Immer nur Musik, Musik, Musik...

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Zunächst mal ist die Beobachtung, es gebe keine Wortprogramme und es werde immer nur Musik gespielt, schlicht falsch. Praktisch jeder Sender hat noch mindestens eine Wortwelle, per Internet bekommt jeder die genannten BR2, WDR5 oder die dradios. Da geben sich viele Leute große Mühen, die journalistischen Möglichkeiten im Radio auszuschöpfen. Per Internet kann man auch hören, wie es sich in anderen europäischen Ländern verhält. Im internationalen Vergleich haben wir immer noch sehr viele und hochwertige journalistisch geprägte Sendestrecken. Das Radiofeature wird bei uns noch gepflegt, die Produktionskosten für ein solches Format liegen bei fast allen Wellen deutlich über 10.000 Euro. Ja, da muss man sich das nur noch mal anhören. Leider tun das immer weniger und darum werden jetzt auch weniger produziert. Aber immerhin, das Format ist noch nicht tot.

Es stimmt aus meiner Sicht aber auch, dass in der letzten Zeit die positivien Erfolgsmeldungen über sinkende Defizitzahlen und Exportentwicklungen überbewertet, während weniger schöne gesellschaftliche Entwicklungen vielleicht zu selten in ihrer ganzen Tragweite dargestellt werden. Das ist aber kein auf den Hörfunk beschränkter Eindruck.

Wie es sich letztlich verhält, könnte nur eine umfassendere Untersuchung zum Thema belegen. Sicher ist das längst auch Thema irgendeiner Diplomarbeit.
 
Für mich ist da jedenfalls ein Hörer, der sich das antut, mehr Wert als 1000 die sich berieseln lassen und die wenigen Wortbeilagen als Laberei abtun.

Um solche Sendungen mit voller Aufmerksamkeit zu hören braucht man Zeit und Muße. Da aber kaum noch jemand bereit ist oder die Möglickeit hat, ein Minimum an Aufmerksamkeit in das Medium Radio zu investieren, sind solche Einschaltformate nicht zuletzt für den Direktabruf im Internet prädestiniert und können so ihren Hörerkreis gewaltig erweitern, vorausgesetzt man bewirbt sie in angemessener Weise um auf diesem Wege ein interessiertes Stammublikum zu erschließen.

Abgesehen von Senioren gibt es leider zu wenige Menschen, die in der Lage sind, untertags ein, zwei Stunden lang konzentriert Radio zu hören.
 
@divy
Ich gebe Dir recht. Aber die Wortinhalte, die Du meinst, werden absichtsvoll in technische Nischen oder hinter unchristlichen Sendezeiten versteckt, so dass die Hörerresonanz darauf gar nicht viel größer sein kann, als sie es jetzt ist. Niemand hat den Mut, qualitäts- und gehaltsvolle Inhalte ins Mainprogramm zu streuen - wo sie m. E. aber hingehörten. Zumindest der öffentlich-rechtliche Rundfunk müsste dafür in die Pflicht genommen werden. Er könnte einen Mix aus Inhalt, Tiefgang, Analyse und Unterhaltung bieten, denn gerade deshalb ist er so unabhängig finanziert, dass er nicht freiwillig in den Quotenwettlauf mit den Privatdudlern gezwungen wird.
 
]Zumindest der öffentlich-rechtliche Rundfunk müsste dafür in die Pflicht genommen werden. ..., denn gerade deshalb ist er so unabhängig finanziert, dass er nicht freiwillig in den Quotenwettlauf mit den Privatdudlern gezwungen wird.
Wobei sich gute Quote und höherer journalistischer Anspruch gar nicht gegenseitig ausschließen - siehe wieder ausländische Beispiele. Dabei entscheiden neben Sendezeiten und technischer Reichweite unter anderem auch Gestaltung und Präsentationsweise darüber, welches Publikum sich von den Inhalten angesprochen fühlt...
 
Um solche Sendungen mit voller Aufmerksamkeit zu hören braucht man Zeit und Muße. Da aber kaum noch jemand bereit ist oder die Möglickeit hat, ein Minimum an Aufmerksamkeit in das Medium Radio zu investieren, sind solche Einschaltformate nicht zuletzt für den Direktabruf im Internet prädestiniert und können so ihren Hörerkreis gewaltig erweitern, vorausgesetzt man bewirbt sie in angemessener Weise um auf diesem Wege ein interessiertes Stammublikum zu erschließen.
Würde ich Dir Recht geben, wenn da nicht die verwertungsrechtlichen Randbedingungen der Musikindustrie, vermittelt durch GEMA-Tarife usw. wären, die für die Bereitstellung als Abbruf in einem abgeleiteten Werk unverhältnismäßig höhere Kosten zu Buche schlage lassen, als in einem linearen Broadcast! Deshalb enthalten auch die meisten Podcasts von Sendungsmitschnitten von Radiosendungen eben nicht die Musikelemente!
Zum anderen stellt ein Abschieben der Angebote ins Internet gerade eine Benachteiligung derjenigen Hörer dar, die vor Ort den Internetzugang eben nicht oder nur unzureichend oder Volumenüberteuert haben!
 
