Seit wann bestimmen denn die Radiomacher, was im Privatfunk läuft?
Das tun diejenigen, die das Ganze finanzieren, und für die zählt nur die Quote. Zu deren Realisierung gibt es nach Ansicht der Geldgeber bekannte Rezepte. Dabei geht es bekanntlich nicht darum, was dem Hörer am besten gefällt, sondern was ihn am wenigsten irritiert.
Du würdest also sagen: Ziel des privaten Rundfunks ist es, Unternehmen eine ideale Plattform zur Vermarktung ihrer Produkte zu liefern.
Und da Werbung ihre Wirkung am besten im Unterbewussten entfaltet, muss das Programm so gestaltet werden, dass es über einen möglichst langen Zeitraum konsumiert wird, ohne dass die Hörer aktiv zuhören.
Ferner sollten als Hauptzielgruppen wenig gebildete Schichten angesprochen werden, denn je höher das Bildungsniveau, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass Werbebotschaften die erhoffte Wirkung erzeugen können (dass Werbung ausschließlich dazu dient, Bedürfnisse zu wecken, sollte jedem klar sein: Das, was ich zum Leben benötige, kaufe ich mir auch so).
Das optimale Programm wäre demnach der klassische Dudelfunk, so wie wir ihn heute von 1LIVE, WDR 2, Radio NRW, ffn, RPR1 & Co. kennnen.
Der erste, der diesen eingeführt hatte, war übrigens paradoxerweise ausgerechnet der WDR mit seinem 1984 gestarteten 4. Programm.
Wäre ich ein Hardcore-Kapitalist, würde ich die obige Position befürworten.
Nun bin ich das aber nicht, weil für mich Rundfunk mehr bedeutet, als ein Mittel zum Geldverdienen.
Dass ein Privatsender auch mit einer geringen Quote überleben kann, beweist ausgerechnet das von mir bereits angeführte Radio 2DAY.
Böse Zungen behaupten ja, Bertelshofer habe seine Lizenz deshalb noch nicht verloren, weil er Gong, Charivari und Arabella nicht gefährlich wird und sich mit einer Quote von weniger als 5% begnügt.
Wie dem auch sei: Auch mit einer derart geringen Hörerzahl kann, wie wir sehen, ein privates Hörfunkprogramm in einem Ballungsraum überleben.
Oder blicken wir in die Niederlande: Dort wurden die landesweiten Ketten formatgebunden ausgeschrieben.
So etwas wäre ebenfalls denkbar.
Wenn sich niemand findet, der bereit ist, ein bestimmtes Format zu produzieren, weil ihm die Gewinnaussichten zu gering erscheinen, bleibt die Kette eben ungenutzt, aber sie wird auf keinen Fall zugunsten eines 0815-Kommerzprogramms geopfert.
Internetradiofan schlägt ja die Zulassung von Stadtteilsendern vor, was immerhin zu etwas exotischeren Formaten führen könnte. Leider stellt sich da schon wieder die Frage der Finanzierbarkeit. (=Yes, but...
)
Der Betrieb eines 5 bis 10 Watt Senders kostet nicht die Welt, so wie es nicht teuer ist, ein Webradio zu betreiben.
Der Verweis auf die Finanzierungsfrage lässt sich übrigens leicht Totschlagargument entlarven.
Es wäre nichtsdestotrotz ein interessantes Experiment (zumindest bis alle diese Kleinsender von Konzernen aufgekauft und gleichgeschaltet sind).
Genau das muss durch entsprechende rechtliche Regelungen verhindert werden.
Also nicht so wie bspw. in Italien, wo viele Kleinsender von den großen Networks einfach aufgekauft wurden.
Eher so wie in Japan, wo es recht viele sublokale Sender, aber nur wenige Kommerzprogramme gibt.
In Neuseeland wurden sogar eine gewisse Anzahl an UKW-Frequenzen nur für diesen Zweck reserviert, siehe in diesem Zusammenhang:
http://www.rsm.govt.nz/cms/licensee...neral-user-licences/low-power-fm-broadcasting
Beim sublokalen Rundfunk sind die Gewinnaussichten derart klein, dass damit ohnehin nicht viel Geld verdient werden kann (was ja beim Webradio auch nicht der Fall ist).
Auch dadurch könnte eine gewisse Vielfalt im UKW-Band entstehen.
Was z.B. 674FM anbelangt: Die Finanzierung über Mitgliedsbeiträge kann weiterhin erhalten bleiben; bei einer UKW-Ausstrahlung besteht aber zudem die Möglichkeit, durch Werbung für Kleinbetriebe (Cafés, Gaststätten, Bäckereien, Zeitungs- und Lebensmittelgeschäfte ...) und Events vor Ort Einnahmen zu generieren.
Die Moderation erfolgt weitgehend durch zuvor geschulte ehrenamtliche Kräfte.
Die Radiowüste in NRW bietet ja auch etwas Positives, nämlich die Chance, es anders zu machen, als in anderen Bundesländern, oder anders ausgedrückt: Bei der Einführung weiterer Programme, die ich für dringend notwendig erachte, sollte aus den Fehlern in anderen Regionen gelernt werden.
Dazu bedarf es Kreativität, Klugheit und Augenmaß.
Werbefinanzierung ja; - und jetzt kommt wieder das typische deutsche "aber": Bitte keine Gelddruckmaschinen, bei denen es um nichts anderes als um Gewinnmaximierung geht.
Wie brauchen Rahmenbedingungen, die dafür sorgen, dass nicht die Werbekunden, sondern die Hörer in den Fokus der Programmgestaltung gerückt werden.