Die Radioverantwortlichen haben ihr Medium aufgegeben

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Prawda68

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Vor kurzem teilte mir die Mitarbeiterin einer großen ARD-Anstalt mit, dass die Führung ihres Hauses davon ausgeht, dass es in 20 Jahren kein Radio mehr gibt. Kann es sein, dass die deutschen Radiochefs in vorauseilendem Gehorsam ihr Medium bereits aufgegeben haben und dabei sind, Selbstmord zu begehen? Kann es sein, dass hier eine selbsterfüllende Prophezeiung dabei ist, sich nach und nach zu erfüllen?

Auffällig für mich ist jedenfalls, dass das Radio der Aufzeichnungen und des Voicetrackings bereits jetzt dabei ist ist, seine Stärken über Bord zu werfen. Radio sollte doch live und spontan sein, um sich beispielsweise von Streams abzusetzen. Stattdessen ist es heute ganz überwiegend absolut vorhersehbar und damit langweilig.

Ich habe für mich jedenfalls daraus den Schluss gezogen, gezielt nur noch Live-Radio einzuschalten (beispielsweise die werktägliche Diskussionsrunde "Tagesgespräch" auf Bayern 2) oder besondere Radio-Beiträge auf den Wortwellen. Darüber hinaus höre ich überwiegend Musik-Spezialsendungen auf Bremen Zwei, Radio 100,7 (Luxemburg) und BBC 2 sowie meinen eigenen Musikmix auf Spotify.

Herkömmliches Radio (WDR 2 oder SWR 3) halte ich nicht mehr aus. Ich hasse die Chartkacke, die dümmliche Moderation drumherum und all die einstudierten Gags und das blöde Gegackere der sidekicks drumherum. Ich denke, auch dieses Radioforum, das seit Jahrzehnten diese Missstände von allen Seiten her wendet und redundant beklagt, kann man schließen. Es ist alles gesagt.
 
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Willkommen im Club. Der vorgebliche Professionalismus, der jede Leidenschaft und Kreativität zerstört, diktiert nun schon seit Jahrzehnten die Verachtung der Hörer. Die ARD-Anstalten rotzen lustlose Privatfunkkopien dahin, in den Programmen hört man den gestylten Zynismus der Chefetagen, der gerade auch außerhalb des Radios um sich greift.
 
Vor kurzem teilte mir die Mitarbeiterin einer großen ARD-Anstalt mit, dass die Führung ihres Hauses davon ausgeht, dass es in 20 Jahren kein Radio mehr gibt.
Oh, doch erst so spät? Viel früher ist vermutlich die ARD dran. Volkswille und so. Aber dann kommt ja wieder Staatsfunk...

Ich habe für mich jedenfalls daraus den Schluss gezogen, gezielt nur noch Live-Radio einzuschalten (beispielsweise die werktägliche Diskussionsrunde "Tagesgespräch" auf Bayern 2) oder besondere Radio-Beiträge auf den Wortwellen. Darüber hinaus höre ich überwiegend Musik-Spezialsendungen auf Bremen Zwei, Radio 100,7 (Luxemburg) und BBC 2
Liest sich, als wärst Du zum mündigen Radiohörer geworden. Gratulation! :)

Ich meine das ernst. Einen anderen Weg, sich beim Radiohören nicht Lebenszeit zu ruinieren, sondern durch Radiohören an Lebensqualität zu gewinnen, gibt es ja gar nicht. Bayern 2, SWR 2, DLF, auch das von Dir genannte 100,7 Letzeburg (Wer kennt das schon außerhalb der Grenzregion? Ich habe dafür ein LNB auf 23,5°Ost installiert.) und weitere Programme dieses Genres sind ja auch mehr als ausreichend, um die Zeit, die man bewusst mit Radio verbringen kann, zu füllen. Leider sind ja vor allem solche Programme immer von Sparmaßnahmen bedroht und betroffen.

Herkömmliches Radio (WDR 2 oder SWR 3) halte ich nicht mehr aus.
Das ist kein "herkömmliches Radio". Das ist knallharter Formatfunk und hat mit dem, was "Radio" zumindest im deutschen Nachkriegs-Radioverständnis einst war, nichts zu tun.
 
