Mischpult
(Update 15.11.2006: Marktübersicht)
Dies ist eine Frage, an der sich die Geister scheiden, da einerseits die Anforderungen, andererseits auch die Preisvorstellungen der einzelnen Benutzer weit auseinander scheren, teilweise mit unvereinbaren Randbedingungen. Dies ist der Versuch einer Aufarbeitung des Themas.
a)
Welcher Pulttyp?
Grundsätzlich lassen sich Mischpulte in drei Klassen einteilen:
Broadcast- oder
Rundfunkpulte, Pulte zur Aufnahme von Musik usw.
(Recordingpulte) und
DJ-Pulte. Was unterscheidet nun diese Typen?
- Rundfunkpult
- Hauptsächlich zur Tonwiedergabe
- Lange Reglerwege (um 100 mm)
- Signalisationsmöglichkeit (Reglerendkontakte, Starttasten usw.)
- Spezielle Signalführung zur eigentonfreien Rückversorgung externer Quellen ("Cleanfeed", "n-1" usw.)
- Reichlich vorhandene stereophone Kanalzüge (weil die meisten Zuspielgeräte stereophon arbeiten, außer Mikrofonen halt)
- Eher bescheidene Klangregelung in den Kanalzügen
- Evtl. eine integrierte Abörmatrix
- Recordingpult
- Hauptsächlich zur Tonaufnahme
- Daher überwiegend monophone Kanalzüge (nur wenige Instrumente geben Stereosignale ab)
- Umfangreiche Klangbeeinflussungsmöglichkeiten vorhanden
- Keine Signalisation
- Cleanfeed nur über Umwege (AUX-Wege) oder gar nicht erreichbar
- DJ-Pult
- Hauptsächlich zur Tonwiedergabe
- Wenige Kanalzüge, meist nur 2 x Mikro, 2 x Phono, 2 x Hochpegel (CD usw.)
- Eher bescheidene Klangregelung in den Kanalzügen
- Keinerlei Cleanfeed möglich
- In der Regel keine Signalisation
- Crossfader
Grundsätzlich: Tonquellen mischen können alle Pulte
irgendwie. Das heißt aber nicht, daß alle Pulte gleichermaßen für jeden Zweck geeignet sind.
Da wir hier im Radioforum sind, geht der Autor davon aus, daß auch ein Pult für ebendiese Anwendung, nämlich Radiosendungen zu produzieren, gesucht wird. Wer sich ein wenig ernsthaft mit der Materie beschäftigt erkennt, daß ein Pult zu diesem Zweck besondere Eigenschaften aufweisen muß:
Beispiel: Selbst gefahrene Musiksendung (der häufigste Einsatzzweck für kleinere Unterhaltungsstationen und Webradios).
Hier ist der Moderator mit mehreren Dingen gleichzeitig beschäftigt: Einerseits muß (sollte) er möglichst sinnhaltig moderieren, andererseits muß er für den korrekten technischen Ablauf der Sendung sorgen. Beides geht nur, wenn die Pultoberfläche übersichtlich und glasklar gegliedert ist, also: Ausreichend seitlicher Abstand zwischen den Reglern (ein Rastermaß von 40 mm ist hier optimal), und so wenige "Knöpfe" wie möglich (!). Gerade letzteres stößt Augenkäufern immer wieder sauer auf, jede Unübersichtlichkeit ist aber Gift für eine flüssige Sendung.
Die Startfunktion der Zuspielgeräte (Sendeablaufsteuerung, CD-Spieler usw.) soll fernbedienbar sein, zumindest mittels eigener Starttaste unter oder über dem Regler ("Buttonstart"), besser beim Öffnen des Reglers mittels Reglerendkontakt ("Faderstart"). Herumsuchen am jeweiligen Gerät und dortiges Starten (meistens während einer Moderation, es sei hier nochmal angemerkt) führt früher oder später zwangsläufig zu Fehlbedienungen.
Die einzelnen Zuspielgeräte sollen übersichtlich auf jeweils einen Regler geschaltet sein. Seltener genutzte Geräte (z.B. DAT, DVD, Cassette usw.) können dabei zwar auf den (umschaltbaren) zweiten Eingang eines Kanalzuges gelegt werden, dies bringt aber in der Regel Schwierigkeiten mit den Startfunktionen mit sich. Daraus ergibt sich die Mindestanzahl der Kanalzüge. (Zwei monophone Kanalzüge können keinesfalls als Ersatz für einen Stereo-Kanalzug eingeplant werden. Dies ist, wenn überhaupt, allerhöchstens ein Notbehelf!) Die Zuspielgeräte müssen vorgehört werden können und sollen übersichtlich auf den Abhörweg geschaltet werden können.
