ARD-Nachtprogramm Mitte der 80er Jahre, "Musik-Farbe"

mh1962

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Das gemeinsame ARD-Nachtprogramm war hier ja schon öfter mal Thema. Ich hätte da mal eine spezielle Frage dazu.

Und zwar habe ich Mitte der 80er Jahre öfter mal nachts Radio gehört. Mir will aber keiner glauben, dass es damals schon "erträgliche" Musik (sprich Pop-Musik) im Nachtprogramm gab - so erinnere ich mich jedenfalls. Also, die Frage ist, wie war damals die typische Musik-"Farbe"?

In meiner Erinnerung sieht es so aus: Anfangs gab es diese unerträglichen Sendungen "Leichte Musik vor Mitternacht" von 22:30 Uhr bis Mitternacht und "Musik bis zum frühen Morgen" bis maximal 6:00 Uhr (je nach übernehmendem Sender), wo eigentlich mehr oder weniger Tanzmusik gespielt wurde und das auch noch unmoderiert.

"Irgendwann" - meiner Erinnerung nach Anfang der 80er Jahre wurde dann von Mitternacht bis 2:00 Uhr bzw. am Wochenende bis 3:00 Uhr die Sendung "Bis zwei dabei" bzw. "Bis drei dabei" eingeschoben. Und die war - möglicherweise je nach ausrichtendem Sender - durchaus erträglich, spielte (auch?) Popmusik, war von einem "echten" DJ moderiert und bot tatsächlich sogar manchmal Themensendungen bzw. "Themenstunden" an.

Die Pop-Nächte bzw. Rock-Nächte kamen erst viel später.

Erinnert sich noch jemand ähnlich oder erinnere ich mich falsch?

Über "Bis zwei/drei dabei" findet man sehr wenig Infos im Internet und auch praktisch keine Mitschnitte, ich habe lediglich
von 1984 gefunden, da scheinen musikalisch so ziemlich "alle" Stilrichtungen vertreten zu sein, in dem Ausschnitt allein Pop-Musik, Schlager und auch immer noch Tanzmusik. Ich meine, je nach Wochentag bzw. ausrichtendem Sender wäre der Stil eher noch Pop-Musik-lastiger gewesen.

Wie gesagt, über Erinnerungen würde ich mich freuen - auch wenn sie meine eigenen widerlegen...
 
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war von einem "echten" DJ moderiert
Nein, ganz sicher nicht. Das waren Moderatoren und vereinzelt talentierte Sprecher, festangestellte und freie, aber keine DJs, die Platten auflegten. Die Musik kam zu der Zeit ausschließlich aus der Senderegie, aufgelegt in Form von Sendebändern durch den diensthabenden Techniker und ausgesteuert durch den Ingenieur.

siehe auch https://www.radioforen.de/threads/historie-von-ard-nachtexpress-und-radiowecker.35160/
 
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Jeder Sender kochte sein eigenes Süppchen. Man konnte schon sagen, daß die Musikauswahl um diese Uhrzeit sehr gediegen war. Die jeweiligen Sender nutzten gern die Möglichkeit Aufnahmen ihrer Orchester in dieser Zeit unterzubringen. Manchmal kamen zu nachtschlafender Zeit noch Studiogäste nach ihrem Auftritt im Funkhaus vorbei. Die Moderatoren hatten wohl freie Auswahl mit der Musikauswahl und es wurde gespielt was dem Sprecher gefiel. Ich erinnere mich gerne an die Nacht von MO/DI, wenn der SFB den Radiowecker sendete. Das war ein richtig flottes Programm mit Jingles und Sprüchen, richtig klasse ! Wahrscheinlich hatten die Berliner hier eine der wenigen Möglichkeiten sich auszutoben.
Mitte der 1980er Jahre hatte ich häufig Spätschicht und hörte ab Mitternacht den ARD-Nachtrock. Auch hier hatte jeder Sender seinen eigenen Stil : SWF 3 spielte seinen coolen Sound aus dem Tagesprogramm, die Stuttgarter waren immer sehr rockig und beim WDR legte Alan Bangs seine schräge Musik auf. Die anderen Sender orientierten sich an ihrem jeweiligen Jugendprogramm.
 
