Das i-Tüpfelchen wäre nun noch, wenn sich morgen jemand hinbemühen und berichten würde. Der Vortrag von Norbert Seuß könnte interessant werden ...
Sollte ja zumindest ein Protokoll bzw. ein Kurzbericht noch online gehen, sofern vorher noch keine Informationen bekannt werden.
Insgesamt vermischen sich hier ja einige Themen miteinander. Ich nehme nun mal zunächst Bezug auf die Energy-Thematik, um die es ja eigentlich hier im Topic ging, auch wenn ich die anderen Themen teilweise auch sehr kritisch sehe.
Dass Energy früher oder später versuchen würde die Vorgaben zu lockern, ist aus meiner Sicht nachvollziehbar. Nichts anderes wurde hier jemals erwartet. Dass es nach den Problemen in der Vergangenheit - die sicherlich auch an der Ausgestaltung des Programms an anderer Stelle liegen mögen - nun noch schneller in den Fokus rückt, ist auch logisch (wäre der Start ein absoluter Erfolg gewesen, müsste man sich vermutlich weniger intensiv dahinter klemmen). Grundsätzlich scheinen mir aus den verschiedenen Stellungnahmen aber einige schwerwiegende Kritikpunkte an dem derzeitigen HPRG herauslesbar zu sein.
Zum einen (1) macht das "Hörfunk-Spatenprogramm mit dem Schwerpunkt Wirtschaftsberichterstattung" in der jetzigen Form keinen Sinn. Dass die Platzhirschen FFH und Hessischer Rundfunk hier eine andere Auffassung haben, ist völlig logisch, sind sie es doch im Wesentlichen, die den Werbemarkt (und somit die wesentliche Einnahmequelle zur Refinanzierung eines auf Werbung angewiesenen Privatsenders) unter sich aufteilen, das geht ja auch eindeutig aus dem Brief von Radio BOB hervor. Für interessant halte ich diese Meinung auch deswegen, weil es gerade nicht die FFH-Gruppe ist, die unter diesen Bedingungen arbeiten muss (nur am Rande: Schaut man über den Tellerrand des Landes Hessens hinweg, ergibt die Behauptung, das "Hessische Modell" mache bundesweit Schule, nur eingeschränkt Sinn: In den meisten Ländern sind die großen, landesweiten Sender an anderen Stationen lediglich beteiligt und betreiben in der Regel nicht ein solch umfangreiches Angebot wie es der FFH Gruppe in Hessen ermöglicht wird). Die FFH betreibt drei zielgruppenorientierte Sender, der Hessische Rundfunk neben der Info-Welle ebenfalls (mal alle Kritik an den Programmformaten außer Acht gelassen). Die Regelung für das Wirtschaftsradio wirkt also auf jeden Fall stark regulierend für einen Privatsender (das hat sich, und das geht vollkommen richtig aus dem Schreiben von Energy hervor, in der Vergangenheit auch immer wieder als Nachteil erwiesen). Aus meiner Sicht ergibt auch die Forderung der NRJ Group hier nur wenig Sinn. Wollte man dem Ziel gerecht werden eine breitere Wirtschaftsberichterstattung in Hessen und somit auch im Rhein-Main-Raum anzubieten, sollte man sich vielmehr Gedanken darüber machen, ob es nicht sinnvoll wäre, dies als grundlegendes Kriterium für alle Sender einzuführen. Nur um hier nicht falsch verstanden zu werden: Ich halte Wirtschaftsberichterstattung durchaus für wichtig, halte es aber zugleich auch für ein sehr schwieriges Thema, mit dem man nicht massenweise Hörer fangen kann. Die Intention hinter der Gesetzespassage ist es aus meiner Sicht die Wirtschaftsberichterstattung zu fördern. Dieser Intention käme man mit einer breiteren Verpflichtung deutlich besser nach als einen einzelnen Sender dafür auszuwählen, der sich - egal ob als Jugendwelle, Seniorenradio oder in sonst irgendeiner Form - stets den Werbekuchen mit anderen kommerziellen Anbietern teilen muss.
