Darum geht es in Charts-/Hitparaden-Sendungen doch gar nicht. Hier versucht der Hörer, seinen Vorzugstitel nicht nur in dieser betreffenden Hitparade nach oben zu voten, sondern ihn durch eine gute Platzierung anderen Hörern ans Herz zu legen, schmackhaft zu machen. Damit die ihn an jeder, welcher Ecke auch immer, beziehen soll. Hat denn niemand diesem Forum diesen Aspekt im Kopf?
Bravo für diesen sehr klugen Gedanken! Das wird in der Tat immer wieder mißachtet, nicht nur hier im Forum (das wäre zu verschmerzen), sondern vor allem bei den Entscheidern im Radio. Dazu kommt leider noch, daß es mittlerweile immer schwerer wird, eine Hörerhitparade vor gezielten Manipulationsversuchen seitens interessierter Kreise zu schützen. Früher™ mußte man pro Tip eine Briefmarke für die Postkarte investieren und verriet dabei aber Mehrfacheinsendungen durch die gleiche Handschrift. Heute geht das Manipulieren viel subtiler, was es den Entscheidern leider leicht macht, ungeliebte Hörerhitparaden zu entsorgen.
Ich möchte aber noch den Querverweis zu einem anderen Zitat des verehrten Herrn Graf herstellen:
Es gab eine Zeit, in der nach dem Aufkommen der Rock- und Popmusik im damaligen West-Deutschland ein wenig Interesse an dieser "Kultur" entfacht werden konnte. Menschen interessierten sich für Musik der Künstler und deren Karrieren, weil das Radio - wie sagt man heute? - sie "an die Hand genommen" hat. Grundsätzlich war das schwierig, aber nicht unmöglich. Ein paar Hitparadensendungen und die BRAVO nebenher haben das Publikum für Musikkünstler und ihre Musik begeistert. All das kann das Radio 2013 und die einschlägige Presse nur noch extrem kurzfristig leisten. Im Gegensatz zu den traditionellen Pop-Ursprungsländern USA und GB hat sich hierzulande auch keine nennenswerte Literatur aus diesem Bereich ausgebildet. Popmusik ist also im Bewusstsein des Konsumenten in Deutschland immer "wert"-loser geworden. Diesen "Wert" dem Hörer nicht mitteilen zu können, zu wollen, sondern sogar deren (angebliche) Wertlosigkeit bewusst oder unbewusst zu vermitteln, ist der Grund für die Gleichgültigkeit von Publikum gegenüber Musikkünstlern. Schon lange sind sich sowohl die ÖRs als auch die Privaten Radiosender bei ihrem Tun ihrer Verantwortung in Hinblick auf diesen Aspekt nicht bewusst. Und falls doch: noch schlimmer.
Ich sehe nämlich auch in Verkaufshitparaden ohne direkte Hörereinwirkung (wie z B den Schlagern der Woche) einen Wert an sich, und zwar durch den kompakten Überblick, den diese Sendungen über die aktuelle Popmusik bieten – inklusive Namensnennung von Titeln und Interpreten sowie Hintergrundinformationen (Stichwort: Interesse an dieser „Kultur“).
Es nützt mir reichlich wenig, wenn aktuelle Chartstitel täglich „rauf und runter“ gedudelt werden – wenn ich dann, was wirklich oft der Fall ist, am Ende doch nicht weiß, wie die Titel heißen und von wem sie sind. In Zeiten von MTV selig habe ich sehr gern die European Top 20 gesehen, weil es mir eben nicht reichte, daß irgendwie irgendwann alle Videos mal liefen, sondern ich in einer beschränkten Zeit gern mal die gerade topaktuellen Videos sehen wollte.
Nochmal: Es ist nicht dasselbe, wenn alle Titel irgendwann mal irgendwie laufen (als Hintergrundgedudel), wie wenn diese selben Titel das Thema einer eigenständigen Hitparadensendung sind! Ich sehe Hitparaden als wichtiges Mittel, Interesse an populärer Musik aufrechtzuerhalten und zu fördern.