Aktuelle Lage der Radiolandschaft (Zeitungsartikel)

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Nichts wird dem Zufall überlassen
Formatradio: Mit Unterstützung von Computern werden Sendungen ausgetüftelt.

Von Bettina Brinker

Hamburg - Bertolt Brecht wäre von der heutigen Radiolandschaft sicherlich enttäuscht. "Wenn Radio wüsste, wie man den Hörer sowohl sprechen als auch hören lassen könnte, dann wäre Radio der erstmögliche Kommunikationsapparat des öffentlichen Lebens. So sollte es sich dann verabschieden, nur Zulieferbetrieb zu sein", formulierte er 1932. Doch genau das haben die Radios bis heute nicht geschafft. Sie verstehen sich - ob privat oder öffentlich-rechtlich - bis auf wenige Ausnahmen als Begleitmedien.

Ob beim Frühstücken, Joggen, Bügeln oder Autofahren - bloß nicht zu viele Worte verlieren, das könnte zu einem Ausschaltimpuls führen. Und das wollen die Radiomacher ja nicht. Eine möglichst lange Verweildauer vieler Hörer ist das erklärte Ziel vor allem der werbefinanzierten Radiostationen. Begleitprogramm statt Einschaltprogramm - so die Devise.

Das Formatradio macht es möglich. Nach amerikanischem Vorbild werden dazu alle Programmbestandteile von der Musikfarbe über die Wort-Musik-Mischung, die Informationsanteile und die Art der Präsentation durchgestylt. Formate folgen strengen Regeln und überlassen nichts dem Zufall. Der Hörer kann zu jedem beliebigen Zeitpunkt einsteigen, ohne das Gefühl zu bekommen, etwas verpasst zu haben. "Formatradio bedeutet Verlässlichkeit", sagt Marzel Becker, Programmdirektor bei Radio Hamburg. Unverzichtbare Helfer hierbei sind Computerprogramme, die die Abfolge von Musiktiteln, Jingles, Beiträgen und Moderation regeln. Besonders im Rahmen einer einheitlichen Musikfarbe, die bis zu 80 Prozent über den Erfolg eines Radioprogramms entscheidet, sind solche Computer als Assistenten der Musikchefs unentbehrlich geworden. Absolut verlässlich stellen sie die Musikmischung zusammen. Die einzelnen Musiktitel werden dafür kategorisiert, beispielsweise nach Alter: aktuelle Hits, Recurrents (semiaktuelle Hits), Oldies. Jedem Titel jeder Gruppe werden dann Untergruppen zugeordnet, die sich nach dem Erfolg des Titels, der Musikrichtung, dem Geschlecht des Interpreten, der Stimmung, der Sprache, Tempo und Klangfülle richten. In "Musikuhren" wird anschließend bestimmt, welcher Titel in welcher Stunde an jedem Tag der Woche gespielt werden kann. Dabei wird auch die Platzierung von Wortbeiträgen eingeplant, auf die kein "lahmer" Titel folgen sollte.

Doch diese Programmierung hat auch ihre Nachteile. So beinhaltet die aktuelle Rotation nicht die gesamte Auswahl an möglichen Titeln. Ihre Anzahl - bestgehütetes Geheimnis der Sender - würde sich für einen Außenstehenden erschreckend niedrig anhören, meint Marzel Becker. Die Konsequenz: Die vor allem massenattraktiven Radiosender versinken in einer dünnflüssigen Einheits-Musiksoße. Gegen eine solche Verarmung wendet sich seit geraumer Zeit die "Kampagne Rotationsverbot", deren Macher Sebastian Nohn und Gerd Hoeschen an diesem Wochenende bei den Sächsischen Jugendmedientagen dabei sind.

Ganz ausgegoren wirkt ihre Initiative allerdings nicht. "Das Problem liegt nicht in der Rotation, sondern entsteht dann, wenn der Gesamtrahmen der Titel sehr eng wird", erklärt Will Teichert, Vorstandsvorsitzender der Akademie für Publizistik. Natürlich sei der Vorwurf, im Programm selber gäbe es kein reichhaltiges Angebot mehr, berechtigt, so Teichert. Aber auf der anderen Seite belegen Studien, dass die Hörer genau diese Art der Musikmischung wollen. "Solange wir unterschiedliche Formatradios haben, ist das Problem nicht so groß", konstatiert Teichert. Und Michael Reichmann von der Hamburgischen Anstalt für neue Medien bestätigt: "In Hamburg haben wir ein breites Spektrum privater Anbieter von Radio Hamburg über alster radio, Energy 97,1, Oldie 95 bis hin zu Klassik Radio." Problematisch sei da eher die fortschreitende Annäherung des öffentlich-rechtlichen Hörfunks an das private Angebot.

erschienen am 24. Okt 2003 in Kultur / Medien
Hmaburger Abendblatt
 
Den Fehler, den manche Programmacher begehen, besteht nicht darin, sich für ein Format zu entscheiden, ganz im Gegenteil, es allen auf einmal recht zu machen ist unmöglich.
Falsch ist vielmehr, den Format-Rahmen zu eng zu setzen und jegliches Leben abzutöten, bspw. durch den Verzicht auf Radio-Personalities zugunsten billiger Sprechpuppen, die alle gleich klingen.