Ja ich habe auch das Gefühl die Sender funken nur so vor sich hin weil der öffentlich-rechtliche Auftrag und die verlockenden Werbeeinahmen dazu zwingen... Kritik und Verbesserungsvorschläge gehen den Verantwortlichen am A*** vorbei.
 
Die Entscheidungsträger sind in der Tat das große Problem bei Radio und Fernsehen in Deutschland. Das sind alles nur "Hinterherläufer", einerseits hinter der Quote und andererseits hinter dem vermeintlichen Konkurrenten (das ZDF musste Castingshows ins Programm nehmen, weil die bei den Privaten so gut liefen, der NDR spielte mit dem Gedanken an gescriptete Formate). Da hat keiner mehr den Mut, irgendwas auszuprobieren und den Hörer/Zuschauer auch nur ein kleines bißchen zu fordern.
Im Radio herrscht dann auch noch teils aus Geldnot, die es eigentlich nicht geben sollte, das Minimalprinzip und es darf kein Wort zu viel fallen.

Die Verantwortlichen haben es tatsächlich selbst in der Hand, den Hörern/Zuschauern ein Programm zu bieten, dass es sich auch lohnt, gehört bzw. gesehen zu werden.
 
Es wurde mal ein berühmter Mensch gefragt (leider weiß ich nicht mehr wer es war): "Wird das Theater jemals sterben?". Die Antwort darauf fand ich so großartig, dass ich sie hier gerne anführen möchte: "Das Theater wird erst dann sterben, wenn es keinen mehr gibt, der Schauspieler sein will."

Es wird so viel von Finanzierung, von Verbreitungswegen und Formaten gesprochen. Tatsächlich fürchte ich, dass wir viele liebgewonnene Sendungen noch verlieren werden, wie wir schon viele verloren haben. Einfach weil niemand mehr bereit ist, dafür genug Geld aufzubringen. Um das Medium an sich habe ich jedoch keine Angst. dafür funktioniert es viel zu einfach. Man spricht in ein Mikro und erzählt vom eigenen Leben, versucht die Leute zu unterhalten oder ihnen etwas beizubringen. Das wird nie aussterben, da bin ich mir ziemlich sicher. Es wird sich immer jemand finden, der Radiomacher sein will.

Andererseits verachte ich die üblichen Durchhörprogramme gerade deswegen, weil da eben niemand etwas zu erzählen hat. Da möchte niemand Radio machen, die Sendung heute klingt genau wie die Sendung gestern und vorgestern und man kann eine Moderatorenstimme problemlos gegen eine andere austauschen. Wenn das Radio durch irgendwen gefärdet wird, dann durch solche Menschen, die keinen Respekt davor haben.
 
Andererseits verachte ich die üblichen Durchhörprogramme gerade deswegen, weil da eben niemand etwas zu erzählen hat. Da möchte niemand Radio machen, die Sendung heute klingt genau wie die Sendung gestern und vorgestern und man kann eine Moderatorenstimme problemlos gegen eine andere austauschen. Wenn das Radio durch irgendwen gefärdet wird, dann durch solche Menschen, die keinen Respekt davor haben.

Dann schlagee ich dir und einigen andere hier vor, doch ins Radio zu gehen und denen zu zeigen wo der Hase lang läuft. Diesen Trend gilt es zu stoppen.
 
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Gibt es doch - im Internet.
Ja, nur nehmen dort die meisten die weiteren Webradingens nicht ernst, geschweige denn sie werden von den terrestrischen (NKL, Privatfunker oder ÖRR) ernst genommen. Nur zu verständlich! Ausserdem dudelt auch dort, der vermutlich grösste Teil, denselben Kram der ansonsten im Radio zu hören ist.
 