Die Moderatoren hatten wohl freie Auswahl mit der Musikauswahl und es wurde gespielt was dem Sprecher gefiel.
Nein, genau das hatten sie eben nicht. Die Musikauswahl oblag Musikredakteuren, die auch als Mitwirkende genannt wurden. Erst später im Nachtexpress gab es einzelne Ausnahmen. Haarsträubend, dass dieser Aberglaube vom DJ, der machen kann, was er will, immer noch in den Vorstellungen herumgeistert. Und das ausgerechnet mit Bezug auf die ARD und das Nachtprogramm "Bis zwei (drei) dabei" der 80er Jahre. Falscher geht es kaum.
 
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Nein, genau das hatten sie eben nicht.
Ich weiß vom SFB (heute rbb), dass die Musik für den ARD-Nachtexpress und später für die Popnacht mindestens ab Mitte der Achtziger Jahre von den moderierenden Redakteuren selbst ausgesucht wurde. Sie saßen am "Disc-Platz" mit je zwei Platten- und CD-Spielern und legten selbst auf. Die Regie hatte nur die "Disc-Platz"-Summe.

Soweit ich mich erinnere, war im Nachtexpress z.B. Reinhard Meynen früher ein Discjockey und Quereinsteiger in den Sender. Auch anderswo haben Moderatoren ihr Musikprogramm selbst zusammen gestellt. Ich denke da beispielsweise nur an Rainer Nitschke vom SWR oder Wolf-Dieter Stubel vom NDR.
 
Die "Musik bis zum frühen Morgen" war beim SFB üblicherweise gar nicht moderiert. Das ist das Ärgerliche an so einem Forum: Diskussioenn fangen immer wieder bei null an. Was es mal bräuchte, wäre eine Webseite, auf der man solche Details nachlesen kann. Dann könnte man hie einfach darauf verweisen, wenn jemand fragt.
 
Ich habe irgendwo eine längere Aufnahme des Nachtprogramms aus den 70ern auf Band rumfliegen, da wurde in der Tat nicht moderiert, soweit ich mich erinnern kann. Nur stündliche Nachrichten gab es.
 
Also, wie man sieht, in den Achtzigern gab es auf jeden Fall eine allmähliche Entwicklung von "unmoderiert und sehr konservativer Musik" zu "moderiert und eher Pop-Musik". Die Frage ist nur, wann und in welchen Schritten hat sich das vollzogen? Mit Klärung dieser Frage würden sich sicherlich auch die scheinbar widersprüchlichen Aussagen in den ganzen Kommentaren relativieren.

Gibt es eigentlich öffentlich verfügbare Mitschnitte des Nachtprogramms? Auf youtube ist ja leider fast gar nichts zu finden.
 
An Mitschnitten besteht eigentlich kein Mangel.
Siehe hier:
Suchbegriffe:
147X Musik bis zum frühen Morgen
121X Bis zwei dabei
88X Bis Drei dabei

Wie ich schon sagte, es fehlt ein Ort, wo man die inhaltlichen Details mal in Textform sammeln und sortieren könnte. Von @DigiAndi können wir das aber natürlich nicht verlangen. Wir müssen ihm ja schon ewig dankbar dafür sein, dass er sich die ganze Digitalisierungsarbeit macht.
 
An Mitschnitten besteht eigentlich kein Mangel.
Siehe hier:
Suchbegriffe:
147X Musik bis zum frühen Morgen
121X Bis zwei dabei
88X Bis Drei dabei
Na ja, suchen kann ich dort danach und es wird tatsächlich einiges gefunden, aber online verfügbar scheinen ja die Mitschnitte nicht zu sein oder übersehe ich da was?
 
