Eine wesentliche Erkenntnis aus 35 Jahren Privatradio in Deutschland lautet: Immer dann, wenn ein privates Programmkonzept (z.B. Lokalsender, z.B. Schlagersender, z.B. Jugendsender) zu erfolgreich zu werden droht, entdecken die Öffentlich-rechtlichen, dass dies doch eigentlich ihr Grundversorgungsauftrag sei, installieren flugs eine neue Welle oder widmen eine erfolglose bisherige Welle um und schießen mit Mann und Maus solange, bis die private Konkurrenz erledigt ist
Die Analyse ist nicht grundsätzlich falsch, aber im Falle von Schlager unzutreffend, da die öffentlich-rechtlichen dieses Format ja größtenteils von ihren Wellen verbannt haben - insbesondere dann, wenn man den Blick auf die UKW-Landschaft eingrenzt. Bei allen drei Anstalten gab es in den letzten Jahren ja erhebliche Proteste deswegen seitens der Hörerschaft, auf die man nun in dieser Weise eingeht. Mit dem Schlagerparadies hat dies, meiner Einschätzung nach, nur am Rande zu tun. Beim BR war es ja im übrigen genauso.
Zum Beispiel das einstige Radio Freiburg durch den SWR - Radio Breisgau. Die Geschichte kann ich dir gerne mal im Detail erzählen, wie die Feldbergfrequenz 106,6, nachdem sie zu erfolgreich wurde, plötzlich als zwingend für die Grundversorgung des SWR entdeckt wurde. Ähnliche Geschichten gibt es aus Karlsruhe, aus Ulm, aus Konstanz.
Die Frage von
@Dr. Fu Man Chu richtete sich nach dem Format, nicht nach den Frequenzen. Dass die 104,0 in den Anfangsjahren privat beschallt wurde, lag schlicht daran, dass sich der SWF in den 80ern nicht um eine vierte Kette bemühte.
Da fällt mir auch was ein. Der Klassiker unter den öffentlich-rechtlichen Kampfformatierungen: N-Joy Radio. Immer wieder gern hervorgeholt und von der Gegenseite genauso gern bestritten.
Ich kenne N-Joy kaum, aber bei der Kritik komme ich nicht mehr mit. Abwechselnd wird N-Joy hier im Forum vorgeworfen, kein Jugendradio, sondern ein NDR-2-Klon zu sein und damit überflüssig, oder es wird vorgeworfen, ein Jugendradio zu sein und damit privaten Jugendradios die Wirtschaftsgrundlage zu entziehen. Ja was denn nun?
Ich würde noch weiter gehen als Tweety, der im Grunde völlig Recht hat. Schafft eine Grenze für die Anzahl von Programmen öffentlich-rechtlicher Veranstalter. Zur Not auch gesetzlich. Warum?
Die gibt es schon längst. Die Öffentlich-rechtlichen halt halt gelernt, sie kreativ zu interpretieren.
Ich kenn' da einen, der als Chef verzweifelt versucht, den Weg aus dem Schlager-Dilemma zu finden. Blöd, wenn ein anderes Programm aus dem eigenen Haus schon Oldies nudelt. Klar ist aber die Ansage vom Chef: "Schlager wollen wir nicht mehr."
Es ist aber auch blöd, dass außer Schlager, Oldies, AC und CHR keine weiteren Radioformate auf der Welt existieren, geschweige denn die Möglichkeit, sich von der kommerziellen Formatorthodoxie zu lösen.
Schliesslich geht es bei Werbefinanzierung um die breite Masse, die zuhören soll, möglichst auch die Werbeblöcke.
Nein. Es gibt nicht nur Werbung für die Masse, sondern auch die für die Zielgruppe. Und die wäre bei den Anspruchsprogrammen gar nicht mal so unattraktiv. Die Radiowerbewirtschaft ist aber völlig auf den längst unrealistisch gewordenen Mammon MA-Zahlen-über-alles eingefahren.