Wohin geht die Reise für das Medium Radio?

Wenn man auf allen Hochzeiten tanzen will und dann auch noch mit einer Mentalität kommt, die meint, die Konkurrenz zu Tode rüsten zu können (so wie man es bei den Privaten versucht hat), dann hat man mit der Notwendigkeit zum Sparen generell ein Problem.
An den Beginn aller Zukunftsüberlegungen gehörte meiner Ansicht nach eine Rückbesinnung auf die Gründungsidee des ÖR: Jedermann und jede Frau soll einen leichten und frei verfügbaren Zugang zu Information, Bildung, Unterhaltung - Grundversorgung eben - haben, die neutral, nicht von Politik bestimmt, frei von wirtschaftlichen, kommerziellen Zwängen und mit einem gewissen Qualitätsanspruch geliefert wird.
Das ist etwas anderes, alös auf allen Kanälen und in allen Genres mitspielen zu wollen und überall nach Quoten und Zielgruppen zu schielen.
 
Sagen wir mal so: Sparen müssen alle. Und ein Normalmensch bekommt auch keinen Inflationsausgleich.
Und dass dann der ÖRR versucht irgendwie zu sparen, ist naheliegend.
Genau. Und das liegt eben nicht an dem Intendanten mit den kalten Augen, sondern an effektiv weniger Geld und zugleich diversifizierten Zuhörer Gruppen
Dass der ÖRR sparen muss, ist in der Tat nachvollziehbar und dass er es tut, eine geradezu zwingende Notwendigkeit. Über die Art, wie und wo er das tut, lässt sich aber trefflich streiten. Und da sehe ich die Gefahr, dass sich der ÖRR in seinem vom Grundsatz her ja durchaus nachvollziehbaren und ehrenwerten Anliegen, möglichst alle Gebührenzahler zu erreichen, komplett verzettelt und seine Kernkompetenzen mehr und mehr aus dem Fokus verliert, während er gleichzeitig in den schier unendlichen Weiten des Internets versucht, mit seinen Mediatheken den im Grunde aussichtslosen Kampf gegen Netflix, Amazon und Co zu gewinnen. Man stößt sich mit den Füßen vom Boden ab, ohne gleichzeitig mit den Händen bereits einen sicheren Halt gefunden zu haben. Das kann gut gehen, wenn man doch noch irgendwo was zu fassen kriegt und sich dann nach oben hiefen kann, es besteht aber auch die Gefahr, dass man schmerzhaft wieder auf dem Boden der Tatsachen aufprallt. Und ich kann mir nicht helfen, aber irgendwie halte ich letzteres Szenario für deutlich wahrscheinlicher. Und ob man dann, nach dem Aufprall, noch genug Kraft hat, sich wieder zu berappeln, darf ebenfalls bezweifelt werden.
 
@TORZ. Eine Familie mit zwei auf Lebenszeit verbeamteten Hauptverdienern hatte zur Geburt des zweiten Kindes beschlossen, ab sofort 2x im Jahr einen großen Familienurlaub zu machen. Nun sind die Reisepreise aus Gründen gestiegen und der Familienrat muss sich entscheiden, wieder nur noch 1x in den Auslands-5*-Sterne-Urlaub zu düsen oder 2x auf dem Zeltplatz. Wäre das für dich auch ein "zwingend notwendiges Sparen"?
 
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Sagen wir mal so: Sparen müssen die ARD-Anstalten an sich auch, da es eben keinen vernünftigen Inflationsausgleich bei den Rundfunkgebühren gibt.
Da ist mir grade eine Träne gekommen. So sehr tut es mir Leid, dass ARD und ZDF nicht mal einen zusätzlichen Inflationsausgleich bekommen.
Aber wenn man sich ansieht, wie sich die GEZ Gebühr im Vergleich zur Inflation entwickelt hat, dann relativiert sich das Mitgefühl:

Sparen müssen aber vor allen Dingen auch die einzelnen Wellen, eben weil das Geld anderswohin umgeschichtet wird.
Die Träume der ARD, nebenher zum öffentlich-rechtlichen Netflix werden zu wollen, halte ich auch für verfehlt. Zumal, wenn es auch noch stetigen ausgeprägten politischen Erziehungsunterricht mitliefert, wie etwa bei Funk.
 
Hier als Nachtrag ein Blick ins Haushaltsbuch der "Familie":


Die Einnahmen steigen also sogar. Aber man wollte ja unbedingt zwei Autos und jedes Jahr neue iphones und ipads.

Zynisch? Ich finde nicht. Problem ist einfach, dass niemand sich darum gekümmert hat, was das ganze Onlinegedöns kostet. Da man vieles nicht selbst machen kann, wird der ÖRR noch von externen Dienstleistern ausgenommen wie die berühmte Weihnachtsgans. Und ganz groß absahnen tun Rechteinhaber und Verwertungsgesellschaften. Aber gut, das fließt ja alles ins BIP, wie wir neulich erklärt bekommen haben, ist also gut.
 
