@yra: Wenn Du immer nur die Urteile des Verfassungsgerichts - wie sich das für einen öffentlich-rechtlich bestellten Wandzeitungsredakteur gehört - anführst, um die Existenzberechtigung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks als (praktisch von Gott) gegeben herauszustellen, wird alsbald niemand mehr mit dir reden wollen. Das muß dir doch langsam auch selbst auffallen. Fällt Dir wirklich nix besseres ein? Schwach.
Ich habe hier im Forum um 2008 herum das Ende des ÖRR in etwa 15 Jahren prognostiziert. Damals war die Welt (auch für den ÖRR) noch einigermaßen in Ordnung. Meine Prognose fußte also nur auf Annahmen bezüglich der überbordenen Kostenentwicklung. Wie wir heute wissen, hat sich beispielsweidse das ZDF nicht an die Vorgaben der KEF gehalten und 300 Stellen geschaffen, beim rbb gab es gleich einen ganzen Schwung von Mitarbeitern, die ganz tief in der Buchführung versteckt waren. Praktisch sittenwidrige Versorgungsverträge waren (und sind) an der Tagesordnung.
Entschuldigung, wer will hier eigentlich wen verarschen, wer tanzt hier wem auf der Nase rum? Und wer ist der Chef? Die KEF ist jedenfalls schon wachsamer geworden. Die Öffentlichkkeit auch.
Ich halte nichts von den Forderungen, die hier vereinzelt auftauchen. Aber wie ich schon schrieb, kann nur die Politik den "Auftrag" ändern und endlich auf eine "Grundversorgung" zurechtstutzen. Es wird allerhöchste Zeit, denn rund 8,5 Mrd. Euro pro Jahr sind echt an der Grenze des vermittelbaren. Wenn die Politik nicht eingreift, denn der "Grundversorgungsbogen" ist längst völlig überspannt, wird halt der Souverän über die kommenden Wahlen eingreifen und Entscheidungen forcieren.
Ich kenne die Zahlen, möchte aber zunächst die KEF zitieren.
[Tz. 742] Eine quantitative Darstellung des Telemedienangebots ist nach Angaben der Anstalten nicht möglich, da entsprechende Kenngrößen – etwa die Zahl der in den Mediatheken und auf anderen Plattformen vorgehaltenen Sendeminuten – den Anstalten nicht vorlägen. Dies gestalte sich u. a. durch die Unterschiede der einzelnen Plattformen sowie Neu-Konfektionierungen linearer Inhalte für die Online-Nutzung schwierig. Vielmehr sei eine Betrachtung der Kennzahlen zur Nutzung maßgeblich. In der Auswertung und Analyse der Anstalten stehe somit nicht das Angebot als bereitgestelltes Volumen im Mittelpunkt, sondern die Nutzung, also das Sehvolumen und damit die Zeit, die die Nutzer mit den Inhalten verbringen.
Ziel des ÖRR ist es also offensichtlich, daß sich möglichst jeder "Hansl" so lange wie möglich auf der "Plattform" ("The platform", werbetechnisch gemeint wie wie der Slogan "Volkswagen - Das Auto") rumtreibt, egal was er dort konsumiert. Man bemüht sich gerade krampfhaft und mit enormen Anstrengungen, die Plattform mit "Content" zu füllen. Aber eben so wie ein SEO einer Website, der "Content, Content, ich brauche Content!" schreit, um die zu bewerbende Website (für Suchmaschinen) attraktiver zu machen. Alles was die Redaktionen ausspucken und igendwie verwertbar erscheint, wird auf Teufel komm raus in die Plattform gekippt.
Warum? Natürlich um Webetreibende von der Attraktivität der Plattform zu überzeugen. Aber Werbung natürlich nicht mit der Gießkanne nach "Zielgruppen" (so wie im linearen Fernsehen), sondern zielgenau und personalisiert. Natürlich anonymisiert. Die "richtigen" Daten fallen aber trotzdem an und wecken Begehrlichkeiten Dritter. Und bitte, die Vergangenheit lehrt: Alles was technisch möglich ist ("Big Data") wird auch gemacht. Daten fallen an und nichts wird vergessen. Also bitte später nicht wundern, wenn ihr mit 35 keinen Kredit bekommt. Schlechter Score, weil in der Mediathek zu viele Beiträge zum Thema "Krebsheilung" angeschaut wurden und ihr aber eigentlich nur Medizin studiert habt und euch informieren wolltet.
Rundfunk war und ist über terrestrische Verbreitungswege eine Einwegveranstaltung - praktisch völlig anonym. (Ja, man kann ín der Nähe des Empfängers die ZF aus dem Empfänger nachweisen und auf den gehörten Sender schließen.) Diese Anonymität wird mit dem Streaming aller Art praktisch aufgegeben. Aber das nur nebenbei und als Vorschau auf die Welt von morgen.
[Tz. 84] Die Kosten für die Verbreitung von Programmen über IP-Netze steigen hingegen weiter an. Dies ist maßgeblich begründet im weiteren Anstieg der Nutzungszahlen, insbesondere der nicht-linearen Angebote. Laut Video Trends 2023 der Landesmedienanstalten nutzen derzeit 20 % der Haushalte IP-Netze als Übertragungsweg für den TV-Empfang. Der Aufwärtstrend führt zu weiter steigenden Kosten für die IP-Verbreitung. Die im 22. Bericht (vgl. dort Tz. 103) festgelegte Begrenzung des jährlichen Kostenanstiegs auf maximal 15 % pro Jahr wird weiterhin angewendet.
Das, was wir im Moment bezüglich der Nutzung der Mediatheken sehen, sind noch Peanuts. Sollte die "ARD-Vision" von der größten Stramingplattform Deutschlands auch nur teilweise Realität werden, sind die veranschlagten 100 Mio Mehrausgaben für die IP-Verbreitung bis 2028 etwas zu gering kalkuliert.
Der MDR scheibt im Januar 2024 beispielsweise:
Die Nachfrage nach Videoinhalten des MDR in der ARD Mediathek oder auf mdr.de wächst. Rund 190 Millionen Abrufe im Jahr 2023 bedeuten ein Plus von mehr als 25 Prozent im Jahresvergleich. Auch die Wiedergabedauer erhöhte sich deutlich: 63 Millionen Stunden entsprechen einem Zuwachs von fast 22 Prozent.
Die digitale Nutzung von MDR-Angeboten wird immer beliebter – sie hat 2023 erneut stark zugenommen.
www.mdr.de
Ich denke wir sind uns einig, daß die "Wiedergabedauer" praktisch Traffic bedeutet. +22% in einem Jahr beim mdr. Der Trend ist eindeutig (und mag bei anderen Anstalten geringer sein) und sagt mir, daß die Rechnung mit den 100 Mio. möglicherweise nicht aufgeht.
KEF-Quiz: Welche ARD-Anstalt hat den höchtsten Anteil an festen Mitarbeitern, die im Bereich "Wasser..." - ähm - "Administration" (also nicht irgendwie mit "Programm machen") beschäftigt sind?