Na ja, es ist aber nun auch so, dass man die notwendige Zeit und Muße selbst für ein 15 Minuten Kurz-Feature während der Arbeitszeit kaum aufbringen kann. (Da hängt man ja lieber in den Radioforen rum ;)). Insofern verstehe ich die Sendezeiten am Abend für diese Formate. Ansonsten bieten praktisch alle öffentlich-rechtlichen Sender inzwischen Software an, die ein bequemes Mitschneiden ermöglicht. Auf meinem USB-Stick sind ständig neue Hörspiele und Feature, ich höre mir die besonders gerne bei längeren Autofahrten zu Reportageterminen an.

Der Einwand zum Internetzugang und über die Ausgrenzung bestimmter Hörergruppen stimmt zwar. Aber es ist nicht unbedingt die selbe Gruppe, die abends kein Radio hören kann und trotzdem Probleme mit dem Internet hat. Und zum anderen ging es dem Themeneröffner darum gar nicht. Sein Einwand war mehr oder weniger, dass wir hier alle nur noch Dudelfunk machen, und da darf man mal entschlossen wiedersprechen.
 
Als Antenne NDS startete, hieß der MP schon Gerhard Schröder (SPD).

Nicht ganz, Antenne ging am 21. Mai 1990 auf Sendung, und Schröder wurde am 21. Juni 1990 Ministerpräsident. Das macht immerhin 31 Tage unter Albrecht.

Relevanter als diese Erbsenzählerei sind aber die politischen Hintergründe der Gründung von Antenne Niedersachsen, die der Spiegel seinerzeit dokumentiert hat, etwa hier oder hier. nämlich der Wunsch der CDU nach einem ihr genehmen Rundfunksender. Und als Bonustrack hier ein Artikel aus der ZEIT von 1986, der über eine Studie für Ministerpräsident Albrecht berichtet, was man dagegen tun könne, dass Journalisten links-ideologisch berichten, worunter man z.B. die „Vorliebe für Kritik an Mißständen“ versteht.
 
Zum Ausgangsposting: Es gibt hier eine ganze Reihe von Threads, die sich explizit mit Journalismus im Rundfunk beschäftigen, beteilige Dich doch dort an den Diskussionen.
 
@freiwild:
Auch wenn Albrecht den Sendestart vorangetrieben undnoch als MP erlebt hat - inhaltlich war Antenne NDS zu keinem Zeitpunkt ein "Haussender" der Landes-CDU. Das Programm war von Beginn an sehr musiklastig (deutlich mehr als das damalige ffn) mit boulevardesken Nachrichten. Politische Beiträge gab es praktisch gar keine.

Richtig ist natürlich, dass Albrecht den "roten" NDR sehr kritisch sah, um es mal freundlich zu formulieren.
1980 kündigte er den NDR-Staatsvertrag um Veränderungen zu erzwingen, als das nicht fruchtete verabschiedete Niedersachsen 1984 einPrivatfunkgesetz und ermöglichte als erstes Flächenland terrestrisches Privat-TV. Die privatfunk-freundliche Haltung der Landesregierung war auch der Grund, warum RTL seine Lizenz in Niedersachsen beantragte und nicht in NRW.

Und zum Ausgangsposting:

Nach dem Sendestart von Antenne NDS glich ffn sein Programm dem der neuen Konkurrenz immer weiter an.
Das Format wurde gestrafft, die Nachrichten gekürzt, die Spezialsendungen fielen weg. Das Resultat ist allgemein bekannt.
 
@divy
Gegen die Verlagerung anspruchsvoller Programmelemente in die Abendstunden oder ans Wochenende hab ich ja gar nichts einzuwenden, würde ich sogar befürworten, wenn einige B2-Sendungen aus dem Tagesprogramm unter der Woche am Wochenende liefen..., es ging mir da nur um die Abschiebung ins Netz oder auf digitale Verbreitungswege, die bislang nur noch kleinere Minderheiten nutzen können. Siehe z.B. SWR Info...

@funker
Musiklastigkeit und das Aussparen von politischen Themen kann durchaus im politischen Interesse (hier konkret der niedersächsichen CDU) sein - die Menschen/Hörer schimpfen dann nur noch pauschal auf die Politiker, und die können dann machen, was sie wollen.
ffn war da in der Anfangszeit in der Tat etwas anders, als die sich z.B. noch das Frühstyxradio leisteten - und wurde dann von einem aus dem Süden importierten GF systematiscch glattgebügelt. Dass das zu jener Zeit war, als Antenne NDS an den Start ging, ist ein interessanter Zusammenhang, Antenne NDS konnte ich damals nicht hören (heute kann ich keinen der beiden Sender empfangen und würde es aber eh nicht freiwillig tun...).
 
