AW: Mut zum trockenen Wort
Es ist schon merkwürdig und ich neige dazu, den (meinigen) Wandel der Ansichten und die Bedürfnisse bezüglich Radio dem fortschreitenden Alter zuzuschreiben. Offensichtlich verstießelt man eben doch schleichend - ob man das nun wahrhaben will oder nicht.
Natürlich gibt es Dudelfunk seit ewiger Zeit und als eher Jugendlicher nimmt man die krampfhafte Power, die einem geboten wird, problemlos auf. Im Gegenzug - auch das muss ich zugeben - fand ich als Jungspund zum Beispiel die 10-Minuten-Nachrichten eines DLF zum Sterben langweilig und uninteressant.
Nachdem ich nun lernen musste, was das eigentlich für eine Arbeit ist, empfinde beim Hören von Programmen mit solchen hyperprofessionellen Fahr-Stilen nur noch Abneigung, weil sie - wie oben schon erwähnt - dem Ohr und dem Kopf des Hörers keine einzige Sekunde Pause gönnen und somit reine Stressfaktoren sind. Dazu kommt der verpresse, platte, strukturlose Sound, der unabhängig von Programminhalten und Fahr-Stilen schon allein krank macht.
Trockenes Wort ist einfach ein MUSS und gerade Popwellen sollten sich gar nicht scheuen, davon viel mehr einzusetzen. Die Sender, die das am meisten tun, liegen leider auf der anderen Seite des Extrems: Die Infoprogramme. Aber wer will schon nur Hiobsbotschaften aus aller Welt im besten Mix mit Beiträgen über drei Steinchen, die den Tschomolungma hinabgerollt sind und einer Meldung über genmanipulierte Schafe, die statt Wolle jetzt Naturseide geben?
Keiner!
Wie sähe er denn aus, der beste Mix aus 40 Jahren Popgeschichte und interessanten, aber keinesfalls dramatischen Anektoden, die sich aus aller Welt über Länder und Leute erzählen lassen, ohne dass man die Hörer stresst? Ohne Betten? Machbar! Mit einem Soundprocessing, das den vielen Tausend Euro, die es kostete, auch gerecht wird sowie Moderatorinnen und Moderatoren, die etwas zu sagen haben und denen man einfach zuhört, weil man ihnen zuhören kann. Ich sehe da keine Konflikte.