Radioempfang im Ernstfall – wie, was, wo?

Wenn Dir die freie Marktwirtschaft lieber als dein Leben ist, dann kann man natürlich so argumentieren. Hier geht es aber um übergeordete Interessen. Denn wenn es Tote gibt, will wieder niemand daran Schuld gewesen sein. Und darum wird mit im DAB-Standard vorgesehenen Alarmcodes halt jedes Radio kurzzeitig umgeschaltet. Das muß mal ausprobiert werden. Ihr tut ja gerade so, als würden danach 20 Millionen Leute beim DLF "hängenbleiben".

Es wird in der freien Marktwirtschaft (sagen wir beim bekannten Privatsender "Radio Zwergenland", landesweit auf Kanal 14A) niemand im Sender sein, wenn nachts um halb Zwei eine Flutwelle bis hinter die sieben Berge schwappen sollte. Dort wird der Automat bis zum Ende dudeln und zu den festgelegten Zeiten die Werbung auspielen. Ob in kleinen Radioklitschen der Sendebetrieb bei einem Stromausfall überhaupt nennenswert lang aufrecht gehalten werden kann, ist sowieso überaus zweifelhaft. Insofern ist es absolut nicht gewährleistet, daß eine hochoffizielle Warnung die Sendestudios überhaupt erreicht und von dort aus mittels Text2Speech auf die Sender gelangt. Auch hier ist es sicher einfacher, direkt beim Senderbetreiber (Playout-Center) anzusetzen und dort Veranstalter wie "Radio Zwergenland" kurz "abzuklemmen".
 
Freie Marktwirschaft...
Die Privaten werden auch je nach zuständiger Landesmedienanstalt und Ausschreibung zu Lizenzauflagen verpflichtet wie etwa einen bestimmten Anteil an Nachrichten zu senden, Verkehrsmeldungen zu lesen oder einen bestimmten Anteil regional informierende Inhalte zu senden. Warn-Meldungen verpflichtend senden zu müssen wäre also ein kleinerer Eingriff in die freie Marktwirtschaft als du denkst.
 
Warn-Meldungen verpflichtend senden zu müssen wäre also ein kleinerer Eingriff in die freie Marktwirtschaft als du denkst.
Wäre eigentlich eine Selbstverständlichkeit.
Hauptache die ziehen auf DAB+ die Nummer mit der (Zwangs-)Umschaltung aller DAB-Radios zum DLF während der Durchsage mal richtig durch.
Richtig. Bei dem letzten Warentest würde ich, bis auf SMS dass da was kommen könnte, gar nicht erreicht.
 
Es werden (theoretisch) alle eingeschalteten DAB-Empfänger für die Dauer der Warnmeldungen auf den DLF im Bundesmux umgeleitet, nicht alle Sender mit dem DLF "gleichgeschaltet". Die große Frage ist, ob die handelsüblichen "Küchenradios" (hunderte Modelle) das überhaupt können. Wenn das nicht in der Firmware drin ist, passiert auch nichts: Das Küchenradio bleibt bei "Radio Zwergenland" und alle Zwerge ersaufen jämmerlich. Aber die Musik ist gut. Zum Glück gibt es auch noch andere Wege zur Verbreitung von Warnungen.
 
Es werden (theoretisch) alle eingeschalteten DAB-Empfänger für die Dauer der Warnmeldungen auf den DLF im Bundesmux umgeleitet, nicht alle Sender mit dem DLF "gleichgeschaltet". Die große Frage ist, ob die handelsüblichen "Küchenradios" (hunderte Modelle) das überhaupt können. Wenn das nicht in der Firmware drin ist, passiert auch nichts: Das Küchenradio bleibt bei "Radio Zwergenland" und alle Zwerge ersaufen jämmerlich. Aber die Musik ist gut. Zum Glück gibt es auch noch andere Wege zur Verbreitung von Warnungen.

Dafür gibt es beim DLF aber einen Mechanismus, der diese Umschaltung für die Dauer der Warnmeldung auslöst und eben dieser könnte auch missbraucht werden. Es wäre nicht der erste Sender, der von irgendwelchen Gruppierungen gestürmt wird. Darüber hinaus gibt es durchaus Sender, die selbst Warnmeldungen verbreiten.

