AW: NDR2 - Einfach mehr Auswahl?
Auf die Gefahr hin, dass ich mich pausenlos wiederhole, möchte ich noch mal auf das von mir bevorzugte Modell zu sprechen kommen. In Deutschland gibt es ja jede Menge nach Zahlen sortierte Musikprogramme, die bis auf die anvisierte Hauptzielgruppe kaum ein eigenes musikalisches Profil aufweisen. Statt dessen sind die deutschen Formate über die Maßen biegsam und konturlos, man spielt bevorzugt, was im Ausland funktioniert und was einem die Plattenkonzerne "wärmstens ans Herz legen". Bei den Privatsendern ist Eigenrecherche ohnehin ein Fremdwort, die funktionieren aber auch nur wie gut geölte Renditemaschinen. Bei den öffentlich-rechtlichen Sendern macht man sich auch fast nirgendwo die Arbeit, die Hauptrotation mit eigenen Entdeckungen anzureichern.
Warum geht man nicht endlich dazu über, das alte AC-Format europäischer Prägung wiederzubeleben, bei dem gut durchhörbare und massentaugliche Musikstücke für den
erwachsenen Mainstream mit ähnlich gelagerten Neuerscheinungen kombiniert werden? Statt dessen überbieten sich die großen Privatsender und öffentlich-rechtlichen "Hitradios" in der Hoffnung auf eine Steigerung der Werbetarife mit Grenzverletzungen und einem neuerdings überbordenden Anteil an Teenagermusik. Klar, die Erlöse im Radiomarkt sind allerorten rückläufig und so sucht man sein Heil in einer massiven Programmverjüngung. Dieser Schuss dürfte aber ordentlich nach hinten losgehen, zumal sich die Jugend immer mehr vom Radio abwendet und ihren Interessen auf anderen Medienplattformen nachgeht.
Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis die Werbewirtschaft reagiert und auf exakteren, intermedialen Nutzungsdaten besteht. Das Radio kann seinen Platz in der Medienlandschaft nur dann behaupten, wenn es sich an fest umrissene Zielgruppen wendet, die bestimmte Grunderwartungen oder Geschmacksvorstellungen hegen. Wenn die überwiegende Mehrzahl der Sender versucht, den
jugendlichen Mainstream abzubilden (MTV-Musik) und der Rest auf alternative Rezepte setzt, die den Großteil der erwachsenen Hörerschaft kaltlassen, hat das Radio im Zeitalter digitaler Empfangs- und Abspielgeräte endgültig ausgedient; wenn mir die Musik nicht gefällt, quäle ich mich nicht durch eine Vielzahl befremdlich anmutender Titel plus Werbespots, um auf ein paar interessante Gespräche oder launige Moderationsansagen zu warten; da gibt es bessere Alternativen wie Podcasts oder mobil empfangbare Internetstreams. Das Radio wird sich neu erfinden müssen, das steht außer Frage.
Formate, die immer funktionieren:
CHR (Top Hits)
AC (mit nennenswertem Balladenanteil)
Schlager, Evergreens, Volksmusik (keine Rock-Oldies!)
Classic Rock
Classic Hits (mit nennenswertem "Oldie"-Anteil)
Info/News
Dance-Pop/Rhythmic/Electronic (wenn dann nur im Mix)
Weitere Vorschläge sind jederzeit willkommen, ein bisschen Brainstorming täte der Radiobranche gut.
Funktionieren definitiv nicht im Mainstream-Radio.