aber steckt eventuell bei der ARD die Strategie dahinter, beim Hörfunk nur noch auf DAB+ und Stream zu setzen?
Es ist kompliziert. Es gibt solche Aussagen und andere Aussagen.
Die Verlängerung der SD-Ausstrahlung via Satellit kam unerwartet. Es war geplant, 2020 damit aufzuhören.
Dann kam ausgerechnet Druck aus der Politik (!) -
unter anderem von dem Herrn, der etwas später die Erhöhung des Rundfunkbeitrages maßgeblich mit blockierte - mit SD doch weiter zu machen, weil angeblich noch erheblich viele Haushalte nicht HD-tauglich wären. Besucht man solche Haushalte (und das ist mir als jemand, der mit sowas etwas zu tun hat, durchaus öfters passiert), sieht man die wahren Gründe:
- HDTV-Flachbildfernseher an Satantenne und seit 2010 kein Suchlauf mehr gemacht oder HD-Programme weit hinten und deshalb nie gefunden
- HDTV-Flachbildfernseher mit integriertem DVB-Kabeltuner nicht als kabeltauglich erkannt, da interner Kabeltuner bei Ländereinstellung "Deutschland" vom Gerät deaktiviert wurde - also SD-Receiver via SCART davorgehängt
- kein HD+-Abo, also Private nur in SD. Demnach "Wir haben kein HDTV!"
Recht selten fand ich wirklich alte Technik, die nicht HD-tauglich ist.
Also wackelte die Bereitschaft, SD abzuschalten, zunehmend. Der MDR war dabei soweit ich mich erinnere "führend". Dann fand man mit "Corona" eine Universalbegründung und verschob die SD-Abschaltung hinter 2024:
Nun hatte man 3 breite und 1 1/2 schmale Transponder mit in Summe ca. 160 MBit/s zusätzlich an der Backe. Es gab wohl nen günstigen Deal mit der SES, weil eh gerade etliche Transponder leer stehen, auch kann wohl davon ausgegangen werden, dass für diese Transponder kein in-Orbit-Backup existiert und auch ansonsten alles, was Geld kostet, dabei so weit wie möglich zurückgefahren wurde, aber es kostet halt Geld.
Und da kam der Hörfunktransponder als Opfer gelegen...
So geht eine der Geschichten, die man sich erzählt. Als Externer kann ich das freilich weder bestätigen noch dementieren.
Dann kommt die nächste Geschichte (die kann man sich im Parallelforum aus einzelnen Einträgen des vergangenen Jahres zusammenlesen): es gab dann wohl Anstalten, die den Hörfunk via Satellit und Kabel gern komplett losgeworden wären, weil er halt Geld kostet - im Großnetz der Vodafone auch Einspeiseentgelt. Auch dazu kann ich nur sagen: das steht so im Internet, ich arbeite nicht bei der ARD, ich kanns nur ungeprüft mit dem Hinweis, dass es ungeprüfte Aussagen aus dem Internet sind, wiedergeben.
Es gibt aber auch Anstalten, die den Hörfunktransponder für einzelne UKW-Zuführungen genutzt haben - eine Anstalt ja sogar bis nach Abschaltung. Da dürfte eher der Wille nach Weiterbetrieb des Hörfunks via Satellit vorhanden gewesen sein. Viele Kleinsenderzuführungen auf Leitung umzustellen kostet auch Geld.
Dann wurde das IRT befragt, wie man den Hörfunk mit auf den HD-Transpondern unterbringen könnte und ob AAC brauchbar wäre. Antwort vom IRT sinngemäß: macht mal, ein AAC-LC-Decoder sollte fast überall drin sein. Aber geht nicht unter 160 kBit/s, sonst wirds hörbar schlechter.
Zu diesem Zeitpunkt wusste die Industrie nichts, wussten die Kabelnetzbetreiber nichts. Als ich im Januar/Februar anfing, auch die Industrie vorsichtig und naiv nach AAC-Support in bestimmten Geräten zu befragen, kam sinngemäß ein "nein, wozu denn?" als Antwort.