Der zweite (2) deutliche Kritikpunkt ist meines Erachtens auch genau darin abzulesen, einige kleine Sender kämpfen gegen die großen an, sind frequenztechnisch wesentlich schlechter gestellt und können nicht auf regionalisierte Werbung zurückgreifen (das geht ja insbesondere aus dem Schreiben von Radio BOB hervor). Der Werbekuchen bleibt auch so insbesondere in der Hand der großen Anbieter, die landesweit ausstrahlen können. Somit werden die ohnehin schon geringeren Einnahmen der kleineren Sender zusätzlich beschnitten, im Übrigen ergibt das auch aus Sicht von kleinen Unternehmen wenig Sinn. Das große Autohaus aus Frankfurt kann landesweit bzw. im Rhein-Main-Gebiet werben, jedem kleineren Konkurenten bleibt es jedoch verwehrt. In Niedersachsen erweist es sich als durchaus möglich und meiner Meinung auch nicht in strukturschwachen Regionen als Problem regionalisiert zu werben. Auf Grund seiner enorm großen und dezentralen Fläche macht das natürlich in Niedersachsen noch einmal einen ganz anderen Sinn, allerdings halte ich es für durchaus sinnvoll, wenn auch kleinere Händler die Möglichkeit erhalten regional zu werben. Schlussendlich bedeutet das auch für den Rundfunkmarkt eine Steigerung von möglicher Werbeeinnahmen (der Gesamtkuchen wächst). Was mich im Übrigen erstaunt ist, dass trotz der vielen Werbemaßnahmen von Radio BOB (ich gehörte ja selbst in der Vergangenheit der Fraktion derjenigen an, die Energy Rhein-Main dafür kritisierte, dass man nicht genug Werbung machen würde; meines Erachtens sind die bei Radio BOB doch deutlich umfangreicher) an den Gesamtwerbeeinnahmen auf dem hessischen Markt nur einen Bruchteil erhält. Letztlich unterstreicht genau das auch noch einmal die Forderung von Radio BOB völlig zurecht, dass man lokale Werbung zulassen sollte.
Den Anteil der Wirtschaftsberichterstattung mag ich bei Energy ehrlich gesagt nicht prozentual beurteilen (sitze leider nicht den ganzen Tag am Computer und messe mit einer Stoppuhr haargenau, wie groß der Anteil ist). Ob die LPR da prozentual richtig oder falsch liegt, sei also mal dahingestellt. Auf jeden Fall scheint mir nachwievor als Laie ein wesentlicher Programmschwerpunkt auf der Wirtschaftsberichterstattung zu liegen (auch betrachtet vor der Ausrichtung des Senders insgesamt, würde man Vergleiche zur youFM oder planet radio ziehen, dürften letztere deutlich schlechter abschneiden). Dass hinter dem HR völlig andere Möglichkeiten stecken, dürfte logisch sein. Die Meinung des HR ist somit vielleicht zu teilen, sollte aber auch vor dem Hintergrund dieser Strukturen und gewissen Eigeninteressen (der HR lebt ja zum Teil selbst vom Werbemarkt) nicht als absolut richtig aufgefasst werden. Mir erscheint es so, und das ging ja schon aus einigen vorherigen Kommentaren hervor, dass HR und FFH hier immer noch die Konkurenz ausschalten wollen. Letztlich führt das, und das müssen entsprechende Politiker beurteilen, dazu, dass der Sender für jegliche Anbieter völlig uninteressant wird. Die bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, dass ein stark wirtschaftlich-journalistisches Radio keine Überlebenschance hat, die Einbettung in andere Sendeschemata ergibt daher absolut Sinn (aus meiner Sicht ist es sogar eine subtile Art, mit der man bei Jugendlichen das Interesse für Wirtschaftsthemen insgesamt wecken kann; ich war ja von Anfang an Befürworter einer solchen Auflage, bin allerdings nun auch zu dem Schluss gekommen, dass eine Lösung wie oben von mir vorgeschlagen dahingehend wesentlich mehr Sinn ergeben würde). Würden weitere Auflagen erteilt und die NRJ Group sich tatsächlich zurückziehen, hätte das wohl eher einen abschreckenden Effekt auf diese Frequenzen (nach zahlreichen kleinen Anbietern scheitert selbst eine bundesweite bzw. internationale Gruppe unter den Auflagen). Langfristig hätte es dann ohnehin zur Folge, wollte man einen weiteren unabhängigen Sender im Rhein-Main-Gebiet halten, dass man die Auflagen lockern müsste.