Aus meiner Sicht gibt es auch heutzutage immer noch Programme, die so gut sind, dass einem der Mund offen stehen bleibt, wenn man sie hört. Sendungen, bei denen man andauernd das Gefühl hat, man müsse lauter drehen, immer mehr hineinschlüpfen in den Lautsprecher, um ja jedes Krümelchen Wort und/oder Musik als Leckerbissen mitzunehmen. Sendungen, nach denen es mir – wie nach einem guten Buch oder nach einem großartigen Abendessen – einfach besser geht und ich fürs Leben oder zumindest für den nächsten Tag etwas mitgenommen habe. Sendungen, die hervorragend getextet und adäquat perfekt präsentiert werden, kommentierende Musik, Musik, die mich erreicht – intellektuell, emotional, ja, die mich auch einfach mal mitwippen lässt, ohne dass ich die Befürchtung haben muss, dass der nächste Titel mich wieder nur mitwippen lässt und der übernächste auch, weil die „größte Abwechslung“ aus 100 Hits besteht, die ich alle schon tausendfach gehört habe.
Und das anmaßend-dumpfe Claim-Gelaber schreit mir unangenehm aufgepumpt und überlaut entgegen: „Hör mich jetzt! ICH bin das BESTE!“ – obwohl jeder, der an der Konzeption dieser Ramschprogramme beteiligt war, ganz genau weiß, dass er mitwirkte an einer billig zusammengekloppten Tütensuppe aus glutamat-gepimptem Schimmel-Gemüse, die er selbst zuhause verächtlich vom Tisch schieben würde. Aber genau das mutet er der Hörerschaft zu. Und die? Frisst es bereitwillig oder desinteressiert, weil sie in den letzten Jahrzehnten so konditioniert wurde. Von wem? Genau! Vom Radio...

Als Radiomacher darf ich im Grunde nie sagen „Ich passe mich einfach den Wünschen der Hörer an“. WIR Radioleute sind diejenigen, die Hör-Geschmack und Hör-Verhalten konditionieren, also prägen. Und das tun wir leider schon lange nicht mehr verantwortungsvoll. Mittlerweile gilt die Devise: „Senke den IQ des Programms, dann steigt die Quote“. So wurden ehemals erfolgreiche Radioprogramme, die immer noch unter dem alten Namen firmieren, in die Tonne gekloppt und ihres „Hirnschmalzes“ beraubt, damit bei der nächsten media-Analyse die Hörerzahlen nach oben schnellen. Welch‘ ein perfider Maßstab, diese Quote. Zumindest für die öffentlich-rechtlichen Sender mit ihrem Programmauftrag.

Ja, ich höre den Deutschlandfunk. Und dieser Sender ist wahrlich nicht der einzige, der anregt und der auf das Kulinarische im Hörfunk noch Wert legt. ….

Aber in der Fläche? Viel zu viele Sender biedern sich an – hinein ins vermeintliche Hörer-Ohr. Sie machen sich platt, um auch in die letzten Körperöffnungen der lauschenden Masse zu kriechen – der Quote und des Mammons wegen.

Was aber nun ist so schlecht an lockerer Moderation und Musik aus den Charts? Nichts. Wenn aber der Sendealltag ausschließlich daraus besteht? Wenn das Programm fast nur noch „Hey, wir sind gut drauf“ und Nummer-1-Musik enthält? Wenn man „Berater“ einschalten muss, die wiederum Heere von Testern auf die Menschheit loslassen, um eine Sammlung von Musiktiteln zusammenzuhauen, die bereits zig-fach ähnlich zusammengehauen wurde und die man dann teuer als „Pool“ verkauft, nach „neuesten Analysen sorgsam zusammenkomponiert“, bloß weil die Leute in den Sendern nicht mehr in der Lage sind, selbstbewusst Programm zu machen und mutig auch zu ihren eigenen Vorlieben zu stehen?

Geistreiche Menschen sitzen in den Selbstfahrer-Studios der Wellen und dennoch sondern sie Wort-Müll ohnegleichen ab – weil das Format es so will. Auch diese Leute machen sich mitschuldig am Niedergang des Radios. Ja, natürlich, hier greift das Totschlag-Gegenargument: Sie bekommen Geld dafür; damit ernähren sie sich und auch ihre Liebsten. Aber sie sind bestechlich geworden in höchster Form und begeben sich ihres Geistes, um die Maschinerie der Dudelei und Plapperei am Laufen zu halten. Sie sündigen. Sie sind beteiligt an der Gülle-Ausbringung über elektromagnetische Wellen oder am Streamen des Gebräus im Netz. Und wenn sie’s nicht machen, kommen andere, die ihren Job übernehmen. Also machen sie’s, empfinden sich vielleicht selbst als Verräter – oder, schlimmstenfalls, als großartig. Und auf der Strecke bleibt das Überraschende, das Duftende, das Anregende, das Nachdenkenswerte, die gelungene Unterhaltung, sei’s das Kabarett, sei’s die feuilletonistische Plauderei.