Beim Öffnen des Mikrofons müssen die Abhörlautsprecher ("Monitore") stummgeschaltet werden, anderenfalls es wilde Rückkopplungen gibt. Gleichzeitig sollte ein gut sichtbares rotes Licht aufleuchten. Geht nur mit Reglerkontakt.
Weiters soll in einer Sendung z.B. ein Anrufer aufgeschaltet werden. Dies ist nur möglich, wenn für den (benötigten) sog. Telefonhybriden eine eigentonfreie Rückleitung zur Verfügung steht! Das heißt, daß der Anrufer das gesamte Programm hören soll außer seiner selbst, anderenfalls Echoeffekte bis hin zur Rückkopplung auftreten.
Allein dieses eine Beispiel zeigt, daß für einen vernünftigen Sendungsablauf ein speziell dafür zugeschnittenes Pult die erste Wahl sein muß. Bei Recordingpulten fehlt in der Regel der Cleanfeed (oder ist nur über Umwege erreichbar), es hapert an der Übersichtlichkeit, und eine Signalisationsmöglichkeit ist nicht vorgesehen - diese sind also nicht zu empfehlen. DJ-Pulte haben schlechterdings zu wenige Eingänge und scheiden schon aus diesem Grund aus. Außerdem haben sie keine Cleanfeed-Möglichkeit. (Es ist aber durchaus zu erwägen, ein solches Pult einem Eingang des eigentlichen Sendepultes vorzuschalten, wenn spezielle DJ-Sendungen gefahren werden sollen.)
(Insbesondere für Webradios besteht noch die Möglichkeit, zumindest die Ausspielwege der Sendeablaufsteuerung im Rechner selber mittels einer virtuellen Pultoberfläche zu mischen. Damit lassen sich bis zu drei Kanalzüge sparen - möglicherweise reicht demjenigen dann ein DJ-Pult aus, es bleibt aber mindestens das Problem der Zuspielung von CD und der Telefon-Rückversorgung. Außerdem spielt sich der Sendungsablauf auf zwei physisch getrennten Geräten ab, ein klares Minus für die Ergonomie.)
b)
Analog oder digital?
Hierzu der Benutzer
Radiowaves in einem einschlägigen Thread:
Für Dich als Pultbediener macht es fast keinen Unterschied, ob Du mit ner digitalen oder ner analogen Konsole die Sendung fährst. Digitalpulte sind ab einer bestimmten Ausbaustufe und Komplexität (vernetzte Funkhäuser) halt heute doch kostengünstiger als riesige Analoganlagen, schon von der Verkabelung her. Und Du hast mehr Freiheiten bei der schnellen Konfiguration. Man kann "mal eben schnell" (wenn man darf) die Fader umbelegen, wie man es gerne hätte. Und zwar, ohne irgendwo Kabel rausziehen zu müssen. Einfach so, per Knopfdruck und Knöpfchendreh.
Probleme können beide Varianten machen: die analogen haben halt Brummschleifen, wenn irgendwo was mit der Verkabelung nicht stimmt, die digitalen zicken dann halt, wenn der Haustakt Störungen hat. Sendebetriebsreife haben sowohl ausgereifte Analogpulte (klar, womit wurde denn sonst die letzten Jahrzehnte gesendet?) als auch Digitalpulte. Und klanglich wirst du als Hörer auch keinen Unterschied feststellen.
Entscheidend ist für Dich vermutlich doch der Einstiegspreis. Eine digitale Konsole mit halbwegs brauchbarer Auslegung kostet knapp 10.000 Euro, so der hier mal veröffentliche Preis des
Klotz Xenon stimmt. Viel weniger geht nicht - dann wird es nicht mehr praxistauglich. Und die ist dann auch nichtmal vernetzbar, sondern halt eine Insellösung, bloß eben mit digitaler Signalverarbeitung im Inneren. Eine gut erhaltene Analogkonsole (Studer, EELA, Dateq, D&R, Pacific), an der Du vielleicht bissl was reinigen oder im Extremfall die Fader wechseln mußt und dann spielt sie wieder, ist deutlich günstiger zu bekommen. Man versteht ihre Funktion auch, ohne IT-Techniker gelernt zu haben und kann kleinere Reparaturen eventuell sogar selbst ausführen. Bei digitalen Konsolen dürfte das schwer möglich sein. Die Einstiegshürde ist - sowohl, was know how als auch was Gerätepark zur Reparatur angeht - zu hoch. Oder bist Du ausgebildeter Mikrocontroller-Designer und -Programmierer mit der Fähigkeit, zu Hause BGA-Chips zu löten?
c)
Marktübersicht:
Um es vorweg zu sagen: Ein rundfunktaugliches Pult gibt es leider
nicht für kleines Geld. Zur Zeit (Ende 2006) beginnt die Preisskala für halbwegs rundfunktaugliche Pulte bei etwa 2.000 Euro. Hier ist die Industrie gefragt, im Zuge der sich immer weiter ausbreitenden Webradios bezahlbare, zweckmäßige Geräte für den Heimbenutzer bereitzustellen.
