Es entwickelt sich normal heraus.
Nein, tut es eben nicht. Es ist nicht der Weg, den wir sonst bei sprachlichen Veränderungen sehen, dass sich eine neue Entwicklung durchsetzt und sich dadurch einbürgert, sondern ummgekehrt etwas einzubürgern versucht wird, bevor es sich durchsetzt, eben weil sich immer deutlicher abzeichnet, dass es sich wohl von allein nicht durchsetzen wird.
Früher fanden viele die damaligen Veränderungen auch nicht immer gut.
Ja. Aber war das dann auch eine so klare Mehrheit in der Bevölkerung? Ich denke, wenn früher irgendeine sprachliche Mode überwiegend nicht auf Anklang stieß, setzte sie sich einfach nicht durch.
Das pendelt sich noch ein.
Entsprechend einer natürlichen Sprachentwicklung sollte es sich tatsächlich einpendeln, und zwar insofern, als es sich wegen überwiegender Ablehnung nicht durchsetzt und allenfalls als anekdotenhafte Randnotiz in der Geschichte der deutschen Sprache zurückbleiben wird.
Immer mehr junge Leute, die jetzt 20 und älter sind, gendern.
Ich möchte auch für diese Generation erhebliche Zweifel daran anmelden, dass das irgendwann einmal die Mehrheit sein wird.
Ganz einfach. Die Leute dort akzeptieren das und sehen es nicht als Gefahr, sondern als Nutzen von dem profitiert werden kann. Warum also klagen?
Ich klage doch auch nicht gegen Dinge, die mir gefallen oder von denen ich was lernen kann.
Davon ab, dass der Nutzen des Genderns wenn überhaupt, dann nur deutlich schwerer ersichtlich als die Nachteile ist, finde ich, man kann durchaus dagegen klagen, weil das, was da passiert, einfach jeder Grundlage entbehrt. Da werden Leuten Punkte abgezogen, weil sie weiter nichts tun als die Sprache in deren festgelegten grammatikalischen Regeln zu verwenden. Das fände ich selbst, wenn ich selbst gendern würde, ungerecht meinen nichtgendernden Komilitonen gegenüber. Mir ist nämlich unklar, wie das gerechtfertigt werden können sollte und ich kann nur hoffen, dass ich in meinem Studium keine solchen Vorgaben haben werde, für mich, aber auch für meine Professoren, denn da sähe ich dann doch einen ganz erheblichen Diskussionsbedarf.
Auch Grammatik hat sich über die Jahrhunderte und Jahrzehnte stetig verändert.
Ja, hat sich verändert, wurde es aber nicht vorsätzlich.
Dass sich diese wandeln und über die Jahre verändern ist doch normal.
Siehe oben!
Das Gendern ist da doch überhaupt kein herausstechendes Phenomän.
Doch, weil es eben keine natürliche Entwicklung durchgemacht hat, wie viele dieser mit der Zeit oft umgedeuteten oder abgewandelten Redewendungen, sondern einfach von vorn herein seltsam klang, daher mehrheitlich nicht auf Anklang stieß und trotzdem von einigen Jüngern mit einer geradezu erschreckenden Wehemenz als Fortschritt, als Lösung oder gar, wie neulich von einer Freundin gehört, als "irgendwann das neue normal" postuliert wird. Und die, die sich nicht dafür erwärmen können, schließen nach der Argumentation vieler dieser Jünger vorsätzlich Menschen aus, sind rückschrittlich, fürchten um ihre Prevelegien und erkennen Veränderungen nicht an, obwohl sie zumeist nie irgendwas in diese Richtung gesagt haben, sondern einfach nur ihre Sprache so sprechen wollen, wie sie es schon die ganze Zeit tun. Glücklicherweise sind nicht alle Verfächter des Genderns so. Mit der erwähnten Freundin hatte ich eine durchaus interessante Diskussion zu dem Thema, an deren Ende wir beide den Standpunkt des jeweils anderen wenn auch gewiss nicht teilen, so doch nachvollziehen konnten. Wir einigten uns letztlich darauf, dass wir uns wohl nicht einigen können werden und damit war es dann auch gut. Weder werde ich ihr versuchen, das Gendern abzugewöhnen, noch wird sie mich von der Richtig- und Notwendigkeit desselben zu überzeugen versuchen. Sie kann gendern, wenn sie wirklich der Meinung ist, dass das irgendwas hilft und ich kann weiterhin so sprechen, wie es die nach wie vor gültige Grammatik des Deutschen vorsieht. So ist doch alles in Ordnung, mehr wollen wir beide doch gar nicht. Und die ganze Sache wäre doch überhaupt kein Problem, wenn, ja wenn doch alle auf beiden Seiten so kompromissbereit wären. Klar, im öffentlichen Raum sollte es schon verbindliche Regeln geben und das wäre eben meiner Ansicht nach am besten die gültige Grammatik, aber privat, in Hausarbeiten und so weiter sollen meinentwegen jene, denen das wichtig ist, gendern dürfen, solang jene, die davon nichts halten, es dann auch genauso seinlassen dürfen.
Dazu fällt mir die Tatsache ein, dass es lange Zeit kein Wort für die Umschreibung "nicht durstig" gab.
Wenn ich mich richtig erinnere gewann dann bei einer Art Wettbewerb das neue Wort "sitt". Im alltäglichen Gebrauch ist es mir aber niemals untergekommen, und ausgesprochen habe ich es auch nie.
Womit wieder einmal bewiesen wäre, dass künstlich und zu einem bestimmten Zweck entwickelte Sprache sich zumeist nicht durchsetzen kann. Könnte sie es, hätte ich wohl nicht Englisch, sondern Volapük oder Esperanto als erste Fremdsprache in der Schule gelernt.