Mein Radio heute schreit mich an. Es brüllt, es ist aggressiv – so wie die überdrehten Kino-Trailer für billige Action-Filme. Mein Radio duzt mich. Hey, Du, find mich GEIL, Du. Und wehe, wenn nicht. Dann zeig ich Dir’s aber, Du. Umschalten nützt nix. Denn dem "Du" entgehst Du nicht. Wir brüllen drei Megahertz weiter einfach noch lauter. Bätschi...!!!

Mein Radio vergewaltigt die Musik, pumpt sie auf, kürzt sie, kappt sie an unpassender Stelle, plappert sie zu. Mein Radio lässt mich nicht mehr reines Wort hören. Der Korrespondentenbericht über die Gräueltaten in Syrien bekommt ein wummerndes Bett aus dumpfem Bong-Bong. Die Stauhinweise aus der „aktuellsten Verkehrszentrumszentrale“ (meist ein einsames Wesen, das die gesammelten Meldungen ins Studio klickt) sind in der Aufbereitung kaum noch zu verstehen, weil der Selbstfahrer den Musikpegel unter den Hinweisen viel zu laut aussteuert.

Dass es hier, wie in den Nachrichten und beim Wetter um reine Information geht, dies zu sagen, ist heutzutage fast schon Ketzerei. Denn darum geht es eben gerade nicht mehr. Das störende Beiwerk Wort muss so eingecremt werden durch Betten, Percussion oder wabernden Synthesizer, dass der Inhalt wie ein gut geöltes Zäpfchen durchflutscht und man beim Nebenbeihören weiterwippen kann.

Ja, es ruft und schimpft hier ein Dinosaurier aus dem Hörfunk-Mittelalter, der nicht genug tun konnte, die Entwicklung aufzuhalten. Der gekuscht hat vor den Entscheidern, als man mit denen durchaus noch reden konnte, aber ihnen zumindest nicht eingänglich genug Argumente entgegen hielt, um eventuell ein Nachdenken zu bewirken.

Und der Dinosaurier fragt:

Wo sind die Entscheider, die stolz wären, ein Radio zu verantworten, mit dem man sich schmücken kann? Genau diese Chefs könnten den prognostizierten Untergang des Mediums aufhalten.
 
ich meinte eig. über UKWund DAB+
Warum trennst Du das? Im Internet gibt es genauso Radio wie über terrestrische Wellen.
95% des dortigen Angebotes kannst Du genauso in die Tonne treten wie 95% des terrestrischen Angebots. Bleiben noch 5% über... Nur daß diese 5% im Internet viel umfangreicher sind als das bisschen Terrestrik, die Masse machts, daß man im Webradio IMMER ein für sich und für den Augenblick passendes, sogar hochwertiges Angebot findet.

Normales terrestrisches lineares Radio findet bei mir eigentlich schon seit 1995 /2002 nur noch selten live statt. 1995 kam die Satellitenschüssel, da fand das Liveradio dort statt und schon teilweise zeitversetzt per Kassettendecks (4 x 120 min konnte ich am Stück aufnehmen). 2002 kam dann der Rechner hinzu (ohne radiogeeigneten Internetanschluss), kurz später wurde das Satellitenradio bei mir digital (direkt auf dem Rechner) - was das Mitschneiden und vor allem das Trimmen der Mitschnitte (Vor/Nachlauf) deutlich vereinfachte und dank mp3-Playern auch den Hörgenuss abseits des Rechners. Ab da war das terrestrische Radio für mich eigentlich gestorben, ich hatte meine eigene Mediathek (deren Inhalt vorher per EPG und Hörzu ausgesucht wurde) und konnte hören, was immer und wann immer ich wollte.

Es gab aber noch eine Radiosendung bei Bremen Eins, bei der ich immer versuchte, live dabei zu sein. Sonntags 22-24 Uhr... for those who know.

