AW: Welle West – Wie geht es weiter?
Liebe Kollegen,
folgendes stand heute im aktuellen "DJV Journal", Ausgabe 1/07. Der Artikel ist etwas lang, vielleicht hat trotzdem jemand Interesse hier zu lesen.
Welle West vor dem Aus?
Das Wetter: Heute bleibt es meist trocken mit Temperaturen bis zu 5 Grad in Erkelenz und 4 Grad in Wassenberg. Und jetzt der aktuelle Verkehrsservice für den Kreis Heinsberg -Keine Staus. Allen unterwegs gute Fahrt!"
Kaum ein Radiohörer im Kreis Heinsberg kommt auf die Idee, dass er gar
nicht seinen Lokalsender Welle West eingeschaltet hat, wenn er das morgens im Radio hört. Seit dem 1. August wird nicht mehr aus dem Funkhaus in Aachen, sondern aus Oberhausen gesendet (JOURNAL berichtete). Welle West hat keinen Chefredakteur und auch keine Mitarbeiter mehr. Der Rahmenprogrammanbieter radio NRW macht für den Kreis Heinsberg das Programm- rund um die Uhr.
Geplant war das nur übergangsweise für ein paar Monate. Betriebsgesellschaft (BG) und Veranstaltergemeinschaft (VG) für den Kreis Heinsberg hatten ihren Vertrag gekündigt, Welle West selbst hat am 31. .Juli 2006 das letzte Mal gesendet. Radio NRW ist eingesprungen, damit im Kreis Heinsberg gesendet wird. Vielleicht ist es aber auch damit bald vorbei.
Die Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM) hatte diese Übergangslöaung gebilligt, obwohl sie im Landesmedienengesetz so nicht vorgesehen ist. Im Herbst hatte es nämlich noch so ausgesehen, als ob die Veranstaltergemeinschaft eine neue Betriebsgesellschaft gefunden hätte. „Wir wollten der VG die Chance geben, einen neuen Investor zu finden, ohne ein Loch entstehen zu lassen", sagt Dr. Jürgen Brautmeier, stellvertretender Direktor der LfM. Der mögliche Investor ist aber abgesprungen, die VG suchte weiter.
Keine Dauerlösung
Vor Weihnachten hat die LfM dann die VG im Kreis Heinsberg um eine Stellungnahme gebeten, wie es denn weitergehen soll. Dass radio NRW einspringt, sollte keine Dauerlösung sein. Die Veranstaltergemeinschaft hat der LfM Mitte Januar mitgeteilt, dass sie keine neue Betriebsgesellschaft gefunden habe. Deshalb wird die LfM jetzt ein Widerrufsverfahren einleiten, sagt Peter Widlok, Pressesprecher der LfM. Das heißt, die VG wird ihre Lizenz für Welle West vermutlich verlieren. Bis Mitte Mai gilt sie noch, so lange könnte radio NRW weiter das Programm übernehmen, zumal mit dem Sender gar keine Fristen vereinbart worden seien, erläutert Widlok. Dabei weiß die LfM sehr wohl, dass radio NRW ein Programm nicht genau so lokal machen kann wie eine Redaktion vor Ort.
Das kann man auch als Hörer feststellen, wenn man genau auf das Programm achtet und andere Lokalprogramme in Nordrhein-Westfalen kennt. Bei Welle West läuft "lokal light": Es gibt keine lokalen Nachrichten in der Frühsendung, und von den möglichen sechs Beitragsplätzen sind in der Regel nur zwei mit lokalen Themen gefüllt. Lokalnachrichten hört man normalerweise in der Frühsendung der Lokalradios mindestens um 6.30 Uhr, 7.30 Uhr und 8.30 Uhr. Viele Lokalsender machen sogar bis 18 Uhr jeweils zur halben Stunde lokale Nachrichten. Bei Welle West gibt es zur Zeit in der Regel zwei Lokalnachrichten-Ausgaben zwischen 9 Uhr und 18 Uhr.
Ansonsten laufen zur halben Stunde überregionale Service- und Musiknachrichten sowie lokale Veranstaltungshinweise, in der Mittagssendung "Infothek" hört man um halb eins ein Interview zu einem überregionalen Thema.
