AW: [Grammatik:] „wart“ oder „ward“?
Wenn dann allerdings ein ÖR-PD sinngemäß verlauten lässt, dass "gepflegte Sprache" im Radio zumindest für jüngere Zielgruppen einen "Ausschaltimpuls" darstellt, kann man schon ins Grübel kommen...
Sicherlich gibt es für diese Aussage auch eine Statistik, die das untermauert.
Ich möchte trotzdem dagegen halten.
Sowohl zitierter PD wie auch ich sprechen mit Sicherheit nicht mehr in der Art und Weise, wie wir das als Heranwachsende getan haben. Wir haben uns sprachlich weiter entwickelt, und dafür muss es ja einen Grund, ein Fundament geben.
Die Verwendungshäufigkeit des Wortes "geil" ist bei mir aktuell nicht mehr so ausgeprägt wie bspw. Mitte der 80er, als ich rein formaljuristisch als erwachsen zu bezeichnen war. Meine gesellschaftlichen wie politischen Ansichten unterliegen ebenso einem Wandel wie meine Art zu sprechen, zu schreiben - und zu hören.
Das beeinflusst dem entsprechend dann auch die Wahl der von mir gehörten Radiosender.
Wer auf eine bestimmte Art und Weise angesprochen werden möchte, findet sich am ehesten in entsprechenden Nischenprogrammen wieder, die aber auch sprachlich keinen Unsinn treiben sollten. Slang: Ja, falsches Deutsch: Nein.
Eben, in einem kleinen Einzelhandelsgeschäft: Ein kleiner Junge, möglicherweise fremdländischer Abstammung, aber mit guter Aussprache: "Wo ist Schere?" Es hat ihm einfach keiner
vorgelebt, dass "die Schere" korrekt wäre. Bestimmt kann er es und er würde es auch sprechen - wenn seine Umgebung auch so sprechen würde.
Und da sind wir bei einer Vorbildfunktion des Radios: Es muss ja nicht hochgestochen sein, aber eben korrekt. Irgendwann später zündet nämlich diese Zeitbombe der ordentlichen Sprache (wie bei mir oder besagtem PD). Dafür lohnt es sich.
Die kurzfristige Denke "Wenn ich nicht so spreche wie meine Hörer, verliere ich Marktanteil" ist fehl am Platze. Nochmals: Es geht dabei nicht um den Slang, sondern die Verwendung eines korrekten Deutsch (mit oder ohne -s?).
Wer das nicht hören will, schaltet sowieso nicht ein. Aber auf diesen Abschaltimpuls muss das Radio, zumindest das ö-r, verzichten können.
Mein Horrorszenario: In frühestens zehn Jahren reden die Menschen so, wie die Züge im Frankfurter Hauptbahnhof angekündigt werden - computerisiert.
Grauenhaft.
Als versöhnliches Gegenbeispiel sei erwähnt, dass sich die sehr merkwürdige "Auslandskorrespndenten-Sprache" aus den Siebzigern bis Anfang der Achtziger
nicht durchsetzen konnte. Sie erreichte wohl auch zu wenig Menschen - was im Gegenbeispiel mit den Textbausteinen im Hauptbahnhof anders zu sehen ist (im Verkehrsfunk habe ich sie noch nicht gehört).
Bei der Gelegenheit: Walter Schumacher hatte, ganz früher, beim jungen SW
F3, mal einen Beitrag namens "Der Auslandskorrespondent" geschrieben und auch vertont. Hat noch jemand diesen Beitrag oder ggf. nur den Text (ist im ersten SWF3-Buch erschienen)?
Regt sehr zum nachdenken an .....
Doch, ich sehe das Radio in einer Vorbildfunktion. Abschaltimpuls hin oder her!
Gruß, Uli