2011 kam ein DSL3000-Anschluss ins Spiel nach einem Umzug (mehr bekomme ich auch immer noch nicht). Seitdem hat sich mein Radiokonsum nochmals wieder geändert durch das erweiterte Angebot, ich hör sogar wieder live, manchmal 15 Std am Stück. Dieses live ist aber anders geworden als früher, da es heutzutage möglich ist, in Echtzeit mit Moderator und anderen Zuhörer zu kommunizieren... und das macht richtig Spaß. Wir betreiben sowas in kleinerem Kreis bereits seit 2012 auf verschiedenen Plattformen.

Ansonsten habe ich zwei Lieblingssender, die 24/7 mitgeschnitten werden und ich fische mir dann raus, was mir gefällt (bzw. was nicht reine Automation ist). Gehört wird entweder gleich live, ansonsten zeitversetzt.

Wenn ich anderes interessantes mitbekomme (abseits der Hörzu), wird es programmiert und eingereiht. Auch hier haben sich die zur Verfügung stehenden Informationen dank Internet vervielfacht und dank Podcasts ist man teilweise auch nicht mehr auf die Programmierung von Aufnahmen aus dem linearen Programm angewiesen.

Dennoch möchte ich nicht komplett auf lineares Radio verzichten wollen, bei mir läuft es allerdings nur noch nebenbei gehört (ich habe das Radio nicht eingeschaltet!) oder manchmal im Auto, sofern ich Beifahrer an Bord habe, die mit meinem speziellen Geschmack nicht klarkommen).

Selten schalte ich es auch mal ganz gezielt ein für Verkehrsinfos, Wetterinfos und lokale Nachrichten.

Der Trend geht ganz klar in Richtung Audio-on-demand, ich war vielleicht etwas früh dran damit. Trotzdem dürfte immer Platz bleiben für wenigstens einen Radiosender mit linearem Programm. Es gibt einfach Zeiten, da will man nichts auswählen müssen, sondern einfach nur einschalten und sich überraschend berieseln lassen. Viele Radiosender jedoch, die sich rein über die gespielte Musik definieren, werden vermutlich auf der Strecke bleiben wenn neben der Musik nicht weiter ist außer Werbung, NoInfo und Dummschwatz.

Mit dem Fernsehen halte ich das übrigens genauso. Fast nie live, ich wähle vorher aus, und gucke später... ...falls ich aufgrund meines Radiokonsums überhaupt dazu komme. Aber es gibt ja große Festplatten...
 
Von der Aussage einer Person (die sich wohl nach einem neuen Job umschaut) auf einige zu schließen - das ist "Zeitgeist" :(
Bestiimt hat vor einem Vierteljahrhundert schon mal jemand das Radio für "bald tot" erklärt...
 
ich meinte eig. über UKWund DAB+

Radio über UKW ist tot, daran gibt's nichts zu rütteln.
Radio über DAB+ hat ebenfalls keine Zukunft, denn auch bei DAB+ mit seiner systembedingten Limitierung (es kann nur eine gewisse, kleine, Anzahl an Sendern geben) und dadurch bedingten Konkurrenzsituation wird früher oder weniger früher der Rotstift und die Berater regieren.

Von beiden Systemen würde ich jedenfalls überhaupt nichts mehr erwarten, der Zug ist abgefahren.

Richtiges Radio, von richtigen Radiomachern, kann nur im Internet stattfinden, ohne Quotendruck, ohne Druck durch die MA, im Endeffekt sogar ohne Aussicht auf finanziellen Gewinn. Einfach nur aus Leidenschaft.
 
ohne Aussicht auf finanziellen Gewinn. Einfach nur aus Leidenschaft.
Und es funktioniert auch, ohne finanziellen Gewinn, aber natürlich trotzdem mit Kosten - die nur deutlich niedriger liegen als bei terrestrischem Radio und sich durch die Beiträge von 50-200 Hörern (gerne auch mehr) finanzieren lassen. Wie bei byte.fm oder 674.fm. Die Leidenschaft hört man, sie "kommt rüber" und steckt an und das Programm braucht sich meistens überhaupt nicht zu verstecken, was Qualität anbelangt.

