Aber so wie es eine Arbeitsgemeinschaft der LRA für ein gemeinsames Fernsehprogramm (DasErste) gibt, könnte es dies auch für ein oder mehrere gemeinsame Radiowellen geben, oder?
Hallo Claudia,
da hätte ich absolut kein Problem damit, wenn das "Beste vom Besten" aus allen beteiligten Programmen erhalten bliebe und allen beeiligten Programmen zur Verfügung stünde.
So könnte schon seit vielen Jahren der öde, belanglose, Musikjournalismus- und Intelligenz-freie Popfunk des MDR mit der Kompetenz der Popkultur-Musikredaktion des NDR (
Nachtclub-Redaktion, "Redaktion Klaus Wellershaus") oder der Kompetenz der
Musikspecials von rbb Radio Eins massiv aufgewertet werden (was dann freilich einen brutalen Bruch im Programm ergäbe, das wäre dann das nächste Problem).
Oder, aus dem Bereich "non-Pop": das
Musikmagazin "taktlos" von BR und der Neuen Musikzeitung hätte nicht nur vom BR, sondern auch von anderen ARD-Kulturwellen gesendet (und bei "Außensendungen" auch rotierend gehostet) werden können, denn Themen für diese Live-Sendung
mit Studiogästen und oft auch
mit Live-Musik hätte es auch außerhalb Bayerns gegeben. Immerhin hats einmal eine
Zusammenarbeit mit dem rbb / Radiohaus Babelsberg gegeben - Produktionshilfe, gesendet wurde es dort nicht.
Was wir aber stattdessen erlebt haben: die "Nachtclub-Sendungen" des NDR wurden auf die nicht auf UKW verbreitete Welle NDR Blue abgeschoben (damit sind sie vor dem "Risiko" einer "Zufallsentdeckung" durch potentielle neue Hörerkreise gut geschützt) und die Autorensendungen im Nachtclub wurden auf 50% ihrer Sendezeit gekürzt. Inzwischen steckt im weitgehend ehrenamtlich betriebenen Byte FM
mehr ARD-Popkultur-Kompetenz als in der ARD selbst.
"taktlos" vom BR wurde 2015 eingestellt - mit Verweis auf Kostengründe.
Weitere ARD-Wellen verloren ihre Musikkompetenz - man denke an die Musikspecials auf hr3 (denen das, was ich oben für Jump schrieb, auch gut tun würde), man denke auch an das Abendprogramm von hr1 bis zur kompletten Umstellung auf reinen Unterhaltungsfunk sowie an das, was auf dem Jugendprogramm hr XXL möglich war, bevor es hingerichtet und durch die Privatfunkkopie YouFM ersetzt wurde.
Und im Bereich der sogenannten "Hochkultur" kenne ich die Klagen über die Beseitigung von ganzen Genres in einzelnen ARD-Kulturwellen, ich kenne die Klagen über die Ausrichtung der Programme auf "Easy-Listening" und "Tagesbegleitprogramm" aus entsprechenden Medien (für eine kompetente Eigenaussage bin ich kulturell da nicht dicht genug dran, mir fällt aber schon auf, wenn in einer "Kulturwelle" abends unmoderierte Lala läuft, die genausogut auch im KaDeWe-Aufzug laufen könnte).
Als Ostdeutscher war ich bis 1989 "über-den-Zaun-Hörer" hinsichtlich der ARD und zu jung für Kulturfunk. Mit 12 oder 14 suchten wir die Pop-Hits. Kurze Zeit später hatte ich dann als Jugendlicher im perfekt passenden Alter so zwischen 1990 und Ende 1991 ein hervorragendes Programm (DT64), in dem fast nichts für mich in die Rubrik "wertlos" fiel, es interessierte mich manches nur nicht, wertvoll und wichtig wars trotzdem.
Mit der ARD direkt in meiner Heimatregion (Mitteldeutschland) habe ich seit 1992 zu tun - seitdem war in meiner Heimatregion eine Nutzung des UKW-Angebotes mit Ausnahme des DLF für mich nicht mehr möglich. Die ARD kam und es gab keine Relevanz und keine Möglichkeit der Identifikation mit den Programmen mehr (über die Privaten muss ich hier ja nichts schreiben, darum geht es hier auch nicht).