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Hier wird von Einzelnen immer wieder unterschlagen oder vergessen, dass die Angebote von ARD und ZDF im Netz zugangsfrei sind. Netflix & Co. sind das nicht.
Aber Hauptsache, man kann auf den Gniffke und seinen angeblichen Digitalwahn (und seinen (!) persönlichen Feldzug gegen eine spezielle hr1- Sendung mit der er gar nichts zu tun hat) darauf schlagen und sich dann auf angebliche "Grundwerte" in Sachen Information, Bildung und (gepflegter erzieherischer spießiger) Unterhaltung (im Stil der 50er) besinnen.
Nee. Läuft 2024 nicht mehr. War auch schon 1978 überholt.
 
Das war der Versuch, ein Gleichnis zwischen den finanziellen Herausforderungen einer Rundfunkanstalt und denen einer Familie darzustellen. Dementsprechend wäre das "man" bei der Familie die Familienmitglieder und beim ÖRR das handelnde und entscheidende Personal. Wenn ich deine Nachfrage so deute, dass letztere das sogenannte "Digitale" (also z.B. hunderte Youtubekanäle und hunderte Facebookseiten anzulegen, Newsportale zu betreiben, Apps mit Rückspulfunktionen zu programmieren, u.u.u.) nur aufgrund äußerer Zwänge tun, dann würde ich da nicht ganz zustimmen wollen.🥸

PS: Was ab und zu ausgeblendet wird (wohl aus zu seltenen Kontakt zu Menschen, die es nicht ganz so dicke haben?): Um daheim die schöne neue Digitalwelt genießen zu können, bedarf es zuerst eines DSL-Zugangs oder eines Datentarifes. Zugangsfrei oder gar kostenlos ist da also leider eher nichts.
 
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Wenn ein Radiosender davon redet, etwas ins "Digitale fließen zu lassen", können das ja nur Dinge sein, die nicht für das Live-Radioprogramm benötigt/verwendet werden.
Du hast in diesem Posting von gestern schon halbwegs richtig gedacht. Offenbar gibt es aber trotz neuen Großraumbüros, News-Center und redaktionsübergreifenden Jour fixes nicht auszutreibende Konkurrenz der Mitarbeiter zwischen TV, Hörfunk (s. Posting von OO) und Online. Würden da Angebote und Beiträge editiert ausgetauscht oder gänzlich übernommen werden, wäre dort tatsächlich Sparpotential. Ist aber vielfach kaum so.

Natürlich aber können (und m.E. sollten) Dinge ins Digitale fließen, die durchaus auch und gerade im linearen Radio benötigt/verwendet werden könnten. Ich beobachte, dass allerdings von den Sendern selbst zu häufig entschieden wird, dass "Dinge" als fürs lineare Radio nicht geeignet sträflich ausgesondert werden.
 
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: Was ab und zu ausgeblendet wird (wohl aus zu seltenen Kontakt zu Menschen, die es nicht ganz so dicke haben?): Um daheim die schöne neue Digitalwelt genießen zu können, bedarf es zuerst eines DSL-Zugangs oder eines Datentarifes. Zugangsfrei oder gar kostenlos ist da also leider eher nichts.
:thumbsup: :thumbsup: :thumbsup:
Das stimmt.
 
PS: Was ab und zu ausgeblendet wird (wohl aus zu seltenen Kontakt zu Menschen, die es nicht ganz so dicke haben?): Um daheim die schöne neue Digitalwelt genießen zu können, bedarf es zuerst eines DSL-Zugangs oder eines Datentarifes. Zugangsfrei oder gar kostenlos ist da also leider eher nichts.
Das ist aber sehr theoretisch, denn schon im Regelsatz der Altersgrundsicherung und des Bürgergeldes sind die Kosten für Telekommunikation, also auch Internet, bereits enthalten.

Sicher, es gibt auch 2024 noch Menschen, die keinen Internetzugang haben, aber da stecken keine finanziellen Gründe dahinter, sondern fast immer, dass man meint, im Alter wolle man sich keine neue Technologie mehr antun. Übrigens sind das dann dieselben, die vom ÖR angebotstechnisch vor die (UKW-)Türe gesetzt werden, weil die Programme stets verjüngt werden müssen.
 