Ich hab jetzt grad 3,5 Stunden Live-Internetradio hinter mir, zeitweise habe ich auch zusätzlich noch den das Radio begleitenden Videostream angeschaut, weil die Musik so fantastisch war. Alles live aus einem Mannheimer Bunker, 1 Schweizer DJ/Produzent, der ausschließlich eigene Produktionen und Remixes spielte, 1 Schweizer Diskjockette, die einfach nur unglaublich war. Und einer Gastgeberin, die als autodidaktische, sympathische Moderatorin die Umbaupausen gekonnt mit Interviews überbrückte und danach noch ein noch unglaublicheres Set mit E-Bass-Begleitung (da musste ich einfach das Video zuschalten) ablieferte. Techno, ja... Aber nix, was normalerweise im (Internet)-Radio zu hören ist, sondern ganz einzigartig. Nur hier, nur jetzt, einmalig, nur im Internet. Warum sollte ich mir da noch die Massenware auf UKW antun?

Radio über DAB+ hat ebenfalls keine Zukunft, denn auch bei DAB+ mit seiner systembedingten Limitierung (es kann nur eine gewisse, kleine, Anzahl an Sendern geben) und dadurch bedingten Konkurrenzsituation wird früher oder weniger früher der Rotstift und die Berater regieren.

Von beiden Systemen würde ich jedenfalls überhaupt nichts mehr erwarten, der Zug ist abgefahren.

Doch, von DAB+ erwarte ich noch etwas. Jedoch in abnehmendem Maße im bundesweiten DAB und auch in den Landesweiten (dort wird sich das Geld und der Rotstift durchsetzen), aber in zunehmendem Maße lokal, in kleinen, billigen Muxen. 300€/Monat wären auch für mitgliedergetragenes Internetradio finanzierbar. Da könnte noch ordentlich etwas passieren, wenn sich die Hörer in Radiovereinen zusammenfinden. Was die Qualität angeht... man wird sehen...
 
Ja, es ruft und schimpft hier ein Dinosaurier aus dem Hörfunk-Mittelalter, der nicht genug tun konnte, die Entwicklung aufzuhalten. Der gekuscht hat vor den Entscheidern, als man mit denen durchaus noch reden konnte, aber ihnen zumindest nicht eingänglich genug Argumente entgegen hielt, um eventuell ein Nachdenken zu bewirken.
Lieber Onkel,

aus dem wohlverdienten (und hier so einigen viel zu früh gekommenen) Radio-Ruhestand heraus kannst Du das wenigstens schreiben, ohne dafür berufliche Konsequenzen befürchten zu müssen. Deshalb die Frage: wieviel hätte denn in Deiner "Macht" gestanden, als Du noch beim Funk in Lohn und Brot warst?

Nach meinen Erfahrungen aus einer - Du weißt es - völlig anderen Branche: eher wenig. Bei uns kam bei "unliebsamen" (= die Entscheidungen und Visionen des Managements auch nur ansatzweise infrage stellenden) Äußerungen oft sofort das "Stop"-Signal, dann hatte man zu schweigen. Tat man das nicht oder befolgte man die Entscheidungen nicht sklavisch, setzten teils subtile, teils sehr offen sichtbare weitere "Disziplinierungsmaßnahmen" ein. Man fand sich dann in demütigenden "Aussprachen" (einer der brillantesten Kollegen hatte die wöchentlich fest im Terminkalender), man wurde teils behandelt wie ein psychisch Kranker (ich sage heute: das müssen die irgendwo auf Managementlehrgängen lernen, das ist so geschickt inszeniert und dient der psychischen Zersetzung der Betroffenen), man bekam Arbeitsgebiete, in denen man absolut kompetent war, weggenommen - oder man wurde auf "Weiterbildungen" geschickt, die von Anfang an als geplante Demütigung erkennbar waren, einem aber fachlich absolut keinen Zugewinn brachten. Das schlimmste aber, was man tun konnte: gegenüber anderen Mitarbeitern ehrlich zu sein und zu sagen, was ist. Damit wurde man sofort zu einem Feind erster Kategorie und geriet in das Räderwerk eines Systems, das für mich inzwischen verkommener wirkt als das Staats- und Gesellschaftssystem der DDR. Und das war bei mir in den Jahren bis 2012. Und es war in Deutschland.