Desweiteren stimmt:
"Solange wir unterschiedliche Formatradios haben, ist das Problem nicht so groß", konstatiert Teichert....Problematisch sei da eher die fortschreitende Annäherung des öffentlich-rechtlichen Hörfunks an das private Angebot"
 
Original geschrieben von Klotzkopf
Sehr interessanter Artikel, wenn auch ohne wirkliche Überraschungen. Sollte man jedem PD und Wellenchef zukommen lassen.

Wozu? Was erfahren die daraus Neues? "Ach, so machen wir das seit Jahren!? Ist ja interessant!" Oder wie stellst du dir das vor? Wie du richtig sagst: ohne wirklich Überraschungen, der Artikel. Was sollen die PDs und Wellenchefs damit dann letztlich anfangen?
 
Wieder mal ein peinliches Essay einer Printkollegin, die verdrängt, dass Zeitungen schon Jahrzehnte vor anderen Medien "formatiert" d.h. auf eine Zielgruppe zugeschnitten und damit für den Leser "verläßlich" wurden und das dies Grundvoraussetzung für langfristigen Erfolg eines jeden Produkts ist.*

Aber immerhin ist auch ein großer Brüller drin:
Doch diese Programmierung hat auch ihre Nachteile. So beinhaltet die aktuelle Rotation nicht die gesamte Auswahl an möglichen Titeln.
Was für ein Spaß, kichert die Jasemine.

*: ich sage Grundvoraussetzung und nicht Garant, ich sage langfristig und nicht kurzfristig und ich sage Produkt , also konsumierbare, rezipierbare Güter und Dienstleistungen, nicht zum Selbstzweck oder Spaß der Macher erzeugte Konstrukte.
 
Ich denke, umso öfter die das zu hören/lesen bekomen, umso mehr müssten sie mal merken, dass sie was falsch machen und etwas ändern müssen. Wenn nicht, müssen sie eben wieder die MA-Ergebnisse für sich sprechen lassen, was dann wieder mit Entlassungen, Einsparungen und Automationen verbunden ist. Klasse!
 
Jasemine schrieb:

*: ich sage Grundvoraussetzung und nicht Garant, ich sage langfristig und nicht kurzfristig und ich sage Produkt , also konsumierbare, rezipierbare Güter und Dienstleistungen, nicht zum Selbstzweck oder Spaß der Macher erzeugte Konstrukte.

Den Radiosender hört man es immer deutlicher an, dass die Macher keinen Spaß mehr daran haben. Sie klingen zunehmend fade, öde, langweilig, steril. Und schlimmer noch: Mit dem maßlosen, mechanischen und gefühllosen Einsatz von Elementen wie Claims, Jingles und Floskeln verscheucht das Radio zunehmend seine letzten geistig zurechnungsfähigen Hörer.

Die Auswahl der "erschreckend niedrigen Anzahl von Titeln" enthält in D anscheinend GRUNDSÄTZLICH eine erkleckliche Anzahl von Titeln, die ich gerne als "Jammer & Jaul-AC" brandmarke. Insofern besteht eine Verlässlichkeit darin, garantiert mit dem Schmalz belästigt zu werden, auch wenn man liebend gerne ein Format mit durchgehend "heißer" Musik hören möchte. Gibt es aber leider nicht.

Insofern versagt das Radio nicht damit, ein Format anzustreben, sondern darin, es vernünftig umzusetzen.

Egal wie viele Stationen es auf dem Markt gibt: Konkurrenz führt zu einer weiteren abnahme der Qualität und zu einem noch verkrampfteren Einsatz der Formatelemente. Genau das ist Radio nämlich: Krampf, dem jegliche heitere Lockerheit abgeht.

Also nochmal: Es geht hier nicht darum gegen Formatradio zu sein, sondern lediglich die mangelhafte bis ungenügende Umsetzung in D zu kritisieren.

Leute: Ihr müsst viel besser werden!
 
@jasemine: Den einzigen Fehler in diesem ganz und gar unpeinlichen Essay hat die Printkollegin gemacht, als sie Formatradio mit dem gleichsetzte, was die deutschen Privatradios derzeit veranstalten.

