AW: Kriterien für Veränderungen beim Radio
scarecrow schrieb:
Ich kann mich noch an die letzte Top 20 Show mit Tommy Vance erinnern, an die letzte Housewifeshow auf BFBS mit Richard "Asters" Astbury (da wurde tränenreich "Last Song Together" von NEIL SEDAKA gespielt), an die allerletzte "Mal Sondocks Hitparade" - das waren für mich bewegende Momente im Radio. ..... Besonders tränenreich war der sehr bewegende Abschied von Radio Luxembourg 208 Silvester 1991, da haben sich alle DJs bei den Hörern verabschiedet. Dabei war auch noch der große Stuart Henry, der zu dem Zeitpunkt noch kaum deutlich sprechen konnte (er litt an MS und starb kurz darauf). Das war das letzte Mal, wo ich einige meiner Helden noch mal hören konnte.
Sicher, sicher. Da kann ich auch einiges beisteuern. Der Sendeschluß von EKR-European Klassic Rock 2001 war todtraurig. Dann gab es den 31. August 1974, als Holland die Straßburger Konvention ratifizierte, was das Ende der Seesender bedeutete (...nur Caroline machte natürlich weiter!). Die Menschen in Scheveningen schmissen ihre Transistorradios in die See, an Bord der Norderney rutschte man auf dem Boden aus vor lauter Tränen. In Großbritannien hatten sich 1967 bereits ähnliche Szenen abgespielt, als Stationen, wie "Big L" die Segel streichen mußten. Sogar die als eher behäbig verschrieenen Eidgenossen setzten alle Hebel (und sich selbst) in Bewegung, um die Schließung von "Radio 24" auf dem Pizzo Groppera zu verhindern. Ja, auch in Amerika gab es bewegende Abschiedsszenen (allerdings ohne Flennerei), als die Rock-Legende KFRC San Francisco in eine AC-Klitsche umformatiert wurde.
Wie gesagt, das war Radioromatik und ich will uns Radiofreaks nicht verübeln, ab und zu von diesen Zeiten zu träumen, in denen wir schließlich auch unsere ersten Vollräusche hatten und den ersten Sex...
Aber wie näselte schon Bob Dylan: The times, they are a-changing. In unserer Mulitimedia-Gesellschaft, in der die Menschen erwarten, immer und jederzeit zerstreut und informiert zu werden (Wobei die "Informationen" zu 75% aus hemmungslosem Stuß bestehen), nicht mehr bei EDEKA um die Ecke oder "Elektro-Lurch" einkaufen, sondern bei ALDI, Geiz, Geil & Blöd, ist es den Leuten einfach wurscht, ob irgendein Radioansager sich entschließt, lieber Versicherungen zu verkaufen. Ausnahmen: Die Honks, die noch immer nach Autogrammkarten fragen und natürlich wir Radiomacher.
Mir ist das US-Radio allerdings immer noch 1000x lieber, als der heimische Funk.
Heute morgen habe ich z.B. bei 98ROCK aus Tampa Bay allein in einer Stunde 12 Songs gehört, die hier keiner auch nur mit der Kneifzange anfassen würde, geschweige denn überhaupt
kennt. Verpackt mit
geilen Elementen und präsentiert von einem Jock, dessen Ansagen zur Stimmung der Musik passten. Das alles garantiert
Tokyo-Stundenhotel-frei und ohne
Servicebeiträge über Heizkostenersparnis und den neuesten Gossip über irgendwelche Politkaspereien. Diesen harten Tatsachen blicke ich blicke lieber bei der morgendlichen Zeitungslektüre ins Auge.