WilliWinzich schrieb:
ffn war da in der Anfangszeit in der Tat etwas anders, als die sich z.B. noch das Frühstyxradio leisteten - und wurde dann von einem aus dem Süden importierten GF systematiscch glattgebügelt. Dass das zu jener Zeit war, als Antenne NDS an den Start ging, ist ein interessanter Zusammenhang, Antenne NDS konnte ich damals nicht hören
Das Glattbügeln hat sich schon noch über etwas längere Zeit hingezogen, ffn war nach Start von Antenne noch deutlichst davon zu unterscheiden. Reste des frühstyxradios gibt es auch heute noch regelmäßig zu bestimmten Terminen (Heiligabend, MESZ/MEZ-Umstellung, manchmal auch Vatertag oder TDDE). Spezialsendungen wie die Grenzwellen von Ecki Stieg liefen immerhin noch bis 1997. Nach deren Ende gab es dann aber wirklich keinen Grund mehr, dieses Programm einzuschalten oder eine Speichertaste dafür zu verschwenden.
 
Bayern 4 Klassik (welches schon seit vier Jahren nicht mehr so, sondern BR-Klassik heißt) ist aus meiner Sicht gerade kein Klassikdudler - sondern der öffentlich-rechtliche Gegenentwurf dazu. Wer Klassikradio und BR-Klassik in einen Topf wirft, erkennt auch den Unterschied zwischen DLF und MDR Info oder zwischen MDR Jump und Radio Eins nicht.
 
Um was geht es denn hier mittlerweile? Ich hatte mehr politische Inhalte angemahnt. Jetzt sind wir bei Klassik ???
 
Forenthreads sind eben keine Endlosschleife, sondern entwickeln sich wie jede Diskussion. Aber Du kannst dem Thema ja leicht eine neue Wendung geben, wenn Du Dich selbst daran beteiligst. Du hast den thread ja schließlich aufgemacht.
 
Wobei ich mich frage, was ein “Klassikdudler” eigentlich ist. Ich kenne kein Rundfunkprogramm mit einer kleinen Rotation bei klassischer Musik.
 
Irgendwo im Netz gibt es (oder gab es mal) eine Seite, auf der jemand die Hot Rotation bei NDR Kultur dokumentiert hat. Das las sich wirklich wie "Mozart's Greatest Hits - und das Beste von Beethoven".
 
Bayern 4 Klassik (welches schon seit vier Jahren nicht mehr so, sondern BR-Klassik heißt) ist aus meiner Sicht gerade kein Klassikdudler - sondern der öffentlich-rechtliche Gegenentwurf dazu. Wer Klassikradio und BR-Klassik in einen Topf wirft, erkennt auch den Unterschied zwischen DLF und MDR Info oder zwischen MDR Jump und Radio Eins nicht.
Sorry, wenn ich vielleicht Kassik-Puristen auf die Füße trete, aber sooo gigantisch, wie der Unterschied zwischen Radio Eins in besseren Tagen und Jump ist der qualitative Unterschied im Tagesprogramm IMHO dann aber doch nicht.
Zugegeben, das "in einen Topf werfen" ist etwas unfair, denn ein merklicher Unterschied ist schon da. BR-Klassik hat ein paar spezielle Sendungen, die Musiker porträtieren oder z.B. Jazz bringen und etwas mehr über die Musik und Künstler reden. Insofern wäre das gar ein Beispiel dafür, dass da Themen und Musik verbunden werden und auch Wert auf das Wort gelegt (da wären wir dann auch wieder etwas beim Thema des Fadens) wird und nicht nur automatisiert die Musik abgespielt (gedudelt) wird. Bloß das ist eben nach meinem (beschränkten) Eindruck sehr stark auf das Thema der Musik beschränkt - und deshalb IMHO auch Schmalspur - und für den an der präsentierten Musikgattung weniger interessierten dann eben doch Dudelei...o_O Nach meinem Verständnis ist Dudelei, wenn hauptsächlich Musik mit geringeren Wortanteilen läuft und die Musik von einer Gattung ist, die größtenteils abseits vom persöhnlichen Geschmack ist.
 
Meine persönliche Definition von "Dudelei" richtet sich weniger danach, wie groß der Anteil der Musik im Programm ist, sondern danach, welche Funktion sie erfüllt. Soll sie bloß eine Klangtapete im Rahmen des vordefinierten Formats sein (und wird deshalb i.d.R. vom Computer anhand von Algorithmen zusammengestellt), in keinem inhaltlichen Zusammenhang zueinander oder zu den Wortbeiträgen davor oder danach stehend; oder ist sie selbst Gegenstand des Programms, und wird entsprechend redaktionell zusammengestellt und in den Wortbeiträgen thematisiert? In dieser Hinsicht schon Welten zwischen NDR Kultur und BR-Klassik zu bestehen - und auch zwischen Radio Eins und MDR Jump. Und das der DLF ganz anders funktioniert als ein MDR Info brauche ich, glaube ich, gar nicht erst groß zu erörtern. ;)
 
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