Viele Lokale haben eigentlich Spaß an dem, was sie tun und sind gut ausgebildet.
Ich war auch mal beim NRW-Lokalfunk, und ich kann bestätigen: Wir hatten Spaß an dem, was wir taten - nicht nur eigentlich sondern auch wirklich. Und mit dem Tarifvertrag ließ es sich auch ganz kommod leben. Ich fand mich toll, beim Radio zu sein und nicht morgens um sieben Uhr mit ölverschmierten Händen an der Werkbank stehen zu müssen.
Auch wir glaubten damals zumindest, gut ausgebildet zu sein. Heute nach über einem Vierteljahrhundert hinterfrage ich zumindest, ob ich wirklich ein guter Journalist bin. Und wir haben damals auch unser Bestes gegeben, zumindest das, was wir für unser Bestes hielten. Heute erlebe ich, wie die Lokalfunker ihren Job nach bestem Wissen und Gewissen tun. Aber Engagement allein ist nicht genug. Das Problem liegt beim Wissen und Gewissen. Was ich meine: Selbstverständnis und Grundverständnis von Berichterstattung.
Das fängt in den Redaktionskonferenzen mit der Suche nach Themen an. Arrrghh! Warum muß man sie suchen? Damit man die Stopsets füllen kann? Entweder sind sie da oder nicht. Die Vorstellung von Unterhaltung und Berichterstattung in den Redaktionsstuben der Lokalradios ist antiquiert und überholt. Gestaltungsoptionen werden zum Dogma. Hat man ja so gelernt. Schließt ein großes Geschäft in der Stadt, ist die Reaktion der reflexartige Anruf bei der Gewerkschaft, um einen O-Ton über das (Un)Wohl der Mitarbeiter zu bekommen. Zu ergründen, was die Schließung für die Kunden/Hörer bedeutet, wäre zu aufwendig. Dazu noch ein Politiker-O-Ton (vorzugsweise von den Grünen), und die Zutaten sind komplett. Statt aber die Töne als Unterstützung in einen konzeptionellen Beitrag zu bauen, wird der Beitrag um die O-Töne herumgestrickt. Der Hörer merkt's nicht. Das macht das Programm nicht gut sondern willfährig.
Der Lokalfunk ist stehen geblieben, nur die Moderatoren klingen nicht mehr so garstig und verbissen wie früher. Heute klingen sie nett, aber auch unverbindlich. Bloß nicht anecken. Der Lokalfunk NRW ist farb- und charakterlos. Zur Fortentwicklung fehlt die Triebfeder des Wettbewerbs.
Ein bißchen mehr Selbstreflexion der Lokalfunker würde nicht schaden. Der Hinweis auf die Musikauswahl, die Chefs da oben, die Sparpolitik oder die Gewinnspiele ist ein Schutzmechanismus. Öfter mal an die eigene Neese fassen.