AW: Relaunch: Wird aus WDR 4 ab 21. März 2011 eine weitere Format-Dudelwelle?
Das Musikprogramm von Jam FM hat ja schon viele Wandlungen durchgemacht - vom R&B-Jugendsender zum R&B/POP-Verschnitt und zu guter letzt zur Rhythmic-Hip-Hop-Abspielmaschine. In der multiethnischen Jugendkultur Berlins scheint der Hip-Hop eine solide Grundlage zu haben, während erwachsene R&B-Musik kulturell nicht verankert und daher (leider) nur schwer vermarktbar ist.
Zurück zur deutschen Musik:
Die "Überalterung" des Schlagerpublikums hängt vor allem mit der Präsentation und der Kombination des Schlagers mit superweichen "Evergreens" in biederen Seniorenwellen zusammen, denen jüngere Hörer üblicherweise fernbleiben. Würde man den Schlager in all seinen Erscheinungsformen mit dezentem Deutsch-Rock und modernen deutschsprachigen Produktionen kombinieren, würde sich die Schlagerzielgruppe zwangsläufig verjüngen.
Trotzdem: Die Seniorenzielgruppe lässt sich schon allein aufgrund ihrer schieren Masse werbetechnisch exzellent vermarkten, sofern man das Geschäft selbst in die Hand nimmt und einen großen Bogen um die mächtigen deutschen Media-Agenturen macht, die den Leuten das Radiohören mit ihren immer gleichen Rezepten verleiden und alle Über-60-Jährigen auf die demographische Müllhalde katapultiert haben.
Wäre der Schlager nicht von allen Geldquellen abgeschnitten und außerhalb der "Seniorenwellen" repräsentiert, gäbe es genug frische und moderne Impulse, die deutsche Musik auch für junge Menschen attraktiv machen würde. Wer kam eigentlich auf die verrückte Idee, deutsche Musik derart fest mit der Seniorenschiene zu verquicken?
Bei Radio 50plus (Spreeradio) gab es Ende der 90ziger relativ wenig Werbung im Programm und daß bei einer Stundennettoreichweite von damals 128.000 Hörer.
Die lokalen Verkäufer haben sich die Hacken abegerannt und haben keine Werbung reinbekommen.
Von der ARD Sales und Services war nichts an nationaler Werbung zu erwarten, da das Durchschnittsalter bei ca. 65 lag.
Na, und wer macht die Tarife? Die Marktgesetze wurden von diesem Werbekartell längst außer Kraft gesetzt.
Und sollte mich wieder jemand fragen, warum jeder Sender von Nord bis Süd dieselben Konzepte umsetzt, dann verweise ich auf "Radio 50 plus" als abschreckendes Beispiel für Agenturallmacht und plädiere für die Emanzipation der unabhängigen Radiobetreiber und für die Etablierung eines alternativen Marktes für Werbepartnerakquise. Dann käme ein Stein ins Rollen, der einen Erdrutsch auslösen könnte.
Es steht ohnehin fest, dass die derzeitige musikalische Ausrichtung deutscher Radiosender nicht zukunftsfest ist und eine große Mehrheit eher abschreckt als anzieht; das Radio ist in musikalischer Hinsicht kein Spiegel der Gesellschaft mehr und schon allein deshalb auf dem absteigenden Ast. Nur fehlen derzeit noch die durchschlagenden Alternativen, allerdings nicht mehr lange.