Seit Jahren hörte ich wieder mal in die Frühschiene rein. Der Wecker ist verglichen mit anderen Sendern sehr wortintensiv, auch die Comedy ist einigermaßen niveauvoll (von der Call-Boy-Masche mal abgesehen) und der Rundum-Service genießt alle Vorzüge des öffentlich-rechtlichen Systems. Rechnet man die nicht zu knappe Werbung mit scheint der Wort- längst den Musikanteil zu überwiegen - ist das ein Trend hin zu mehr Substanz und weg vom "Trash-Pop-Image"? Je mehr Smartphone & Co. als Radioersatz fungieren, umso wichtiger ist ein leicht verdauliches, boulevardeskes Morgenbulletin, die Musik organisiert sich dann ohnehin jeder selber.
Auch die von der Industrie gelieferten senderspezifischen Intros und Hit-Adaptionen klingen famos, an solchen Beispielen kann man ermessen was der Musikindustrie die Reichweite von Ö3 wert ist. Die Konkurrenz kann man ja wirklich in der Pfeife rauchen, die hat inhaltlich absolut nichts zu bieten und trottet musikalisch nur noch müde hinter dem Marktführer her.
Die Ö3-Musikrotation ist nach wie vor ein Graus, infantiler Teen-Pop unf Hip-Hop gehen Hand in Hand mit modernem AC-Pop , genrespezifischem, Top-40-und AC-fremdem Mainstream-Rock (Nickelback...) sowie typischem AC-Retro-Pop (80er & Co.), mit letztem meint man wohl die Älteren noch ein schwaches halbes Stündchen bei der Stange halten zu können (was ich bezweifle). Zumindest auf UKW braucht der Sender keine Konkurrenz zu fürchten und die Internetnutzung blendet der Radiotest immer noch aus, selbst um den Preis des weitgehenden Vertrauensverlustes bei den Werbetreibenden, die nur ungern die Katz im Sack kaufen. Aber darüber muss sich Ö3 mit seiner Megareichweite ja keine Sorgen machen.
Um so existenzieller ist die Krise der schwindsüchtigen Privatsender, die als Zeitungsabkömmlinge demselben Werbedogma gehorchen müssen wie die deutschen Kommerzfunker, ihr unmittelbarer Widerpart Ö3 und die Mehrzahl der ARD-Radiowellen. Das Agenturgeschäft funktioniert in Österreich genauso wie jenseits des Inn und verhindert konsequent die Entstehung echter Alternativangebote. Aber auch das kann Ö3 nur recht sein.