Ein ex-Kollege nannte diese heute so realen Gesellschaftsspielchen "Des Kaisers neue Kleider". Bei mir hat u.a. das (aber nicht nur das) dazu geführt, dass ich seit 2012 bis heute nicht mehr für Geld gearbeitet habe, sondern mich dort engagiere, wo ich einen Sinn hinter allem erkennen kann und einer gute Sache dienen kann. Und ich diene sehr gerne - wenn es eine erkennbar gute Sache ist, die ich halt auch mit meinem Gewissen vereinbaren kann. Ewig geht das natürlich auch nicht (der liebe Lebensunterhalt... die Ersparnisse schwinden).

Schaue ich auf mein Umfeld, dann sehe ich: fast niemand arbeitet für eine gute Sache, günstigstenfalls arbeiten die Leute in sinnlosen Jobs, die aber wenigstens keinen größeren Schaden anrichten. Ich habe von mehreren guten Bekanntne inzwischen in Kommunikation schriftlich bekommen, dass ein Job für's Geld sei und nicht für den Sinn im Leben. Auf Klassentreffen spricht kaum jemand über seinen Job, sondern alle meist über ihre Kinder. Die Singles außer mir kommen gleich gar nicht zu den Klassentreffen - was sollten sie denn berichten? Stolz auf den Job? Nee, worauf denn? Meine ex-Kollegen aus dem Ingenieurswesen arbeiten nun in der Rüstungsindustrie oder helfen in der Automobilindustrie dabei, noch mehr Maschinen, die das Innere unseres Heimatplaneten und Lebensraumes verbrennen und mit den Abgasen die Atmosphäre dieses Planeten vergiften, zu bauen. Oder sie kümmern sich um noch leistungsfähigere Chips, mit denen wir uns noch mehr vom Leben entfremden können. Die Informatiker arbeiten an Bespitzelungs- und Betrugssoftware, teils auch als Angestellte in Unternehmen, die danach von der Staatsanwaltschaft auseinandergenommen wurden.

Ich kenne inzwischen 3 Biologen, die, da auch sie eine berufliche Tätigkeit mit ihrem Gewissen vereinbaren wollen bzw. müssen (weil sie gar nicht anders können), entweder langzeitarbeitslos sind oder sich von einer schlecht bezahlten Tagelöhnerei zur nächsten durchhangeln. Mehrere Rundfunk-Freunde und -Bekannte von mir sind dauerhaft "raus" oder durch Erkrankung raus bzw. in Bereiche gewechselt weitab des täglichen Wahnsinns an der Formatradio- und Stumpfsinns-Front. Von mir bekannten Ärzten hörte ich so viel täglichen Frust über das medizinische System, dass ichs mir nicht mehr anhören wollte.

Bitte mal hier reinhören: Eins zu Eins - der Talk auf Bayern 2 mit der Sängerin Dota Kehr (untendunter der "XL"-Download ist qualitativ gut). Ab 11:30... warum ist Dota keine Ärztin geworden (Staatsexamen 1,0)? "Das ist sehr traurig, weil es eigentlich so ein schöner Beruf sein könnte. Aber... der Fisch stinkt vom Kopf. Da geht einfach ganz oben im Gesundheitswesen was richtig schief."

Und so geht in wohl allen Bereichen dieser Gesellschaft derbe was schief. Der Rundfunk ist da nur ein Beispiel, das uns als leidenschaftlichen (?) Rundfunkfreunden massiv auffällt. Überall finde ich das gleiche: Kadavergehorsam auf den Ebenen unterhalb des obersten Managements. Ausschalten jeglichen Gefühls für gut oder schlecht, für sinnvoll oder sinnlos. Innere Kündigung. Abdriften in Hass, Hähme und Zynismus, teils Abdriften in echte Psychosen oder in Alkohol. Mutwilliges Karren-an-die-Wand-Fahren. Verordnetes Karren-an-die-Wand-Fahren. Dazu ein Überwachungs- und Bestrafungs/Belohnungssystem, in dem die unfähigsten Vollpfosten aufsteigen können, so sie nur ihrem Chef auch die geschäftsschädigsten und stumpfsinnigsten Erwartungen erfüllen, während die fähigen Leute systematisch rausgemobbt werden.

Es ist nicht nur der Rundfunk, die ganze Gesellschaft fährt sich mit zunehmender Geschwindigkeit an die Wand. Es wirkt auf mich inzwischen wie Absicht, als ob der kollektive "Selbstmord" die Gesellschaft endlich von sich selbst erlösen solle. Und dazu passt ein gebührenfinanzierter Superhitmix-Soundtrack mit paar knackigen oder schleimigen Claims doch auch ganz gut. Bei soviel kollektiver psychischer Krankheit könnte man das auch guten Gewissens als Darwinismus bezeichnen, wenns bald mit mächtigem Krach in die Luft fliegt.

