AW: Ist der Deutschlandfunk noch zeitgemäß?
Der DLF ist wunderbar. Wenn ich zu Hause bin, läuft nur dieses Programm. Rund um die Uhr. Etwas "nervig" kann es tatsächlich gegen 20 Uhr werden, wenn das Klassik-und Ariengeschrei einsetzt, aber das entschuldige ich damit, dass ich einfach nicht diese Zielgruppe bediene. Und oft genug läuft um diese Uhrzeit auch ganz tolle Musik.
Ansonsten: Das beste Radioprogramm, das es gibt. Ganz ehrlich. Nirgendwo sonst fühle ich mich als Hörer so ernstgenommen, nirgendwo sonst ist Zuhören so entspannend. Und ja, gerade die gelegentlich vorkommenden, 5-sekündigen Sende- und Sprechpausen machen den Reiz dieses Programms aus.
Vorteil Nummer 2 ist, im Gegensatz zu den anderen Infowellen, dass sich der DLF eben nicht wiederholt. Die Infowellen sind alle nett zu hören, nach spätestens zwei Stunden kennt man die (formatgerechten Beiträge) allerdings auswendig und in andere Bundesländer als die eigenen schielt man dort auch eher selten.
WDR 5 ist ein klasse Programm und recht einmalig in der deutschen Radiolandschaft (ich liebe die Kabarett-Sendung!), wie eben der DLF. Ich würde höchstens eine bundesweite UKW-Verbreitung von WDR5 begrüßen. Eine Abschaltung einer der beiden Wellen, nur weil Tom2000 sie zufällig beide empfangen kann, ist ebenso unreflektiert wie dessen ständige Propagierung, die besten Radiosender funkten in den USA, in Deutschland gäbe es einen großen Markt für Country- und Truckstop-Musik oder der DLF sei ein Sabbel-Sprachrohr für Politiker (Sorry für den Äpfel- und Birnen-Vergleich).
Sieh es doch mal so, werter Tom: Überalll sonst werden uns 20, 30-sekündige, zugespitzte Politiker-O-Ton-Häppchen serviert. Politik wird in den Massenmedien auf Schlagwörter und Pauschalaussagen reduziert (statt Diskussionen und Debatten herrscht etwa stets "Streit" im Parlament, wenn es um Meinungsverschiedenheiten geht). Im DLF haben diese Damen und Herren die Gelegenheit, sich ausführlich selbst zu disqualifizieren oder eine Sache mal näher zu beleuchten. Politikverdossenheit kommt eben auch daher, weil niemand mehr Politiker ernst nimmt - kaum jemand ihnen aber auch den Raum gibt, mal mehr als Phrasen dreschen zu dürfen. Ausgerechnet dieses Interview am Morgen in der 7Uhr-Stunde (ich denke, das meinst Du, oder?) stellst Du Qualitätsverfechter aber in Frage.
Abschließed sei gesagt: Das Hören des DLF, gleich zu welcher Uhrzeit, hat mir schon oft Anregungen für die Sendungsplanung gebracht. So etepetete-elitär ist diese Welle nicht, sie behandelt Themen nur ausführlich, kompetent - und häufig auch zuerst. "Runterbrechen" auf Zielgruppe, Sendegebiet und Sendergerehte 1:30 oder 2 Minuten kann man dann immer noch - als Vorlage für die Sendungsplanung möchte ich den DLF ebensowenig missen wie als Begleiter durch einen entspannten Tag. Ich gehe sogar soweit zu sagen, dass mich der DLF mehr bildet, als das Lesen so mancher Tageszeitungen.
Entschuldigung, dass es so lang geworden ist.
Änderungsgrund: Rechtschreib-, Ausdruckfehler und Pauschalverunglimpfung.