Kein UKW-Umsetzer für Kabelnetze war AAC-tauglich, die seit 2017/2018 verkauften DVB-Kabelradios (!) hatten kein AAC, die erste und teils zweite Generation hochwertiger HDTV-Receiver aus Deutschland, verkauft von 2008 - ca. 2012 haben oft keinen AAC-Decoder drin - es ist nun halt so so, dass es HDTV-Receiver gibt, die kein ARD-Radio mehr spielen. HDTV-Tauglichkeit alleine reicht nicht. Das kann man niemandem verständlich kommunizieren.
Da man offenbar auch keinerlei Kompatibilitätstests gemacht hat, nicht einmal mit den häufigsten formal AAC-tauglichen Bestandsgeräten, fielen auch die massiven Decodierfehler neuerer Geräte nicht auf.
Vorab nicht auffallen konnten nun auftretende Effekte durch offenbar nicht saubere Transportströme / eventuell unsauberes PCR/PTS-Stamping der Transportströme, diese Probleme konnten erst an den kompletten AAC-Vormultiplexen oder am Transponder selbst auffallen, also letzlich erst ab Aufschaltung auf die HD-Transponder 39 und 61.
Es gibt also 2 Baustellen, einmal den AAC-Codec an sich und zum anderen Probleme mit dem Datenstrom.
Das poppt alles erst jetzt so richtig auf:
- Transportstrom-Problem: regelmäßiges oder unregelmäßiges Knacken, Ploppen oder Klicken im Audio. Hier noch ein Zitat.
- Vermutlich Transportstrom-Problem: es gibt Geräte (HD-Receiver und UHD-Fernseher weiß ich bis jetzt), die leiern wie ein Kassettenrecoder, den man schüttelt.
- AAC-Problem: AAC wird zu hoch gepegelt decodiert und bei Programmen mit hoher Aussteuerung geht der Receiver oder Fernseher eigenständig in eine Dynamikkompression (!):
- AAC-Problem: Geräte, die plötzlich von selbst leise oder stumm werden und dann irgendwann wieder Audio ausgeben, benannt hier. Gleiches wird soweit mir bekannt auch für manche Fernseher berichtet.
- Möglicherweise AAC-Problem: allgemein als "schlecht" empfundener Sound. Ja, 128 kBit/s LC-AAC sind prinzipbedingt deutlich schlechter als 320 kBit/s MP2. Während 320 MP2 weit im akustisch transparenten Bereich ist, kratzt 128 LC-AAC immer wieder an der Grenze zur Wahrnehmbarkeit. Ist es momentan im Transparenzbereich, fällt es nicht auf. Ist es schlechter, fällt es auf. Subjektiv ist es gefühlt etwas (!) schlechter. Aber nicht so schlecht, dass solche Rankings entstehen können:
Bei DAB+ bekämst Du evtl. Probleme mit dem Transcoding wegen der anderen Transformationslänge. Mir ist zumindest unter Windows auch kein Player bekannt, der AAC aus DAB+ fehlerfrei (korrekte Tonhöhe) spielen würde. Aber damit sind wir weit weg vom Thema.
www.radioforen.de
Und da stehen wir jetzt...
Die Geräteindustrie rotiert seit Sommer wie irre, um die Realität an die ARD anzupassen. Mehrere UKW-Umsetzer für Kabelnetze bekamen AAC-Upgrades, teils unter Verlust von 50% der Umsetzerzahl je Gerät - AAC braucht mehr Hardwareleistung. Manche Upgrades wurden wieder vor Veröffentlichung einkassiert, noch jetzt gibt es teils Beta-Status. Diese Upgrades kosten richtig Geld, allesamt dreistellig, mit etwas Pech verliert man dazu die Hälfte der Funktionalität seiner vierstellig kostenden Hardware. Andere Kompatibilitäts-Workarounds kosten auch satt vierstellig. Ein komplettes Transcoding aller Programme würde mit Profitechnik ca. 40 - 50 kEUR zzgl. Hardware koste. Netto.
