AW: Was macht hr1 falsch?
Lieber Armstrong, ich würde Dir ja auch gerne - Zitat Tondose - "uneingeschränkt recht" geben. Und ich sehe natürlich auch das klassische Dilemma: Aufbegehren und nicht weiter beschäftigt werden oder sich fügen und weiterhin regelmäßig im Dienstplan auftauchen. Aber das will mir trotzdem net in de Kopp' enoi:
Vermutlich hat aber doch der Meister den Gesellen angewiesen, die Brötchen anders zu backen, oder?
Und alle Gesellen haben gesagt: „Ja, Meister, Deine Brötchen, so wie Du sie jetzt verkaufen möchtest, enthalten viel mehr Backtreibmittel und glänzen verführerisch und sind knusprig. Zwar haben die Brötchen früher viel besser geschmeckt und sie waren schwerer und reichhaltiger im Inhalt, aber heute blöffen sie die Kunden, sind riesig aufgeplustert, wiegen aber viel weniger und sind unaufwendiger zu produzieren. Au ja, Meister. Wir backen alle mit.“ Das kann ich nicht glauben, Armstrong.
Es muss doch - oder korrigiere mich - bei der Entwicklung eines neuen Programms oder auch nur bei einem Relaunch eine konstruktive Diskussion mit allen Mods/Reds geben, in der es um (Programm-)Werte und möglichst inhaltsverlustfreie Veränderung geht. Und am Ende steht ein Produkt, das alle mittragen können. Mit dem "Friss-Vogel-oder-stirb-Prinzip", also dem Verordnen von oben kann man doch kreative Radioleute auf Dauer nicht führen. Frustration, Fluktuation sind die Folge. Und man hört's natürlich am Produkt, spätestens wenn die Freundlichkeit, der "Smiley" am Mikrofon gekünstelt klingt und die Moderation einen falschen Zungenschlag bekommt.
Welcher der Hörer, denen das unangenehm auffällt, würde die Schuld daran beim Wellenchef suchen? Oder, etwas salopper formuliert: Wenn die Suppe versalzen ist, sage ich es auch zunächst dem Oberkellner, vor allem, wenn Koch und Restaurantbesitzer sich in der Küche verbarrikadiert haben...
Auch in einem weiteren Punkt, lieber Armstrong, bin ich nicht Deiner Meinung:
Die umgefallene Milchkanne in Hüttengesäß gab es in UIH natürlich, danach kam dann aber ein fundierter zeitgeschichtlicher Hintergrundbericht z.B. über Fritz Bauer und die Frankfurter Prozesse.
Heute höre ich -ja, ich überspitze- im Tagesprogramm fast nur noch von umgefallenen Milchkannen und Profiteams, die mir zwei Stunden lang sagen, wie ich die Milch wieder in die Kanne kriege - und ich freue mich, dass mir schon um halb sieben fünf Kollegen aus den unterschiedlichsten Redaktionen aus dem Radio entgegengrinsen und mir Dinge mitteilen, die mir einer allein viel prägnanter auch hätte erzählen könnte.
Ein Anliegen ist es mir, noch zu sagen, wie wichtig ich es finde, dass die großen "Moderations-Leuchttürme" von hr1 (wie z.B. Dagmar Fulle) weiter ihre geschätzte Individualität beibehalten. Das erhoffe ich mir von meinen Star-Stimmen. Und das sind sie auch zu leisten imstande. Was die epd-Tante dazu schreibt, ist IMHO nicht gerechtfertig!