Dabei werden tagtäglich riesige Ressourcen vernichtet: vor allem die Ressource "Mensch" mit ihrer Kreativität, mit ihrer ursprünglichen (und inzwischen vollkommen verschütt gegangenen) Liebe zum Guten und Schönen. Da ich mir in den vergangenen Jahren den Luxus geleistet habe, immer wieder mal kostenlos für einen guten Zweck zu arbeiten, weiß ich um die Energie, die aus echter Lebensfreude freigesetzt werden kann.

Und ich erlebe diese Energie auch bei einem Radiofreund, der das Glück hat, bei einem der hochwertigsten, leidenschaftlichsten und liebevollsten Radioprogramme in diesem Land arbeiten zu dürfen. Er ist einfach nur glücklich mit seiner Arbeit, auch wenn sie Stress pur ist und 100% Konzentration verlangt. Ein heute wohl leider eher seltener Fall. Viele andere fragen sich dafür täglich "Weiß weiß ich doch nicht, wie ich in diesen Plot geraten bin frag ich mich"...

 
Es wurde mal ein berühmter Mensch gefragt (leider weiß ich nicht mehr wer es war): "Wird das Theater jemals sterben?". Die Antwort darauf fand ich so großartig, dass ich sie hier gerne anführen möchte: "Das Theater wird erst dann sterben, wenn es keinen mehr gibt, der Schauspieler sein will."

Es wird so viel von Finanzierung, von Verbreitungswegen und Formaten gesprochen. Tatsächlich fürchte ich, dass wir viele liebgewonnene Sendungen noch verlieren werden, wie wir schon viele verloren haben. Einfach weil niemand mehr bereit ist, dafür genug Geld aufzubringen. Um das Medium an sich habe ich jedoch keine Angst. dafür funktioniert es viel zu einfach. Man spricht in ein Mikro und erzählt vom eigenen Leben, versucht die Leute zu unterhalten oder ihnen etwas beizubringen. Das wird nie aussterben, da bin ich mir ziemlich sicher. Es wird sich immer jemand finden, der Radiomacher sein will.

Andererseits verachte ich die üblichen Durchhörprogramme gerade deswegen, weil da eben niemand etwas zu erzählen hat. Da möchte niemand Radio machen, die Sendung heute klingt genau wie die Sendung gestern und vorgestern und man kann eine Moderatorenstimme problemlos gegen eine andere austauschen. Wenn das Radio durch irgendwen gefärdet wird, dann durch solche Menschen, die keinen Respekt davor haben.
Vielleicht ist es daher der Grund warum ich auch immer mehr die kleinen Hobby Sender im Internet höre. Ich weiß wann dort live gesendet wird und die Hobby-Moderatoren haben zu die Musik was sie spielen auch noch was zu erzählen.

Da Frage ich mich aber auch immer warum kann das so ein kleiner Hobby Sender und der große (egal ob ÖR oder Privat) nicht mehr?

Haben die Hobby-Funker mehr Herzblut bei der Sache?
 
Wow @onkel Otto, ich bin schwer beeindruckt! Aber ob sich was ändern wird?

Ich habe den Thread über mein Smartphone gelesen und dabei so weit reingezoomt, das ich links den Verfasser nicht sehe. Nach den ersten Absätzen war mir klar: DAS kann nur Onkel Otto geschrieben haben! Und ich hatte recht. :)
 

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Soweit in die Zukunft kann keiner blicken. Veränderungen wird es geben, aber wenn WDR2 die Weltnachrichten von 9 bis 5 Uhr streicht ist der Aufschrei riesig, vermutlich ist er schon groß wenn das neue Jingle zwei Harmonien mehr hat. Aber so schleppend sich de Strukturen in Deutschland ändern, bin ich mir ziemlich sicher auch noch in 20 Jahren SWR3 oder WDR2 auf der Skala zu finden. Vielleicht mit anderen Namen und neuem Anstrich, aber an der Wurzel immer noch wiedererkennbar.
 
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