Benutzer
Radiowaves hat eine Übersicht zusammengestellt, die, leicht angepaßt und um einige Punkte ergänzt, hier wiedergegeben ist:
Einige sind noch neu erhältlich, einige hingegen nicht. Die sieht man dann ab und an auf eBay. Wer aus Beschreibung und Fotos nicht in etwa ableiten kann, wieviel das noch wert ist und ob man besser die Finger davon lassen sollte, schreibt das ins Forum. Bei ernsthafter Kaufabsicht freilich nicht offen, sondern als PM an jemanden, der sich damit auskennt. Wer sich auskennt, das merkt man, wenn man hier paar Monate mitgelesen hat oder zurückblättert.
Behringer:
Das Einsteigerpult für Heimbenutzer, das DX1000, wird inzwischen leider nicht mehr hergestellt. Es bot für deutlich unter 1.000 DM halbwegs akzeptable Pultoberfläche und Anschlußmöglichkeiten. Nachteile: Als aufgepepptes DJ-Pult immer noch zu wenige Eingänge, kein Cleanfeed (?), nur Buttonstart (Rotlicht!). Weiters bietet Behringer zur Zeit lediglich DJ- und Recordingpulte an.
D&R:
Ich hatte mal mit einem D&R
Airmix zu tun, das war ok, wenngleich die Starttasten über den Reglern ungewöhnlich waren. Etwas größer ist das programmierbare
Airlab, das ein Freund in
Hamburg im UKW-Sendebetrieb benutzt und das glaube ich auch bei einem Berliner Kollegen hier ausm Forum zu Hause steht.
Das kleine Airmate gilt als Einstieg in benutzbare Sendepulte überhaupt und geht für kleinere Projekte (Veranstaltungsfunk, Außenübertragungen etc.) voll in Ordnung. Kosten des Airmate etwa 2.000 Euro.
Dateq:
Unverwüstliche Arbeitspferde, klar verständlich und auf Wunsch auch individuell programmiert, denn das
BCS70 ist zwar im Signalweg analog, aber die Logikschaltungen zur Steuerung sind halt digital. Kosten dafür je nach Konfiguration 5.000 bis 10.000 Euro. Für kleineres Geld: das
BCS50 oder das
BCS25, letzteres bis 4.000 Euro. Eine Sonderstellung nimmt das eigentlich als umfangreiches DJ-Pult konzipierte
GPM8.3 ein. Es bietet 8 Kanalzüge, die jeweils 3 Quellen verwalten können - reicht bei voller Ausnutzung also für 8 (!) Mikrofone, 13 Stereo-Line-Eingänge und 3 Stereo-Plattenspielereingänge, von denen freilich nur immer 8 gemeinsam genutzt werden können. Vorhören der Quellen ist ebenso möglich wie Reglerfernstart, letzterer aber nicht umschaltbar für die 3 Anschlüsse eines Kanalzuges. Somit wäre eine sinnvolle Kanalbelegung z.B. 2 Mikrofone mit Rotlicht-Möglichkeit (womit man auch eine Monitor-Stummschaltung basteln könnte), 2 Plattenspieler und 4 Line-Eingänge - genug für 4 Ausspieler aus einer Sendesoftware. Oder alternativ z.B. 1 Mikrofon, 4 PC-Ausspieler, 2 CD-Player und eine weitere Stereoquelle. Weiterhin an Bord: 48 Volt Phantomspeisung für Kondensatormikrofone und eine Clean-Feed-Schaltung im Pult, wodurch der Anschluß eines Telefonhybriden möglich wird. Mit dieser Vollausstattung kann das Pult durchaus für ambitionierten Webradio-Einsatz genutzt werden. Der Haken an der Geschichte ist allerdings der Preis: mindestens 2.500 Euro sind für ein Neugerät fällig - dafür bekommt man schon locker ein D&R Airmate und etwas Zubehör.
EELA:
Nahezu unverwüstliche Arbeitstiere, die
S440 wurden z.B. beim ORB/RBB jahrelang als Sendepulte von Fritz, Radio Brandenburg und später Radio Eins verwendet, siehe
hier,
da und
dort. So lange, bis die Handballenauflage vor dem Pult zerbröckelt war wie ein alter Fahrradsattel. Wenn Dir ein gut erhaltenes 440er oder
340er über den Weg laufen sollte, unbedingt darüber nachdenken. Das Schöne an den Teilen ist, wenn ich jetzt nichts durcheinanderbringe, die konsequente Verkabelung mit normalen XLR-Buchsen. Also mußt Du keine Adapter auf Stecker aus einem anderen Planetensystem löten, wenn Du Geräte ans Pult klemmen willst. Es gibt auch noch kleinere EELAs, über die ich jetzt nicht viel sagen kann.
Hier sind sie alle gelistet.
Pacific:
Das gute alte Pult von PR&E gibt es z.B. beim Kollegen
Hinztriller zu bestaunen - in Bestzustand. Und selbst landesweite Private nutzen es noch, z.B.
Landeswelle Thüringen. Auch bei N-Joy in Hamburg war ein solches Pult über 10 Jahre im Einsatz - und sah am Ende auch entsprechend aus. Nachteil: Molex-Stecker-Löten bis zum Umfallen. Aber das haben andere auch überlebt.
TFE:
Falls Dir ein TFE-Pult über den Weg läuft und es stereo und sendefähig ist - zuschlagen! Kann ich jetzt guten Gewissens schreiben, denn ein Freund von mir hat jetzt sein zweites TFE und sucht kein weiteres mehr.
Studer:
Die
970er Pulte liefen auch bei einigen ARD-Wellen im Selbstfahrbetrieb (z.B. bei Bayern 3, habe ich selbst noch im Einsatz erlebt). Wenn einem so etwas in passender Ausbaustufe bei eBay oder anderswo über den Weg läuft, sollte man darüber nachdenken.
Soundcraft:
Nicht die Geräte, die Conrad Electronic unter diesem Namen verkauft hat, sondern die der professionellen Soundcraft-Marke. Soundcraft bietet bekannte Recordingpulte, aber auch analoge und digitale Rundfunkpulte an, von denen es einige zu großer Popularität z.B. in Offenen Kanälen oder nichtkommerziellen Lokalradios gebracht haben. Beispiele sind die
Serie 15,
Serie 10,
RM105 und
RM100. Selbst innerhalb dieser Serien gibt es unterschiedliche Varianten, so existieren von der Serie 10 auch Versionen mit getrennten (rot/gelb) On/Off-Tasten unterhalb der Regler. Die Pulte sind alle modular und können entsprechend den Anforderungen bestückt werden. Anstelle der Zeigerinstrumente für die Aussteuerung kann man auch Versionen mit LED-Ketten erhalten. Leider ist Soundcraft ein Hersteller, von dessen Rundfunkpulten man mitunter negatives zu hören bekommt. Die Geschichten gehen von "Schlag beim Anfassen des Gehäuses bekommen" über "Kopfhörerstecker reingesteckt, es kracht und das Pult ist tot" bis zu harmloseren Ausfällen einzelner Kanalzüge aufgrund durchgebrannter Verstärkerschaltkreise. Das ist dann zwar Pfennigware, wenn man weiß, was zu tun ist, aber lästig ist es allemal und im ernsthaften Sendebetrieb intolerabel. Das RM105 von Tide 96.0 in Hamburg zeigt nach wenigen Jahren Verschleißerscheinungen an den Reglern, beim Series 10s des OK Jena knacken die Mikrofon-On/Off-Tasten beim Schalten, selbst wenn der Regler geschlossen ist. Allgemein sind die Pulte doch recht wartungsanfällig - zumindest nach meiner, Radiowaves', Einschätzung. Bei sachgerechter Nutzung (die meist schon gegeben ist, wenn es ausschließlich vom Besitzer genutzt wird) und bei guter Pflege würde Radiowaves so ein Pult aber auch privat in Erwägung ziehen, wenn es in gutem Zustand und zu günstigem Preis angeboten wird. Wenn Bürgerfunker damit seit 10 Jahren leben, sollte einer privaten Nutzung über längeren Zeitraum auch nicht viel im Wege stehen. Die Pulte sind vom Handling her (besonders bei Versionen mit On/Off-Tasten unter den Reglern) nämlich durchaus angenehm und ergonomisch gestaltet.
Alice:
Die Konsolen von
Alice haben es teilweise auch in Deutschland in den UKW-Sendebetrieb gebracht. Wenn solche Geräte angeboten werden, spricht freilich auch nichts dagegen, Erhaltungszustand und Features zu prüfen und dann eventuell zu kaufen - oder eben auch nicht.
Daneben gibt es noch mannigfaltige Exoten (Überschall...), die hier aus naheliegenden Gründen nicht aufgeführt werden können, sowie altes Rundfunkmaterial (Neumann, Siemens, Telefunken usw.), das sich nur für den Bastler mit Fachwissen eignet, und digitale Pulte wie von
Lawo,
DHD oder Klotz, die mit nach oben offenen Preisen von locker über 20.000 Euro jegliches private Kostenbudget sprengen.
Gruß
TSD