Für morgens extra Personal abgestellt
Um das leisten zu können, hat radio NRW extra eigenes Personal abgestellt
und neue Moderatoren für die Frühsendung eingekauft. Zwischen 6 und 9 Uhr
läuft bei radio NRW normalerweise kein eigenes Programm, weil alle Lokalsender Sie Frühsendung selbst machen. Ohne das Engagement von radio NRW würde es seit dem 1. August 2006 morgens im Kreis Heinsberg kein lokales Wetter, keinen lokalen Verkehr und auch keine lokalen Themen geben, sondern nur Musik - oder gar nichts.
Das würdigt auch die LfM: Sie sei dankbar für das Einspringen des Mantelprogrammanbieters, sagt Pressesprecher Widlok. Ohne radio NRW wären die Welle-West-Frequenzen seit August tot. Und später dann mit diesen Frequenzen wieder Hörer zu erreichen, sei für einen neuen Sender sehr schwer.
Die LfM hat Welle West aber auch jetzt noch nicht abgeschrieben. Nach aktuellem Stand wird die Lizenz nicht neu ausgeschrieben, weil das keinen Sinn mache, sagt Widlok. Immerhin gibt es noch eine Veranstaltergemeinschaft, die Programm machen will. Und wenn die irgendwann einmal doch eine neue Betriebsgesellschaft gs'jnden hat, dann kann Welle West auch wieder auf Sendung gehen. Es könne aber nicht sein, dass radio NRW auf Dauer das Programm für den Kreis Heinsberg mache. Da würde die LfM eher in Kauf nehmen, dass es keinen Lokalsender für den Kreis Heinsberg mehr gibt und gar nicht mehr gesendet wird. Damit gäbe es einen weiteren weißen Fleck auf der Lokalradio-Lankarte - neben dem Kreis Olpe, für den sich bislang kein Lokalradio gegründet hat: Wenn über die Welle-West-Frequenzen" wirklich nichts mehr gesendet wird, ist das dann das erste Mal, dass ein Lokalsender" wirklich dicht macht.
Probleme hat es im Kreis Heinsberg schon immer gegeben. Erstens gibt es keine wirkliche Metropole im Kreis, und Themen für alle Hörer anzubieten, ist schwer Zweitens werden nicht alle Haushalte im Kreis tatsächlich erreicht, die Sendeleistung ist zu gering. Drittens gibt es starke Konkurrenz aus den Nachbarregionen Belgische, niederländische und auch die beiden Aachener Sender strahlen in das Sendegebiet ein. Dementsprechend war die Quote von Welle West schon immer niedrig und befindet sich auch jetzt weiter im Sinkflug. Je niedriger die Quote, desto geringer die Werbeerlöse. Die Finanzierung des Programms ist also nicht gesichert. Unter diesen Voraussetzungen eine neue Betriebsgesellschaft zu finden, ist entsprechend schwer.
Das weiß auch die LfM - und ist bereit, über einen Neuzuschnitt der Sendegebiete nachzudenken. Zusammen mit einem der Aachener Sender oder gar mit beiden sei Lokalfunk für den Kreis Heinsberg vielleicht eher finanzierbar, heißt es von der LfM. Dafür müssten aber die Aachener Sender Interesse zeigen und mit der VG im Kreis Heinsberg zusammenarbeiten. Die Lizenz einfach an einen der beiden Sender zu übertragen, das gehe nicht.
Hoffnung noch nicht aufgegeben
Dieter Meurer, der Vorsitzende der Veranstaltergemeinschaft im Kreis Heinsberg, glaubt noch nicht an das Ende für Welle West. Er nimmt das Widerrufsverfahren der LfM gelassen - das sei im Gesetz nun mal so vorgesehen. Die VG sucht weiter nach einem Investor. Dass das schwierig ist, ist auch der VG vollkommen klar: „Es ist aber nicht so, dass wir die Hoffnung schon aufgegeben hätten", sagt Meurer. Noch ist also alles offen für Welle West.