, sie orientieren sich nicht mehr am Puls der Zeit und sind ein Stück weit "irrelevant" geworden ("Nur Oldies sind Goldies").
Die heute 50-Jährigen akzeptieren alles was ihren musikalischen Grunderwartungen entspricht, egal ob es sich um internationale oder deutschsprachige Produktionen handelt. Allerdings legen sie gesteigerten Wert auf eine zielgruppenspezifische Ansprache, da sie in der knapp bemessenen Zeit, die sie noch mit dem Radio verbringen, adäquat und geschmacksspezifisch bedient und nicht über einen Kamm geschoren werden wollen (Stichwort "MOYL" fpr everyone).
Die politisch aufgeladene Hassrevolte gegen "altväterliche Deutschtümelei" (dazu zählte auch Mamas Heintje-Kult) hat diese Generation zum Glück nicht mehr erfasst. Den Kultur-Revoluzzern und Post-68ern war nämlich alles willkommen, was kein deutscher Schlager war, sprich keinen deutschen Text hatte. Aufstände verlaufen in der Regel leidenschaftlich und gehen neben der berechtigten gesellschaftlichen Grundmotivation und politischen Zielsetzung mit einer kulturellen Irrationalität einher, die heute nur noch Kopfschütteln auslöst.
Ich glaube nicht, dass die verfahrene Zielgruppendenke der Altvorderen die größte Herausforderung des angeschlagenen Zeitungs- und Beraterradios ist. Man weiß ganz einfach nicht wie man ein massenattraktives Radioprogramm auf die Beine stellt, das dem Urtrauma der Verleger, welches sich in einem schrumpfenden Anzeigengeschäft manifestiert, keine neue Nahrung gibt. Je weniger Leute eine Zeitung kaufen und sich zugleich vom Radio schlecht bedient fühlen, umso mehr Geld geht über den Jordan. Da helfen langfristig auch keine Gratis-Anzeigenblätter.
Solange sich das deutsche Radio nicht von seinen obsolten Grundaxiomen befreit und alte Zöpfe abschneidet, sich nach kompetenten Leuten umsieht, die ein Gespür für die gesellschaftlichen Grundströmungen haben und wissen wie die Leute "ticken", ist kein Land in Sicht. Ein junger Berater der den dogmatischen Einflüsterungen seines Ziehvaters erlegen ist ist, muss zwangsläufig scheitern, vielmehr ist ein neues, unvoreingenommenes Denken gefragt, das den differenzierten Ansprüchen der Hörer Rechnung trägt.