Ich musste "fremd" hören und weiß von vielen anderen von damals noch, dass sie das auch taten oder mit dem Radiohören aufhörten. Ich habe Kassetten-Tauschringe erlebt für bestimmte Sendungen. Ich habe auch erlebt, dass jemand in Hamburg via Satellit auf Radio Bremen eine Sendung (die gibt es auch nicht mehr) mitgeschnitten hat, Woche für Woche, um sie dann jeweils auf CD zu brennen und einem Freund nach Sachsen zu schicken - Woche für Woche (möglicherweise hat er monatsweise gebündelt, ist lange her). Die Leute wollten Inhalte und bekamen sie nicht mehr.
Via Satellit war ab ca. 1995 "Fremdhören" zwar relativ leicht möglich, via Kabel ab 2005 ebenso, aber durch Einstellung wertvoller Sendungen und Inhalte auch bei den anderen Anstalten wurde dieses Fremdhören immer weniger ergiebig. Teils sind ganze Programme verschwunden, die etwas Eigenes, Unverwechselbares darstellten - Radio Multikulti beispielsweise oder hr XXL.
Am Ende war ich vom Popfunk komplett weg und hatte mit Bayern 2 ein sehr geschätztes "Default-Kulturprogramm" gefunden, angereichert durch einzelne, ausgewählte Sendungen auf anderen ARD-Kulturwellen und auf NDR Info. Letzteres entfiel mit der Verschiebung auf NDR Blue (nachdem die Sendungen, die ich gerne gehört hatte, auf halbe Sendezeit gekürzt wurden und einer der von mir gehörten Autoren seinen Vertrag gar nicht verlängert bekam, verlor ich die Lust daran und stellte etwas später fest, dass ichs gar nicht mehr nutze).
Mit ersterem war Ende 2021 Schluß. Nachdem die ARD am 14.12.2021 die Hörfunkverbreitung via DVB - das war der Weg für das technisch hochqualitative "Fremdhören" - trotz zeitiger (3/2019!) Warnung vor den Konsequenzen und trotz
Petition vom hoch kompatiblen Broadcast-Standard MPEG 1 Layer II auf den im deutschsprachigen Raum völlig ungebräuchlichen Codec LC-AAC umgestellt hatte, schwieg mein ausschließlich für Radio genutzter HDTV-Satreceiver (einen TV besitze ich nicht) in meiner Wohnung ebenso wie am Heimatort der dort von mir genutzte DVB-Kabelreceiver und auch die Umsetzungen wichtiger Programme (Bayern 2, BR Klassik, SWR 2, WDR 3, hr 2, rbb Radio Eins, NDR Info, NDR Blue, COSMO) ins dortige Kabelnetz schwiegen - und schweigen bis heute. Da läuft nach wie vor soweit mir bekannt 21 mal öffentlich-rechtliches Schweigen mit RDS-Namensnennung dessen, was dort einst gesendet hat.
Bundesweit sind soweit mir aus Branchenkreisen bekannt allein mehrere hunderttausend maximal 3-4 Jahre alte DVB-Kabelradios auf diesem Wege zum Schweigen gebracht worden, die Besitzer konnten dann meist durch "Lösegeldzahlung" ein Geräteupdate erwerben, um weiterhin ARD-Hörfunk nutzen zu können. Dazu kommen auch viele weitere entwertete Geräte, für die es keine Rettung gab.
Da war dann halt Schluß. Ich hatte das nicht vorab beschlossen (ich war bis Dezember 2021 sogar noch im Versuch, mit einer aufwendigen und teuren technischen Lösung die UKW-Auskabelung der genannten und weiterer 12 ARD-Hörfunkprogramme im heimischen Regionalkabelnetz fortsetzen zu können), es hat sich am Ende ohne mein aktives Handeln so ergeben. Ich kann ARD-Radio nicht mehr ertragen, da kocht noch heute die Wut hoch. Die Umstellung auf AAC wurde von der ARD zudem mit Falschaussagen begleitet - nach innen und auch nach außen. Sehr unwürdiges Verhalten, ein für mich bemerkenswerter Tiefpunkt in der Kommunikation eines "Dienstleisters" an seine "Auftraggeber" und "Finanzierer".
