AW: JUMP – Wie lange wird noch gehüpft?
#du/Sie:
Das ist nun wirklich Geschmackssache. Darüber kann man sich künstlich aufregen, muss es aber nicht. Mich persönlich stört ein "Sie" vom Sender mehr als ein fröhliches "du".
Das "Du" hat mich immer gestört, egal auf welchem Programm. Das klingt so nach Mutti, die hinter einem steht und ins Gewissen redet.
Ich fand bei jungen Programmen immer das Plural-"ihr" am angenehmsten. Das "Sie" wirkt mir heute, als 37-jährigem, immer noch zu steif und distanziert, außer auf wirklich altersübergreifend ansprechenden seriösen Programmen. Ich lass mich auch auf Arbeit von allen soweit wie möglich duzen, lege keinen Wert auf akademischen Grad und sonstwas. Es wirkt so distanzierend.
#Sputnik:
Hör auf deine Stimme. Das war doch mal gutes Radio. Warum hat man das wieder geändert in dieses unnötige "Einfach die beste Musik und null Werbung". Gähn. Und dann das noch viel schlimmere "Zurück in die Formatierung". Schade.
Warum man das gemacht hat? Damit die Quote steigt. Platter Formatfunk mit Dauerbeweihräucherung und Gratisdownloads und MoShow-Backselling für ein plattes Land. Und:
es zieht. Soviel zum Thema "das sind Menschen mit gewissem geistigen rest-Anspruch in diesem Land wert". Und dann wundern sie sich wieder über das Auswandern der fähigsten in den Westen und tun alle hilflos.
Leider - das ist mein ganz privates Empfinden - hat Eric Markuse durch seinen Weggang zur BILD die gute Sputnik-Zeit im Nachhinein auch noch entwertet. Es geht bei mir einfach nicht zusammen: wer das eine macht, kann das andere nicht gutheißen und umgekehrt. Also, welches war nun die Show?
#Jump:
Der wohl belangloseste Öffi. Rangiert noch vor NDR2, da noch weniger Infohäppchen. Und das ist sicherlich nicht einfach. Jump ist tot. Jump muss weg.
Belanglos, aber dafür durchaus noch oft gehört. Daß solche Trivialprogramme viele Hörer haben, ist das eigentlich erschreckende für mich. Viele machen sich da auch gar keine Rübe drum, sie hören es einfach - und es prägt sie. Eine junge Frau bei uns auf Arbeit, Facharbeiterin (so hätte man das wohl früher genannt), nicht unsympathisch, inzwischen mit kleineren Leitungsaufgaben betraut, hört auch Jump. Ihr Kulturverständnis reicht laut den verlinkten meinVZ-Edelgruppen von Christina Stürmer über Lena Meyer-Landrut bis zu den Söhnen Mannheims.
#mdr life
Überhöht mir nicht diesen Sender. "Die Nacht geht, der Tag kommt, mdr life, life, life, life". Das war schon teilweise sehr altbacken, was dort abgeliefert wurde. Ich erinnere mich immer noch mit grausen an den Verkehrfunk von denen, wo mittendrin immer gehupt wurde. Das geht mal gar nicht, ich habe mich immer erschrocken. Und die Musik, ich würde sagen irgendwas zwischen banal und austauschbar.
Aber schön breit: bis hin zu Roland Kaiser.
Die Anmutung war für mich das Schlimme: diese unfassbare Dumpfheit, dieses grauenvolle Ossitum ("Hier ist Emmm-Deee-Errr Life, ein starkes Stück von Ost!"), diese Verpenntheit, diese affektierte Sprache, die Abwesenheit von Inhalt, der fehlende Zeit-, und Gesellschaftsbezug, der verzerrte Sound, eine einzige Aneinanderreihung von unfassbaren Plattheiten und Peinlichkeiten.
Eigentlich hat sich beim Übergang zu Jump FM nur eins verändert: es ist jünger, schneller und aggressiver geworden - alles andere blieb.
#Neustart:
100% Ja! Aber bitte nach life und Jump(FM) nicht noch einen dritten englischen Namen für Mitteldeutschland. Die deutsche Sprache hat so schöne Wörter, da muss man doch nicht die unsinnigsten aus Amerika improtieren.
Halte ich für schlicht unmöglich. Dazu müßten Intendanz, Hörfunkdirektion, Rundfunkrat und vermutlich die meisten Mitarbeiter ausgetauscht werden. Und dann müßte man für alle diese Bereiche Menschen finden, die wissen, wie sich gutes Radio anfühlt und daß es etwas anderes ist als die Aneinanderreihung von Formatvorschriften. Außer Stefan Maelck, den man von Figaro holen müßte, und einigen Sputnikern fällt mir auf die Schnelle niemand ein, der in der Lage wäre, da etwas sinnvolles zu fabrizieren. Da ist es wohl einfacher, die Bevölkerung wandert aus und sucht sich eine andere Anstalt, während der MDR weiter astreinen Beraterfunk nach Lehrbuch produziert, garantiert getestet, gute Laune wann immer Sie wollen.
Solange der MDR Quote um jeden Preis machen will, solange müssen die Programme minderwertig bleiben. Der kulturelle Zustand unserer Gesellschaft erzwingt das so.
Und: Sputnik muss endlich offiziell in allen drei Ländern über Antenne empfangbar sein!
Das habe ich vor einem Jahr auch noch gesagt, vor allem nach der unglaublichen Atmosphäre bei einem Shout-Out-Louds-Konzert im Funkhaus. Heute sage ich: nee, lass mal, wir haben schon genug Pop-Formatfunk in Mitteldeutschland.