AW: Funkhaus historisch: Nalepastraße
Güße aus Block E, Meßtechnik
Von daher grüßt niemand mehr, zumindest niemand, der noch Rundfunkarbeit nachgehen würde.
"Tag des offenen Denkmals heißt nicht, dasse hier überall reinkommen!"
Heute war Tag des offenen Denkmals und wieder war das Funkhaus Nalepastraße geöffnet. Schon im Vorfeld waren Veränderungen in der Durchführung zu erkennen, so wurde auf eine explizite Anmeldung beim Pförtner und auf Gruppenstärken von maximal 25 Personen hingewiesen. Als wir gegen 10:30 Uhr ankamen, war die frühestmögliche buchbare Führung die um 12:30 Uhr. Also nochmal ein Bummel durch die Kleingärten am Wilhelmstrand, verbunden mit der Erkenntnis, daß der Führer der BVG-Fähre nach Baumschulenweg offenbar dazulernte und nun nicht mehr minutenlang brauchte, den Kahn an den Anlieger zu bugsieren. Kurz nach 10 war die gebotene Vorstellung jedenfalls jämmerlich, erfahrene Schiffsführer "parken" im ersten Anlauf ein.
Gegen 12 Uhr waren dann sämtliche Führungen ausgebucht. Lange Gesichter gab es durchaus, vor allem bei älteren Interessenten, die offenbar ein "Ehemaligentreffen" geplant hatten. So einfach wie letztes Jahr ging diesmal nichts. Zu meiner Gruppe stieß dann noch Lutz Schramm, er hatte den Fotoapparat mit und wir können auf Bilder hoffen.
Im Unterschied zu
letztem Jahr gab es deutlich weniger zu sehen. Das Zimmer des "Vorsitzenden" im Turm mit seiner Ausstellung der letzten im Hause gefundenen Teile der Originalausstattung war nicht zugänglich, nach Auskunft der Mitarbeiterin des neuen Besitzers wäre der Tag der offenen Tür im vergangenen Jahr massiv zur Rückübertragung von Exponaten in individuell verteiltes Volkseigentum genutzt worden.
Dafür wurde ein "Geheimsender" angekündigt. Während ich noch rätselte, was damit gemeint sein könnte ("Sender" standen dort nie, da waren nur Studios und in den
hier schon dokumentierten Keller des Flachbaus E-T führte die Besichtigung freilich nicht), fanden wir uns im Sendekomplex von RBI wieder. Dieser hier
auch schon dokumentierte automatische Ausspielkomplex für den DDR-Auslandsrundfunk befindet sich im Block A und ist von den Räumlichkeiten her in einem recht guten Zustand. Man müßte "nur" neuen Fußbodenbelag, neue Heizung und neue Verkabelung installieren und könnte loslegen. Technik steht da freilich keine mehr, bis auf ein paar Anzeigetableaus neben den Türen. Ansonsten ist noch alles da: Wandverkleidung, Glasscheiben, Türen.
Haarsträubend die gebotene Geschichte: das wäre ein "Geheimsender" gewesen und selbst Leute, die Jahrzehnte auf dem Gelände gearbeitet hätten, hätten nichts von der Existenz dieser Einrichtung gewußt. Wie bitte? RBI war sehr wohl bekannt, denn eine Haupteigenschaft von Rundfunksendern ist, daß sie für die Öffentlichkeit bestimmt sind. Daß RBI aus Berlin sendete, war ebenso klar wie, daß aus Block A gesendet wurde. Daß freilich nicht jeder Zugang in diesen Ausspielkomplex hatte, versteht sich von selbst. Entsprechend heftig widersprachen wir auch unserer Führerin, die irgendwann reichlich angefressen wirkte und meite, sie wäre ja aus dem Westen und hätte das auch alles nur vom Hörensagen.
K1 war dieses Jahr verschlossen, in den Turm kam man auch nicht.
Block B bot neben Saal 1 dieses Jahr auch Saal 2 gleich nebenan zur Besichtigung. Dafür war der Hörnchengang versperrt und Hörspiel 2 geschlossen, so daß keine
Eindrücke aus dem Betriebsalltag (mit original RFZ-Pult) erhascht werden konnten. Offenbar wollte man sich den Rummel vom letzten Jahr nicht noch einmal antun. Im Saal 1 gab es eine mehr oder weniger kurze Beschreibung, die von Fehlern strotzte, man war seitens des neuen Eigentümers sichtlich genervt und es gäbe wirklich schrecklich lästige Besucher...
Und das wars dann auch schon... aber wozu steht der Seiteneingang vom E-T denn offen? Diesmal war ich drin, daß es allenfalls noch schlimmer aussieht
als vor einem Jahr, dürfte klar sein. Überall Glasscherben, Tapete, Putz, Bäume (!). Der Wind pfeift über die Flure und meine Begleiterin knipste fleißig, sie sah als Architektin bereits coole Wohnungen mit abgefahrenen Grundrissen entstehen. Ich meinte nur, immerhin könnte der Nachwuchs im
Kinderzimmer die Anlage soweit aufreißen wie er wolle, ohne daß die Eltern im Schlaf gestört würden.
Alles in allem ein trauriger Anblick. Man kommt noch bis in das Redaktionsgebäude E-R, der Ausgang am Hausende ist aber dicht (Bauzaun). Ich trollte mich zurück Richtung Seitenausgang E-T, als ich von jemandem angesprochen wurde, der in E-R stand und den ich vorher schon mit einer zweiten Person bemerkt hatte. Er wollte von mir wissen, was ich hier wolle und ob ich wüßte, daß hier Betreten verboten sei. Ob sich da am Sonntag tatsächlich Bauarbeiter herumtreiben oder ob es sich auch nur um Ortsfremde handelte, die aus welchen Gründen auch immer dort zugegen waren, weiß ich nicht. Ich entgegnete auf die Entfernung nur, daß ich mir alte Wirkungsstätten anschaue und gleich wieder weg sei. Weg sind inzwischen die meisten Fenster in E-R, es sieht aus, als gehe der Abriß von Block E nun wirklich los. Hat denn wirklich niemand Bedarf an erstklassig geschnittenen Studios, die für diverse Produktionen geeignet sind?
Mehr war dann auch nicht mehr. Fotos wird sicher Lutz Schramm verlinken, wenn er seine Ausbeute gesichtet hat.