Nein, natürlich nicht, wie auch vor dem rechtlichen und technischen (wohin mit all den Dateien?) Hintergrund? Aber man kann sich immer an ihn wenden und nach den gewünschten Mitschnitten fragen, dann bekommt man diese auch.
 
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Nein, natürlich nicht, wie auch vor dem rechtlichen und technischen (wohin mit all den Dateien?) Hintergrund? Aber man kann sich immer an ihn wenden und nach den gewünschten Mitschnitten fragen, dann bekommt man diese auch.
Das habe ich jetzt auch gleich mal gemacht, danke für den Tipp, ich habe mich mal für eine Sendung aus 1984 entschieden.

Das war so ein Mischmasch aus vielen Stilrichtungen, Tanzmusik, Schlager und auch Pop-Musik, aber nichts, was an Pop-Musik in einer normalen Sendung von 1984 gespielt worden wäre. Dazu ein Sprecher mit sehr "sonorer" und ruhiger Stimme. Halt so wie in dem Youtube-Ausschnitt von weiter oben.

Offensichtlich sind meine Erinnerungen, dass das Nachtprogramm erträglich bis manchmal sogar interessant gewesen ist, doch jüngeren Datums.
 
Habe diese Woche mal einen längeren Mitschnitt des ARD-Nachtprogramms, gestaltet durch den SWF, aus dem Jahr 1984 gehört. Die Sendungen "Bis drei dabei" (22:30 - 03:00 Uhr) und "Musik bis zum früheren Morgen" (ab 3:00 Uhr) moderierte jeweils die gleiche Moderatorin Lilo Winter, bis insgesamt 5 Uhr.

Allerdings habe ich gemerkt, dass ab 4 Uhr Frau Winter nicht mehr viele Moderationen gemacht hat. Ab 5 Uhr dann nur noch Musik, unterbrochen alle 3-4 Titel mit Titelansagen, Wetterbericht und Verkehrsmeldungen, die der Nachrichtensprecher Alfred Sturm übernommen hat. Dies hat Alfred Sturm in den früheren 80ern in der "Musik bis zum früheren Morgen" wohl öfter gemacht, wie ich aus anderen alten Aufnahmen mitbekommen habe.

Ein interessanter und auch ein ungewöhnlicher Weg, wie die letzte(n) Stunde(n) von "Musik bis zum früheren Morgen" im SWF-Nachtprogramm hier ab und zu gestaltet wurden ...
 
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Zur Frage der Musikfarbe im Nachtexpress:
Ich kann für den Hessischen Rundfunk sprechen (Mittwoch auf Donnerstag), weil ich mir unzählige Nächte als Nachtexpress- und Nachtrock-Moderator (gebend: hr3) um die Ohren geschlagen habe. Ein (fiktives) Musikprogramm für den Express der damaligen Jahre beim hr hat für eine Sendestunde ungefähr so ausgesehen:

La Bionda - One for you, one for me
Margot Eskens - Nur eine Mutter weiß, wo Honolulu liegt
Orchester Hans Carste - Narzissus
Swinging Girls - Ein bisschen Beat, ein bisschen Swing
Beatles - Penny Lane
Orchester Helmut Brandenburg - Beyond the blue horizon (war allerdings als Erkennungsmelodie dem Chefsprecher Helmut Hansen vorbehalten)
Peter Frankenfeld und Lonny Kellner- Bum-Budi-Bum - das kann gefährlich sein
Pepe Lienhard Band - Swiss Lady
Robert Stolz - Wenn die kleinen Veilchen blühen
Donna Summer - Mac Arthur Park
TO des hr - I am sailing
Dave Daffodil - Pepperbox
NACHRICHTEN

Das Programm wurde von Musikredakteur Fred Gräfe zusammengestellt und wir Moderatoren (meist aus dem Sprecherteam) hatten nur sehr bedingt Einfluss auf die Gestaltung. Gelegentlich bin ich zu Gräfe hin und äußerte Musikwünsche, die er dann - etwas unwillig, aber immer freundlich - in seine Zusammenstellung einbaute. Gräfe war ein liebenswerter Sachse, der dann immer meinte "Ich hobe Ihre Ding'r in de Sendung rein. Se werden se schon find'n"

