Das hat ja Wechselwirkung. Je mehr Sender auf einen nur kleinen Titelpool zurückgreifen und je länger sie das tun, desto mehr geraten die nicht gespielten Titel beim gemeinen Hörer in Vergessenheit, werden auch mit Ausnahme einiger Musikbegeisteter nicht mehr nachgefragt und begeben sich in die Kategorie "Abschaltgefahr": eine dann leider nicht mehr umkehrbare Entwicklung. Die Verantwortung zur Erhaltung der Musikkultur der letzen fünfzig Jahre im Bewusstsein der Gesellschaft ist in der Gesamtheit der "Unternehmenssparte Radio" schon lange abhanden gekommen. Bedauerlich.
Du sprichst mir aus dem Herzen, Countie. Wie jeder hier weiß, beklage ich diesen Zustand auch schon seit vielen Jahren - und schreibe mir hier die Finger wund. Ich gebe aber nicht auf!
Das ist im Prinzip die "Henne-Ei" Nummer, über die wir hier schon seit einer Ewigkeit reden und über die sehr oft eine gewisse Uneinigkeit herrscht.
Wer ist eigentlich schuld am heutigen Dudelfunk?
Der gemeine Hörer, der nur seine Lieblingshits hören will (Will er das wirklich nur? Was will und kann (Lokal-)Radio?), oder die Radiostationen, die seit praktisch über 25 Jahren meinen, durch die Verringerung der Anzahl der in der Rotation befindlichen Titel - den dann noch verbliebenen "best-tested" Titeln - eine möglichst große "Schnittmenge" zu erreichen? Damit wären wir dann auch schon bei diesem alten "Zeit"- Artikel, der auch heute noch lesenswert ist.
Es ist eine unaufhaltsame Spirale nach unten.
Entscheidend ist, daß mittlerweile eine Generation Hörer herangewachsen ist, die entweder mit diesem Dudelfunk noch leben kann (Bitte jetzt bloß keinen weiteren Abschaltimpuls senden!) oder sich völlig angewidert abgewandt hat und im Internet längst andere Angebote gefunden hat.
Das bedeutet im Klartext: Selbst wenn ein Privatsender mit Popmusik (für die Fans: Oldiebased-AC) auf UKW (oder "mein" Sender, falls ich irgendwann den Jackpot hole) heute auf den Gedanken kommen würde: "Kommt! Lasst es uns so machen wie 1985!" - keine Chance, denn die Höre wurden über Jahre hinweg vom Radio "verzogen". Eine längere Wortstrecke oder ein unbekanntes Lied - und Schwupp - schon sind die Hörer weg. DAS ist das Ergrbnis der Erziehung!
Vor ein paar Wochen (es ist wirklich nicht lange her - ich finde dieses Posting jetzt leider nicht) schrieb jemand hier im Forum, daß sich die Privatsender in der Anfangszeit (also 1985-90) richtig viel Mühe gegeben haben, und sich dadurch positiv vom "eingefahrenen" Angebot der Öffentlich-Rechtlichen Sender zu dieser Zeit abheben konnten. Die Hörer haben diese privaten Angebote dankend angenommen, weil sie einfach frischer, cooler, authentischer... bla, bla, bla... "rüberkamen". Diese Zeiten sind längst vorbei.
Und wo sind die Zeiten hin, als das Radio "Trendsetter" und erste Anlaufstelle in Sachen neuer Musik war? Früher™ haben wir besonders am Wochenende am Radio gehangen, um auf allen emfpangbaren (und aufnahmetauglichen) Sendern die aktuellen Hitparaden und die Neuvorstellungen zu hören... War 'ne geile Zeit.
Früher™ hat ein Privatsender seine Hörer mit einer live moderierten Sendung auch durch die Nacht begleitet. Ja - diese Zeiten sind nicht "werberelevant" (sie könnten es sein, denn niemand hindert einen Privatsender daran auch nachts Werbung zu senden), aber wichtig für die Hörerbindung. Die "Berater" sahen das anders und nur die Kosten bzw. den kurzfristigen "Spareffekt". Blödsinn!
Wenn man ehrlich ist, muß man feststellen, daß das Privatradio in Deutschland seine große Chance teilweise verspielt hat. Nur die Großen spielen noch eine ernsthafte Rolle - möglicherweise ist das auch nur der Nimbus aus längst vergangenen Zeiten. Siehe auch
http://www.radioforen.de/index.php?...cht-gesprochen-wird-sind-praktisch-tot.33532/
Gründe können sein:
- Die Geldgeber haben keine Ahnung vom Medium "Radio"
Natürlich ist ein "Radiosender" ein Unternehmen wie jedes andere auch. Ganz so einfach ist es dann aber doch nicht. Stichwort - Herzblut.
- keine Geduld und Ausdauer, die für den Aufbau einer absolut vertrauenswürdigen (!) Radio-Marke nötig sind! Zielvorgabe: "Wenn etwas passiert, sollen die Hörer uns einschalten - Wir sind da!" Gut! Natürlich kostet das viel Geld, aber man muß sich entscheiden. Hammer oder Amboss?
- viel zu hohe Renditeerwartungen und dadurch "Aussaugen" der Sender, die dann aus Geldmangel ihren "Programmauftrag" (Hammer sein!) nicht mehr erfüllen können!
Was erwartet Ihr eigentlich? Mitleid? Der Privatfunk und seine Geldgeber haben es selbst versaut! Ihr habt das Medium "Radio" getötet, sendet nur auf Sparflamme und treibt damit viele Hörer ins Internet! UkW - ade!
Fazit: Der Kapitalismus frisst bekanntlich seine Kinder. Übrig bleibt ein "Dudelfunk" auf kleinster Flamme (hart an der Grenze zu der für das Finanzamt relevanten "Liebhaberei"), den sich wirklich nur noch irgendwelche "Nebenbeihörer" reinziehen und eine MA, die absolut nicht mehr glaubwürdig ist. Macht einfach so weiter, liebe Kinder.
Übrig bleibt auch eine gewisse Resignation: Ja es tut weh und man kann nichts dagegen tun. Aber man kann Meinungen hören und dabei "auftanken". Die "Schelte" kommt hier von Boris Blank ("Yello") in der Sendung "Echo der Zeit" vom Freitag...
http://www.srf.ch/sendungen/echo-der-zeit/die-tories-fuehrten-den-besseren-wahlkampf
Relevanter Ausschnitt: