AW: Kastrierte Musiktitel – hab' ich was verpasst?
Schlimm daran ist, dass die Sender denken, ihrer Hörer seien blöd und merken den Zauber nicht...
Leider nicht ganz zu Unrecht.
Du musst da zwischen Hörer und Hörer unterscheiden.
Sieh' mal, wir (und das von uns beeinflusste Umfeld) hören vermutlich ganz anders als "der Hörer".
Neulich bin ich mit einer Bekannten mächtig über das Thema Musikbetten, vernuschelte Verkehrsdurchsagen - und eben auch "mehr Musik" - aneinandergeraten. Die WILL das so, die findet das GUT. Weil sie es nicht anders kennt bzw. im Laufe der Zeit so an diese Art Radio gewöhnt wurde, dass sie nichts vermisst.
Nachrichten? Nur störend. Wie das Wetter wird? "War eben in den Nachrichten." - "Ja, und, wie wird es?".
Es hört einfach keiner mehr hin. Der im Rekordtempo dahingenuschelte Verkehrsfunk wird während der Autobahnfahrt leiser gedreht, weil er die Unterhaltung stört, für die das Autoradio neben dem Fahrgeräusch eine weitere Lärmkulisse bildet.
Dass das Navigationssystem den über den TMC gemeldeten Unfall statt zwischen Langen (Hessen) und der BAB vielmehr in das hinter uns liegende, unfallfreie, Dreieich-Offenthal verfrachtete, sei nur am Rande bemerkt; vielen Dank für den Stau im Wald, liebes FFH.
Nicht anders ist es mit der meisten Musik, die die auch zu Hause nur noch als Untermalung wahrgenommene Geräuschkulisse einfach weiter bereichert - was ist schon schlimm daran?
Es ist die unterschiedliche Wahrnehmung - und eine enorme Arbeit, die Leute wieder zum HinHÖREN zu bewegen.
Besagte Bekannte war mal bei mir zu Besuch und wir haben, Tee trinkend, einfach nur Radio gehört. Und Tee getrunken. Sonst nichts. Entspannung nach einem anstrengenden Tag war nötig.
Ich hatte, einfach mal aus Lust und Laune, Main FM eingeschaltet (ein Sender, den sie bei sich nicht empfangen kann). Plötzlich, ganz unvermittelt: "Hey, die haben ja richtig gute Stücke, warum kann ich das nicht hören, die sind ja besser als harmony!".
Ich hätte mich fast verschluckt, nicht wegen des Urteils, sondern wegen der Erkenntnis: Die Frau kann ja Radio hören, sie kann sogar bewusst hören und urteilen!
Merke: Es ist nie zu spät - aber wir kämpfen gegen eine Übermacht an Nicht-Hinhörern.
Recht nachdenkliche Grüße