Media-Analyse 2013 Radio I: Reaktionen und Meinungen

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Geht es nicht in erste Linie um jobsichernde Verlagerung der Programmverantwortung nach außen?

Der Grund für die unumschränkte Machtfülle externer Planungsbevollmächtigter ist systembedingt. Ein Programm, das ein klares musikalisches Profil hat braucht keinen neunmalkklugen Berater, der ihm bei der Musikauswahl in die Suppe spuckt und alles besser weiß. In Deutschland (und Österreich) ist das anders.

Ein Consulter ist üblicherweise für die Optimierung der Gesamtabwicklung zuständig (hier kann ein guter Berater viel bewirken) und Researches sind ein wirksames Instrument für die Bewertung von Musiktiteln auf ihre populäre Breitenwirkung und Einsatzfähigkeit. Das letzte Wort sowie die Entscheidung über die Programmausrichtung hat in einem funktionierenden Radiomarkt immer der Sender oder Eigentümer (Senderverbund) selbst.

In Deutschland haben wir es hingegen mit einem Popanz von Vorfeldinstitutionen zu tun, die die Sender über den Umweg der Media-Analyse knechten, fremdbestimmen und vor vollendete Tatsachen stellen. Letztlich entscheidet allein der von den beherrschenden Verlagen getragene Agenturbetrieb über die wirtschaftliche Situation der Radiostation, die Berater wiederum bringen die finanziell abhängigen Sender auf Linie. Ein Sender ohne Verlagsbeteiligung hat da von Anfang an ganz schlechte Karten und muss sich den herrschenden Bedingungen bereitwilligst unterordnen, so er denn überleben will. Die Verlagsradios selbst haben ganz konkrete Zielvorgaben, die sich mit den Interessen der Printwerbung nicht überschneiden dürfen.

Weil die deutsche Radiolandschaft über Jahre ein geschlossenes System war konnten sich auch keine Innovationsimpulse auswirken, zumal der fehlende Wettbewerb einzelner Sender im Kampf um Werbekunden und Zielgruppen ausblieb (das liegt an der Reglementierung und Kartellbildung) und die eigentlich entscheidenden Kräfte im Vorfeld des Radios dank ausbleibender Konkurrenz keine echte Fachkompetenz oder gar Kreativität beweisen mussten, beides notwendige Voraussetzungen für die Bereitstellung attraktiver (weil konkurrenzfähiger) Radioangebote.

Selbst im öffentlich-rechtlichen Betrieb hat man sich längst diesen Spielregeln unterworfen, keiner muckt mehr auf.
 
Geht es nicht in erste Linie um jobsichernde Verlagerung der Programmverantwortung nach außen?
Jobsichernd für den Berater? Aber sicherlich nicht für die betroffenen Mitarbeiter...
Geht doch eher um die maximale, kurzfristige Erfüllung der Renditeerwartungen von teilweise anonymen Eigentümergruppen die von der Materie selbst gar keine Ahnung haben (und deshalb sich auf "Berater" stützen, weil die nicht aus Versehen befangen sind, Mitarbeiterinteressen zu beachten).
Deshalb sind Stationen, die einer überschaubaren Anzahl von mit der Materie regional verbundenen Einzelpersonen gehören, sicherlich eher beratungsresistent und hören dann auch auf die Mitarbeiter... Aber die werden dann vom Mainstream als Krauter, Paradiesvögel u.ä. belächelt...
 
Gemeint ist die Jobsicherung für Geschäftsführer und Programmchefs. Wenn ein beratergetriebener Relaunch zu bessern MA-Zahlen führt, dann waren es die Herrschaften selbst und gewähren sich ihre Jahresprämie, wenn die Zahlen schlechter werden, dann waren es die Berater und werden ausgetauscht gegen die nächsten (die den gleichen Sermon verkaufen).
 
So war das eigentlich auch ganz eindeutig zu verstehen.

Es wirft allerdings eine sehr grundsätzliche Frage auf: Es ist vollkommen legitim wenn man sich Hilfe sucht wenn man mal in einer Situation nicht weiter weiß. Wenn man seinen Job allerdings ausschließlich mit der Unterstützung anderer verrichten kann, die einem dann jeden Handgriff vorerzählen, muß man sich schon fragen lassen, ob man auf dem richtigen Sessel sitzt.
Ein gelernter Metzger wird schließlich auch nicht plötzlich eine Bäcker aufmachen, nur weil es im Spaß macht. Aufs Radio übertragen: Wenn jemand keine Erfahrung und Gespür für Musik/journalistische Themen/das Interesse des Publikums hat, was treibt einen dann dazu einen Sender leiten zu wollen?
 
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