@alqaszar: Auf den Punkt getroffen. In anderen Ländern (England, Niederlande, Frankreich) gibt es auch feste Formatregeln - nur verstehen es die Kollegen dort, das Ganze nicht so dröge darzubieten.
Als Beispiel möchte ich hier mal das Team von "radio veronica" anführen.

Auch in den USA, dem Heimatland des "Formats" hören sich viele (nicht alle) Programme sehr viel attraktiver an.
 
Mal abgesehen davon, dass die Tageszeitungen als vergleichbares Medium im Printbereich in der tiefsten Krise der Nachkriegszeit stecken:

Es macht mir wesentlich mehr Spaß, in der FAZ oder SZ zu lesen, als ein Privatradio zu hören. Dort werden Artikel nicht alle zwei Sätze mit einem Claim unterbrochen, es steht nicht auf Seite 4 dasselbe wie auf Seite 1 und der Wortschatz der Printredakteure geht - im Gegensatz zu vielen Radiomoderatoren - über den eines Achtjährigen hinaus.

Davon abgesehen kann ich im Printbereich zwischen BILD und FAZ wählen, beim Radio hingegen nur zwischen BILD und BILD.

(Wobei der Vergleich mit manchen aktuellen Doofenprogrammen sogar noch eine Beleidigung für die BILD wären).
 
Nunja, es zählt wie überall, nur wer Erfolg hat überlebt. Soll ich lieber ein paar Titel spielen die nicht in das Format passen und mir somit Stammhörer verkraulen und Werbeeinnahamen über den Jordan schreiten sehn? Oder doch lieber das Erfolgreiche Format einsetzen? Ich glaube bei privaten Radiosendern ist für solche selbstkritischen Versuche kaum Platz. Vorallem nicht in Zeiten der Werbeflaute...

Obwohl ich auch sehr für ein Dynmaische Radioformat wäre, dass zwar ein grund Format hat, aber man dennoch nicht sagen kann was in 10 Minuten gespielt wird.
 
@ Jasemine

Was ist denn an dem Artikel so peinlich? Dass sich die Autorin mit einem anderem Medium befasst?

Das Thema war nun mal Format-Radio und darüber erfährt der Leser etwas. Ich kann da nix peinliches erkennen...

Wenn ich z.B. eine Zeitschrift oder Zeitung kaufe, dann möchte ich auch eine angemessene Gegenleistung dafür haben. Privates Formatradio bezahle ich nicht. Würdest Du für solche Programme zahlen? Und insofern ist der Vergleich nicht so einfach zulässig!

Finde es auch interessant, wenn sich ein Medium mit nem anderen befasst, und wenn es nur so ein kleiner Bericht ist. Das ist immerhin mehr Information als sie die angesprochenen Sender leisten.
 
Ganz guter Artikel, ein Zitat ist besonders aufschlußreich:

"Der Hörer kann zu jedem beliebigen Zeitpunkt einsteigen, ohne das Gefühl zu bekommen, etwas verpasst zu haben."

Für mich als (potentiellen) Hörer bedeutet das doch auch, ich kann zu jedem beliebigen Zeitpunkt wieder abschalten, ohne das Gefühl zu bekommen, daß ich etwas verpassen würde...
 
Und Du hast es schon sehr früh begriffen und bist deswegen exhörer, stimmts?

Ich warte seit 12 Jahren, dass mal was spannendes kommt...
 
@DjBenny:

Es gibt bisher keinen Beweis für die These: "Das Radio ist erfolgreich nur so wie es ist." Dies ist eine völlig unbewiesene These.

Es tritt aber niemand den Gegenbeweis an, weil das ja mit Kreativität einerseits und unternehmerischen Risiko andererseits zu tun hat.

Also zwei Dinge, welche hierzulande nicht unbedingt heimisch sind.

Lieber wimmern die privaten darüber, wie sich die örAs ihnen anpassen. Ok, ist nicht toll was die mit euren Gebührengeldern machen, aber immerhin gäbe es ja noch die Möglichkeit, es BESSER zu machen und die örAs wieser auszustechen wie es in den 90ern schon mal gegangen ist.

Aber nein, man klammert sich an das Konzept (nicht: Fomat!) eines hirnerweichenden Dummfunks und hält sich für King Radio höchtpersönlich, wenn man bei der MA nur 800 Hörer verloren hat -- hätte ja schlimmer kommen können. (PM: "Hitradio 08/15 behauptet sich in schwierigem Marktumfeld erfolgreich!)

Schwieriges Marktumfeld? Nirgendwo gibt es so wenig Konkurrenz wie in Deutschland -- trotz der örA-Dudelwellen. In NRW gibt es gerade mal ein CHR und zwei AC-Formate am Markt. Für die komplette Zielgruppe von 14-49 sind das genau DREI Sender im bevölkerungsreichen Bundesland.