Um wirklich alle zu erreichen dürfte Cell Broadcast aber ohnehin deutlich wichtiger sein als DAB-Sender.
 
Du stellst Dir das Ganze wohl wie den "Verkehrsfunk" vor? Einmal drücken - "Hallo Deutschland, ich bin's!" - und nochmal drücken? Mit Sicherheit nicht. Damit das funktioniert, müssen alle Muxe im Land so konfiguriert werden, damit eben auch der kleinste Mux ("DAB Zwergenland", hinter den acht Bergen) auf den 1. Bundesmux und den DLF "zeigt" (Alarmbits). Das geht nur direkt an den Multiplexern, also in den jeweiligen Playout-Centern, dort wo die einzelnen Programme der Veranstalter in einem Mux zusammenlaufen und "vermuxt" werden. Dort wird es (mehrere) sichere Leitungen zum Lagezentrum (Innenministerium) geben. Und nur wenn von dort das "Okay" kommt, wird irgendein Rechner zur Tat schreiten. Alles VPN, alles verschlüsselt.
 
Es wäre nicht der erste Sender, der von irgendwelchen Gruppierungen gestürmt wird.
Und das ist in Deutschland bisher wie oft passiert? Wir sind doch hier nicht im "Wilden Westen".

Darüber hinaus gibt es durchaus Sender, die selbst Warnmeldungen verbreiten.
Ich würde mal die These aufstellen wollen, dass bei weit über 80% aller Privatsender spätestens zwischen 18 und 20 Uhr die Bordsteine hochgeklappt werden und dann nur noch die Automation dudelt. Wenn danach irgendwo "eine Bombe einschlägt", ist da keiner mehr der eine Warnmeldung absetzen könnte.
 
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In den USA warnt jedes Radioprogramm im Warngebiet:
Alle US-Rundfunkanbieter sind verpflichtet, einen EAS-Dekoder zu betreiben, der in das Backend (Sende-Schaltraum) des Übertragungsweges geschleift ist und sich bei Aktivierung selbständig in das laufende Programm schalten kann:

Weder auf Sender, noch auf Empfängerseite braucht es dafür eine Spezialversion von DAB+.
 
In den USA warnt jedes Radioprogramm im Warngebiet:
Alle US-Rundfunkanbieter sind verpflichtet, einen EAS-Dekoder zu betreiben, der in das Backend (Sende-Schaltraum) des Übertragungsweges geschleift ist und sich bei Aktivierung selbständig in das laufende Programm schalten kann:

Weder auf Sender, noch auf Empfängerseite braucht es dafür eine Spezialversion von DAB+.
Der schärfste Alarm ist eben der, den jeder hört. Die Meldungen in den USA sind extrem unmissverständlich. Mit penetrantem Ankündigungston.
 
Du stellst Dir das Ganze wohl wie den "Verkehrsfunk" vor? Einmal drücken - "Hallo Deutschland, ich bin's!" - und nochmal drücken? Mit Sicherheit nicht. Damit das funktioniert, müssen alle Muxe im Land so konfiguriert werden, damit eben auch der kleinste Mux ("DAB Zwergenland", hinter den acht Bergen) auf den 1. Bundesmux und den DLF "zeigt" (Alarmbits). Das geht nur direkt an den Multiplexern, also in den jeweiligen Playout-Centern, dort wo die einzelnen Programme der Veranstalter in einem Mux zusammenlaufen und "vermuxt" werden. Dort wird es (mehrere) sichere Leitungen zum Lagezentrum (Innenministerium) geben. Und nur wenn von dort das "Okay" kommt, wird irgendein Rechner zur Tat schreiten. Alles VPN, alles verschlüsselt.
Das klingt doch schon deutlich vernünftiger. Ja, ich dachte das wäre wie bei der ARI-Taste…
 
Ich werde mich in diesem Jahr erstmals NICHT am Warntag beteiligen.
Ich lasse mich nicht auf diese plumpe Weise gängeln.