Diese vorsätzliche, weder technisch noch finanziell nötig gewesene Schädigung der treuesten Hörfunknutzer mussten selbige auch noch aus ihrem Rundfunkbeitrag bezahlen (bzw. finanzieren das Gehalt der dafür Verantwortlichen wohl auch heute noch). Ich halte das für eine Demütigung, bei der mir die anständigen Worte fehlen. Ich will mit meinem Rundfunkbeitrag niemanden finanzieren, der den öffentlich-rechtlichen Rundfunk schädigt, weder auf inhaltlichem noch auf technischem Wege.
Irgendwie hat sich da der Rest meiner Selbstachtung gemeldet und weiteren Demutsbekundigungen meinerseits einen Riegel vorgeschoben. Das wars halt. Ich muss mich nicht auch noch am Nasenring durch die Manege führen lassen.
Blicke ich zurück auf über 30 Jahre eigene Erfahrung mit dem ARD-Hörfunk, kann ich nur eine Tendenz erkennen: Verflachung, Banalisierung, Ausrichtung als Konkurrenz zum Privatfunk, Entfernung der Berücksichtigung vieler kultureller Nischen, Entfernung von Sendungen / Inhalten / Stimmen mit "Identifikationspotential". Dazu halt noch Fehlentscheidungen bis hin zum Anrichten eines massiven finanziellen Schadens bei denen, die gezielt ARD-Hörfunk nutzten.
Wie soll ich - ausgegend von 30 Jahren selbst Erlebten - in irgend einer Weise noch daran glauben, dass die Entscheidungen, die jetzt aktuell getroffen werden, zu einer Gesundung des ARD-Hörfunks führen könnten? Wie, zumal sowohl von Herrn Buhrow als auch von Herrn Gniffke schon geäußert wurde, dass man bei der Hörfunkkultur (bzw. den Resten davon) ansetzen werde zwecks weiteren Abbaus?
Dass ich mich überhaupt noch hinsichtlich ARD zu Wort melde, kommt aus einer ganz merkwürdigen "inneren Spaltung": eigentlich halte ich einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk heute für wichtiger denn je. Da ist dieses komische Gefühl, dass es ohne ARD noch mehr Fake-News-Gläubige, noch mehr Wissenschafts- und Realitätsleugnung, noch mehr Kulturlosigkeit, noch mehr Hass und Hetze in der Gesellschaft gäbe als mit wenigstens den Resten an gutem öffentlich-rechtlichen Inhalt, den die ARD heute noch bietet. Auch wenn ich "raus" bin aus den oben dargelegten Gründen, halte ich eine starke ARD weiterhin für nowendig - ich habe ganz klar Angst vor einer noch weiter verrohenden Zivilgesellschaft. Ich sehe jetzt schon meine Heimatregion mit einem Bein im Abgrund stehen und bin froh, meine eigene Wohnung woanders zu haben.
Also muss ich sagen: Finger weg von Bayern 2 als Gesamtprogramm! Finger weg von der Substanz in den anderen ARD-Kulturwellen! Kooperation zum Zwecke der inhaltlichen Aufwertung der Programme - also Übernahme wertvoller Sendungen anderer Anstalten, ohne eigene wertvolle Sendungen zu verdrängen - sehr gerne. Und vor allem beim Popfunk: Wiedereinführung einer den öffentlich-rechtlichen Status rechtfertigenden Qualität (beim MDR-Popfunk: Einführung einer solchen Qualität überhaupt, denn weder MDR Life noch MDR Jump waren bzw. sind erkennbar öffentlich-rechtlich). Wenn in diesem Zusammenhang längere Sendeschienen von Popwellen zusammengelegt werden zum Wohle der inhaltlichen Qualität - ebenfalls sehr gerne.