Gerade kleinste Netze haben oft Technik, bei der sich so etwas schon technisch gar nicht zwischenschalten lässt. Die bräuchten zur Wahrung der Kompatibilität mehr Invest als große Netze - völlig irre.
Die DVB-Kabelradios haben AAC-Upgrades bekommen, bei einem Fabrikat war es offenbar haarscharf am "geht nicht" entlang. Noch Mitte November hieß es "geht nicht". Da hatte die Vodafone schon umgestellt. Ob das Upgrade zur maximal noch möglichen Audioqualität führen wird und/oder ob auch weitere Probleme (Knacken etc.) auftreten, konnte ich noch nicht testen - das Upgrade ist hier noch nicht angekommen. Manche warten seit 2 Wochen darauf.
Kaum ein Betroffener weiß von Ursache und möglicher Abhilfe. Für die ARD ist nur Satellit relevant und aus ihrer Sicht meist mit einem simplen Suchlauf getan. Mir liegen Antworten an einzelne Beitragszahler vor, die sich wegen technischer Probleme beschwert haben: könne man nicht ausschließen, der Betroffene möge sich beim Gerätehersteller um ein Update bemühen. Im Übrigen wäre letztlich alles so gut wie vorher.
Für eine Anstalt des öffentlichen Rechts, gesamtgesellschaftlich beauftragt und gesamtgesellschaftlich finanziert, ist das zumindest aus meiner Sicht eine sehr befremdliche Handlungsweise. Und auch eine selbstschädigende Handlungsweise. Ich bemerke bei mir, wie mir übel wird, wenn jemand in der ARD was von "Nachhaltigkeit", "Umwelt", "Ressourcen" etc. sagt - ich kann das nur noch als "selbst nicht gelebt" auffassen und muss es als unglaubwürdig ablehnen.
Der Gag ist: mit Einbeziehung des Transponders 19 (Das Erste HD, arte HD, SWR HD) und Verlagerung von HbbTV-Komponenten von den Transpondern in den Online-Abruf wäre eine wesentlich kompatiblere Verbreitung möglich gewesen. Bei den Kulturwellen in uneingeschränkt identischer Qualität wie bisher (320 MP2 + ggf. 448 AC-3), bei den Unterhaltungs- und Infowellen mindestens in der Qualität, die sie jetzt mit 128 LC-AAC haben (224 MP2). Nur SD-Satreceiver wären raus gewesen, alles andere hätte problemlos weitergespielt. Und das weiß die ARD auch. Spätestens seit Juli. Da wäre noch Gelegenheit zum Stopp gewesen.
Eine schriftliche Warnung vor AAC hatte ich 3/2019 (!) in einer Kommunikation mit einem technisch bei einer Anstalt Verantwortlichen abgegeben. Sie haben es gewusst. Lange vorher.
Einzelne Anstalten sind auf den Hörfunk via Satellit weiterhin wegen interner Zuführung angewiesen und haben nun also sogar 128 kBit/s LC-AAC auf UKW umgesetzt, was sehr mutig ist wegen der bei dieser niedrigen Bitrate auftretenden Störungen, die die UKW-Modulation beeinträchtigen können. Das dürfte deutschlandweit einmalig lausig sein, was die ARD da auf UKW zuführt. Privatsender laufen da heute eher transparent wie es besser nicht geht mit 384 kBit/s E-aptX.
Ein Scherbenhaufen, unter dem vor allem Kulturfunk-Hörer und Special-Interest-Hörer leiden. Wer nur den örtlichen Dudler laufen hat, braucht DVB-Hörfunk nicht. Aber wer sich aus den in den vergangenen 25 Jahren schon massiv ruinierten Hörfunkprogrammen der ARD noch die letzten Perlen rauspicken will, wer Klassik-/Jazzkonzerte oder Hörspiele hören will, ist darauf angewiesen. Und hat jetzt günstigstenfalls etwas schlechtere Audioqualität und weniger Komfort. Ungünstigstenfalls hat er mehrere Geräte, die nicht oder stark fehlerhaft spielen.
Spielte das in der Politik, käme der Ruf nach einem Untersuchungsausschuss.