Nachdem bei uns die wöchentliche Sirenen-Probewarnung vom Mi. auf den Sa. verschoben wurde, und die Sirene aber teilw. nicht ausgelöst hat, habe ich mich dafür eingesetzt, dass sie nun Punkt 12 Uhr und 1 Minute wieder läuft.

Das Radio läuft sowieso. Dafür brauche ich keinen Impuls.

Ansonsten: PTY 31 ! -->https://www.radioforen.de/threads/pty-31-fuer-katastrophenalarme.26896/
 
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Warnmeldungen kommen auch über DAB+.

In den Radionachrichten morgen um 11 Uhr wird die Probewarnung bestimmt Thema sein. Die eigentliche initiale (Probe-)Warnung der Bevölkerung wird aber wohl überwiegend durch andere Komponenten des Warnmittelmixes erfolgen.

"Bei einigen Warnmitteln fällt auf, dass es eine gewisse Diskrepanz zwischen der empfundenen Sinnhaftigkeit eines Warnmittels im Vergleich zu der tatsächlichen Reichweite der Probewarnung gibt. Obwohl beispielsweise 60 % der Befragten die Warnung über das Radio als „sehr sinnvoll“ erachten, gaben nur 9,9 % der Befragten an über das Radio mit der Probewarnung erreicht worden zu sein.“
zitiert aus den Ergebnissen der Umfrage zum bundesweiten Warntag 2022.

Mein Kommentar:
Die Diskrepanz fällt aber nur deshalb auf, weil das BBK in der Umfrage nicht zwischen (im Idealfall aufweckender) Erstwarnung und nachfolgenden Informationen zur Warnung, (auch) über andere Kanäle, unterschieden hat.
 
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Hauptache die ziehen auf DAB+ die Nummer mit der (Zwangs-)Umschaltung aller DAB-Radios zum DLF während der Durchsage mal richtig durch. Es darf bei solchen Sachen keine Rücksicht auf die Privaten ("Das nimmt uns Hörer weg") genommen werden! Punkt.
Natürlich gab es wieder nur "Entwickler-Alarm" auf dem 5C. Warum? "teltarif" schreibt dazu:

Nach Informationen von teltarif.de wehrten sich vor allem Programmveranstalter und wohl auch die ARD dagegen. Hintergrund: Hörer würden temporär vom laufenden Programm zum Deutschlandfunk als Warnkanal gelenkt. Da es sich lediglich um einen Probe-Alarm handelte, war die Furcht vor Hörerverlusten wohl größer als die Erprobung dieses wichtigen Dienstes.
Die offiziellen Statements der Programmverantstalter zu diesem Thema würden mich wirklich mal interessieren. Und die ARD auch mit dabei. Nun gut, die ARD lebt ja auch nur von der gesendeten Werbung. Es wird wirklich langsam Zeit, ernsthaft über den Entzug von Sendelizenzen nachzudenken, falls die Programmveranstalter nicht spuren. Die Furcht davor ist sicher noch größer, als für ein, zwei Minuten Hörer an den DLF zu verlieren.

Beruhigend: Aktuell gibt es ohnehin nur wenige EWF-taugliche Empfänger im Handel.
Woher weiß teltarif das? Wurden alle seit 2011 in Deutschland verkauften DAB+ fähigen Modelle im "teltarif-Labor" mittels entsprechenden Test-Mux und "Hack-RF" auf diese Funktion getestet? Wohl kaum, geht gar nicht. Niemand weiß also, ob die im Umlauf befindlichen DAB+ Radios auf einen scharfen Alarm reagieren! Wäre schön, wenn ja. Es wäre aber auch gut zu wissen, wenn nicht.

 
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Woher weiß teltarif das? Wurden alle seit 2011 in Deutschland verkauften DAB+ fähigen Modelle im "teltarif-Labor" mittels entsprechenden Test-Mux und "Hack-RF" auf diese Funktion getestet?
Früher hat man für solche Aussagen die Herstellerangaben im technischen Datenblatt herangezogen Und da gibt es halt nur wenig Geräte bei denen "hat EWF" steht.