Das ist aber sehr theoretisch, denn schon im Regelsatz der Altersgrundsicherung und des Bürgergeldes sind die Kosten für Telekommunikation, also auch Internet, bereits enthalten.
So als Flatrate und volle Kosten oder was?
Das ist da so drin wie der unrealistische "Einkaufskorb" bei der Berechnung vom Bürgergeld.
Also faktisch Quatsch was du da schreibst.
Sicher, es gibt auch 2024 noch Menschen, die keinen Internetzugang haben, aber da stecken keine finanziellen Gründe dahinter, sondern fast immer, dass man meint, im Alter wolle man sich keine neue Technologie mehr antun.
Vollkommener Quatsch.
Da stecken bei vielen sehr wohl finanzielle Gründe dahinter. Auch in Bezug auf Heizung und so was.
Und mit dem Alter hat das weniger zu tun.
 
Wäre das für dich auch ein "zwingend notwendiges Sparen"?
Ja. Mit dem zur Verfügung stehenden Geld muss anders gewirtschaftet werden als bisher. Daher werden Einsparungen im Bereich Hotelurlaub vorgenommen. Diese können entweder eine Kürzung der Hotelaufenthalte (nur noch einmal statt wie bisher zweimal im Jahr) oder eine komplette Einsparung des Hotelurlaubs und eine Umschichtung der Gelder in den Bereich Campingurlaub bewirken.
Aber Hauptsache, man kann auf den Gniffke und [...] seinen (!) persönlichen Feldzug gegen eine spezielle hr1- Sendung mit der er gar nichts zu tun hat) darauf schlagen
Also, ich zumindest sehe die Causa SC allenfalls als ein gutes Beispiel für das, was da gerade im ARD-Hörfunk ganz allgemein passiert, es ist also eher was Grundsätzliches, jedenfalls für mich.
und sich dann auf angebliche "Grundwerte" in Sachen Information, Bildung und (gepflegter erzieherischer spießiger) Unterhaltung (im Stil der 50er) besinnen.
Dafür, dass Du hinter ziemlich vielem einen Rücksturz nach anno dunnemalszu wittern scheinst, laufen bei Dir wohl noch erstaunlich viele Gedanken in Schwarz/Weiß ab, wenn es für Dich zwischen der ohne Zweifel vorhandenen Ödnis des Radios in den 50ern bis 70ern und der immer mehr um sich greifenden Ödnis des Radios heute nichts Anderes gibt.
Nee. Läuft 2024 nicht mehr. War auch schon 1978 überholt.
Keine Frage. Aber wie sieht es mit dem immer weiter entkernten Radio der Jetztzeit aus? Das funktioniert 2024 vielleicht noch ganz gut, aber wird es das so, wie es jetzt ist, auch längerfristig noch tun können? Man muss sich doch die Frage stellen, warum man unter den vielen Möglichkeiten der Mediennutzung ausgerechnet das Radio wählen sollte. Da müssten an sich mehr Anreize her, die Radio zu etwas Besonderem machen. Es werden aber im Gegenteil eher weniger.
 
und sich dann auf angebliche "Grundwerte" in Sachen Information, Bildung und (gepflegter erzieherischer spießiger) Unterhaltung (im Stil der 50er) besinnen.
Du verwechselst etwas. Es geht nicht um "Grundwerte", sondern die im Programmauftrag ausdrücklich formulierte "Grundversorgung".
Und hier ist anzusetzen: Gefordert ist von ÖR keine "Allesversorgung" immer und überall und auf allen Kanälen, sondern eine "Grundversorgung", was theoretisch alleine schon mit analogem Radio erreichbar wäre.
Die Annahme, ÖR habe eine Bringschuld, müsse also alles tun, um möglichst viele zu beglücken, steht heutzutage nahezu unwidersprochen im Raum, dabei ist sie lediglich das Alibi, hinter dem ÖR seinen Aktionismus versteckt.
Die ÖR hat jedoch lediglich eine Angebotspflicht (diskriminierungsfreie Grundversorgung) und esist dann die "Holschuld" der Gebührenzahler, davon Gebrauch zu machen.
 
Die ÖR hat jedoch lediglich eine Angebotspflicht (diskriminierungsfreie Grundversorgung) und esist dann die "Holschuld" der Gebührenzahler, davon Gebrauch zu machen.
Nein. Die Zeiten nach denen ein Wecker gestellt werden musste um "eine" Sendung zu empfangen, sind glücklicherweise vorbei. Passt auch schon seit Jahren nicht mit der Lebenswirklichkeit (Öffnungszeiten, Homeoffice, keine Kirche sonntags...) zusammen.
Und eine "Holschuld" hat und hatte noch niemand als Hörer!
Und wenn die ÖRR eben besseres "privates" Radio als Privatsender machen (z. B. Bayern 3), dann ist es ausschließlich ein Problem der Privatsender weil sie schlechter und altbackener sind als der ÖRR.
"Unterhaltung" als Teil der "Grundversorgung" hört sich nun mal so an wie es zeitgemäß ist und was die Menschen nun mal so wollen.
Da gab es früher andere Zeiten...
 
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Du willst nicht verstehen, dass eine per Staatsvertrag vereinbarte und über Pflichtgebühren finanzierte "Grundversorgung" nicht die Idee hat, überall mitzumischen und die private Konkurrenz vom Platz zu fegen. Das hätten die ÖR-Oberen zwar gerne und sie suggerieren deshalb eine Aufgabe "Allesversorgung", die ihnen aber niemand aufgegeben hat.

Und Deine Einschätzung, die Privaten seien in Sachen Unterhaltung "schlechter und altbackener" als der ÖR halte ich für Wunschdenken; in vielen Formaten sind oder waren sie eher Vorreiter und wurden und werden vom ÖR fleißig imitiert. Richtig wäre die Zuschreibung, die Privaten sind niveauloser als ÖR. Aber auch hier schrumpft der Vorsprung.
 
Würde ich mit Grundversorgung gleichsetzen. Zumindest 2024.
Grundversorgung, nicht Rundversorgung. Eine Grundversorgung bedeutet für mich eine solide Basis, auf die aufgebaut werden kann und durchaus auch sollte. Ob dieses Aufbauen dann auch noch der ÖRR übernehmen muss oder dieses Feld privatwirtschaftlichen Unternehmen überlassen werden sollte, um sich seinerseits noch mehr auf die Gewährleistung eben dieser Grundversorgung zu konzentrieren, darüber lässt sich natürlich streiten. Ich persönlich bin ja Befürworter eines Mittelwegs, also eines ÖRR, der durchaus unterhaltende Programme anbietet, mit denen er große Hörerschichten erreichen kann. Es bezahlen die meisten für ihn, da sollten auch die meisten was davon haben dürfen. Der ÖRR sollte aber nicht das Ziel, eine möglichst gute Quote zu erreichen, über alles Andere stellen und seine Programme insgesamt betrachtet vor allen Dingen darauf ausrichten. Selbst eine Gleichstellung des Ziels, gute Quote zu machen, neben den gesetzlich definierten Zielen wäre meines Erachtens noch zu viel.
 
Grund/Rundversorgung der ÖRR heißt jetzt nicht Häppchen anteasern, damit jemand nach "mehr" beim Privatfunk schaut.
Und warum soll der ÖRR nicht gute Quote machen dürfen wenn das Angebot besser ist?
 
Und warum soll der ÖRR nicht gute Quote machen dürfen wenn das Angebot besser ist?
Ähm, ich hab doch ausdrücklich geschrieben, dass er das schon dürfen sollte. Ihm das generell zu verbieten, wäre doch völlig unsinnig. Der ÖRR sollte das Streben nach guten Quoten nur eben nicht zu einem seiner Hauptziele machen, denn das gehört nicht zu seinem Auftrag, der ihn von privatwirtschaftlichen Unternehmen unterscheidet.
 
Ich glaube, manche sind den in den letzten Jahrzehnten mit Fleiß in der Öffentlichkeit gepushten ÖR-Selbstbildern auf den Leim gegangen.
Käme jemand auf die Idee,
unter Grundeinkommen ein möglichst hohes Einkommen zu verstehen?
unter Grundrente eine Rundumabsicherung?
unter den Grund-Rechenarten eine vollständige Mathematik?
in der Grund-Schule ein alles umfassendes Bildungssystem?
im Grundgerüst ein alles umfassendes Konzept?
Usw., usw.
Überall ist glasklar, was der Begriff "Grund" meint. Es geht jedes Mal um das Minimum, um einen Grund-Stock, um das Allernötigste.
Nur ausgerechnet bei der öffentlich-rechtlichen Grundversorgung soll der Begriff eine andere Bedeutung haben und alles (Rundumversorgung) meinen?
 
Zur Grundversorgung gehört so etwas wie die „die Vielfalt der bestehenden Meinungen im Rundfunk in größtmöglicher Breite und Vollständigkeit“ darzustellen. Als es noch keine privaten Angebote gab, durften die öffentlich-rechtlichen halt auch alles andere machen, damit es überhaupt ein vollständiges Angebot gab. Seit es die privaten Angebote gibt, dürfen sie auch alles andere machen, um überhaupt relevant zu bleiben. Gute Quoten werden dabei von den öffentlich-rechtlichen Angeboten implizit sogar gefordert – sie sollen möglichen einseitigen Darstellungen und Beeinflussungen in privaten Angeboten entgegenwirken können.

Aber gerade da liegt meiner Meinung ein Problem beim Radio. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk präsentiert Vielfallt im Wesentlichen nur in Randerscheinungen wie den Kultur- und Info-Radios, während er Quote mit inhaltlich total irrelevanten Angeboten wie Jump macht.
 
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