Die Nachtsendungen in den 80ern begannen um 22.30 Uhr, nach den 24-Uhr-Nachrichten schalteten sich nach und nach die übrigen ARD-Anstalten auf (nach festem Zeitschema, das uns vorlag, damit man nicht in die Aufschaltung hineinquasselte). Um 4.30 Uhr folgte dann der Moderatorenwechsel. Der ARD-Radiowecker begann mit neuem Moderator (meist Elmar Gunsch oder Jan Hofer). Der präsentierte den Wecker und anschließend in hr1 die Frühsendung "Guten Morgen allerseits" bis 8 Uhr.

Die inhaltliche Gestaltung (Text) oblag vollständig den Moderatoren. Es gab keine Redaktion, die zuarbeitete.
 
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Er muss sogar noch bis mindestens 1999 ab 22:30 Uhr begonnen haben. Bei den Save-the-tapes-Mitschnitten gibt es beispielsweise eine Aufnahme von SR3 am 07.03.1999, bei der ab 22;30 Uhr der Nachtexpress vom NDR Hamburg übernommen wird.
 
Zur Frage der Musikfarbe im Nachtexpress:
Ich kann für den Hessischen Rundfunk sprechen (Mittwoch auf Donnerstag), weil ich mir unzählige Nächte als Nachtexpress- und Nachtrock-Moderator (gebend: hr3) um die Ohren geschlagen habe. Ein (fiktives) Musikprogramm für den Express der damaligen Jahre beim hr hat für eine Sendestunde ungefähr so ausgesehen:

La Bionda - One for you, one for me
Margot Eskens - Nur eine Mutter weiß, wo Honolulu liegt
Orchester Hans Carste - Narzissus
Swinging Girls - Ein bisschen Beat, ein bisschen Swing
Beatles - Penny Lane
Orchester Helmut Brandenburg - Beyond the blue horizon (war allerdings als Erkennungsmelodie dem Chefsprecher Helmut Hansen vorbehalten)
Peter Frankenfeld und Lonny Kellner- Bum-Budi-Bum - das kann gefährlich sein
Pepe Lienhard Band - Swiss Lady
Robert Stolz - Wenn die kleinen Veilchen blühen
Donna Summer - Mac Arthur Park
TO des hr - I am sailing
Dave Daffodil - Pepperbox
Nicht unerwähnt bleiben sollte aber die Tatsache, dass gerade im Nachtprogramm des HR auch viele (heute teilweise in Vergessenheit geratene) Liedermacher ihren Platz hatten. In den "Save-the-Tapes-Mitschnitten stieß ich neulich auf einen Manfred Heiser. Aber auch ein Robert Long war regelmäßig zu hören.
Das Programm wurde von Musikredakteur Fred Gräfe zusammengestellt und wir Moderatoren (meist aus dem Sprecherteam) hatten nur sehr bedingt Einfluss auf die Gestaltung. Gelegentlich bin ich zu Gräfe hin und äußerte Musikwünsche, die er dann - etwas unwillig, aber immer freundlich - in seine Zusammenstellung einbaute. Gräfe war ein liebenswerter Sachse, der dann immer meinte "Ich hobe Ihre Ding'r in de Sendung rein. Se werden se schon find'n"
Herrlich!

Die inhaltliche Gestaltung (Text) oblag vollständig den Moderatoren. Es gab keine Redaktion, die zuarbeitete.
Auch hier war der HR teilweise sehr kreativ. Einer der Moderatoren - ich komme gerade nicht auf den Namen - besuchte die Arbeitsplätze von Menschen, die nachts arbeiten müssen und machte daraus kleinere Reportagen. So bekam man u.a. auch Einblick in die nächtliche Arbeit im Funkhaus.
 
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