Außerdem ist ein geringes Angebot recht plausibel, da EWF noch nicht Bestandteil der DAB+ Spezifikationen ist. Es gibt einen Vorschlag:
nach dem die Hersteller frühestens ab 2025 die Spezifikationen hätten und dann anfangen könnten normgerechte EWF-Radios zu konstruieren.

Auf Seite 16 des PDF gibt es eine Darstellung der Gerätesituation für "Alarm Announcement" über DAB+. Alarm Announcement ist nicht EWF, aber ein aktueller Standard für Warnungen über DAB+.
 
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So wie "Cell Broadcast" schon ewig im GSM-Standard verankert und in vielen Ländern seit etlichen Jahren erfolgreich im Einsatz ist (außer in DE, da wir ja die Kings sind, es aber nicht schafften im Ahrtal zu warnen), so ist auch "Alarm Announcement" im DAB-Standard drin. Und daher rede ich nicht vom geplanten EWS, was aktuell selbstverständlich nur geringe Verbreitung haben kann, sondern von der vorhandenen Möglichkeit der Warnung über DAB+, die (eigentlich) in den "Bestandsgeräten" verfügbar sein sollte. Und aus diesem Grund muß der "altmodische" scharfe Alarm mal ausprobiert werden. Wir haben für DAB noch nichts besseres. Das könnte man auch um 20 Uhr ausprobieren, damit die ARD oder die Privaten nicht wegen der massenhaften Hörerabwanderung zum DLF "verhungern".
 
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Die EWF Sache hat einen Haken. Was macht man mit Geräten, die noch einen klassischen "Analog-Schalter" zum an/ausschalten haben? Die werden nämlich stromlos, wenn man sie abschaltet, da der Switch direkt zwischen Batteriefach/Netzteil und Motherboard sitzt. Die könnten im Ernstfall also auch nicht automatisch anspringen, denn der Effekt ist der gleiche, wie wenn man die Batterien entnehmen würde/das Netzteil ausstrecken würde. Auf der anderen Seite gibt's dadurch den Vorteil, dass das Gerät so nicht unnötig Strom durch Standby zieht. Solche Geräte gibt's öfters als man denkt.
 
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Ist doch logisch, daß man komplett ausgeschaltete Radios nicht wecken kann. Ebensowenig, wie man Handys nicht mit CB, KATWARN etc. erreicht, wenn der Akku gerade alle ist oder man keine Sirenen hört, wenn man sich Bohnen in die Ohr'n gesteckt hat. Etwas Schwund gibts immer. Das ist hier aber nicht das Thema.
 
Da ist, glaube ich, schneller das Smartphone zur Hand, als dass man das Radio auf MW umstellt.
Bei Stromausfall oder zusammenbrechenden Handynetzen wird es zum Problem. Früher konnte man nachts bei Sturm (Baum auf der Oberlandleitung) noch wenigstens das Telefon in die mittlere Buchse stecken und den Notarzt oder die Feuerwehr anrufen. Dank VOIP unmöglich. Fällt der Strom aus, dann auch kein Anruf mehr möglich. Weil alles am Ruter hängt. Und wieviele Handymasten haben Notstromagregate verbaut? Der Mittelwellenseder mit Dieselgenerator kann da schon einige Stunden durchsenden. Dank immer modernerer Technik werden wir immer rückschrittlicher und können uns im Notfall nicht einmal verständigen.
 
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Mit einem Mittelwellen Sender kannst Du aber auch nicht telefonieren.
Früher hatte man CB Funk und mit einer sogenannten "Handquetsche" konnte man zumindest auf kurzer Distanz (2 bis 5 km) sich noch bemerkbar machen.
Gibt es aber ja auch so gut wie gar nicht mehr.
Da müsste man heute dann schon auf die neueren digitalen "Handquetschen" ausweichen.
Nur dank Handy oder Smartphone werden die wenigsten ein solches Gerät besitzen.

Wenn es hart auf hart kommt ist man eh auf sich allein gestellt da auch die Einsatzkräfte sämtlicher Notdienste bei einem Großereignis hoffnungslos überfordert sind und auch deren digitale Kommunikation zusammengebrochen sein wird.

Vielleicht hat man ja noch eine intakte Nachbarschaft welche auf irgendeine Art und Weise ein klein wenig helfen kann.
 
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