Aber was passiert dort? Leute, die gerne Radio hören, hoffen das BFBS seine Frequenzen noch lange behalten kann.

Andererseits, etwa in Hessen oder Sachsen, wo es tatsächlich mehrere Anbieter am Markt gibt, schlägt der negative Qualitätswettbewerb immer neue Löcher in das eh schon niedrige Niveau -- und das auch noch unter begeisterter Mithilfe des ö-r MDR! (Der HR wird gerade von den Koch'schen CDU-Getreuen auf doof getrimmt.)

Und es war ja mal besser hierzulande. Es gab hier Radiosender, die eine gewisse Begiesterung rüberbrachten. Sicher, nach heutigem Maßstab hätte ein SWF 3 von 1989 keine Chance mehr, allein schon von der Musikauswahl her.

Aber seitdem hat sich eine Entwicklung vollzogen, die statt eine Evolution lediglich eine Degenration bewirkt hat.
 
Hallo Ray,

Wenn ich z.B. eine Zeitschrift oder Zeitung kaufe, dann möchte ich auch eine angemessene Gegenleistung dafür haben. Privates Formatradio bezahle ich nicht. Würdest Du für solche Programme zahlen?

nun Du warst doch der, der keine Vergleiche mehr lesen wollte, warum kommst Du damit wieder um die Ecke? Formatbruch beim Beitragsschreiben? ;)

Ich gebe dazu gerne eine umfassende Antwort, wohlwissend, dass kein Konsens möglich ist und Missverständnisse und eine Grundsatzdiskussion drohen.

Als Medienschaffender, als Journalist kann man auf viele Arten an das Thema rangehen und zu Erkenntnissen gelangen. Zwei sehen so aus:
1.) Radio ist so, weil die Mehrheit der Hörer es genauso haben will und Sender damit gutes Geld verdienen. Diese Sicht würde entsprechende Recherche und Verständnis voraussetzen und den Mut das den Lesern, die das Gegenteil lesen wollen zu schreiben.
2.) Radio ist entmenschter, computerisierter Dudelfunk. Diese populistische Sicht ist politisch korrekt und schlägt in die beliebte Kerbe vieler Printjournalisten. Sie kommt beim Leser gut an und braucht von seiten der Autorin wenig Recherche und Verständnis. Alle in der Redaktion werden sie für so einen Text loben, warum also sollte sie die subjektive Wahrheit in Zweifel ziehen? Vielleicht, weil sie mehr Anspruch hat? Nun, nein, den hatte sie nicht.

Es geht aber nicht darum, ob Formatradio grundsätzlich doof ist oder ob die deutschen Programmdirektoren einfach nicht in der Lage sind gutes Formatradio zu machen. Wichtig ist nur, dass sie Erfolg haben. Sender wie Radio Hamburg verdienen (trotz Hörerverlusten) immer noch Millionen. Das Programm ist Marktführer in Hamburg. Die Autorin ignoriert beide Tatsachen und kritisiert das moderne Radio
- weil es nicht den Regeln von Bert Brecht aus dem Jahr 1932 folgt (ohne Worte)
- weil es ein größtenteils Begleitmedium ist (die Autorin ignoriert, dass genau das einen der Produktvorteile des Mediums ausmacht).
- weil die "Rotation nicht die gesamte Auswahl an möglichen Titeln" beinhaltet (die gesamte Auswahl an möglichen Titeln zu spielen ist selbst für nicht Fachleute dermaßen naiv. Schreibt das Hamburger Abendblatt die gesamte Auswahl an möglichen Themen oder nur die die interessieren?)
- weil "vor allem massenattraktiven Radiosender (...) in einer dünnflüssigen Einheits-Musiksoße" versinken (stimmt und zwar genau die, die die Leute im Radio akzeptieren, das sind leider nicht tausende, sondern nur hunderte Titel, aber so sind die Menschen. Kann man das dem Formatradio an sich oder dem in deutschland gemachten Radio vorwerfen? Gewiß, wenn wenn man nicht verstanden hat, wie der Wirkungszusammenhang funktioniert).

Abgesehen davon finde ich den Artikel printjournalistisch betrachtet schlecht. Nichtssagende Dachzeile, lahme Headline, ich-kenn-ein-Zitat-von-Brecht-Einstieg, zielloses Gestocher in der Materie mit Schwenk auf Randdetails wie Musikkategorisierung, Ausflug zum Rotationsverbot, die erst als alternative Strömung gegen das Einerlei daherkommt, dann wieder als "unausgegoren" abgetan wird. Warum bleibt die Autorin schuldig, auch die Gründer der Initiative Rotationsverbot kommen nicht zu Wort. Statt dessen lässt sie die Aussage von Will Teichert unkommentiert stehen und hastet zu einem weiteren Thema im letzten Satz. Dass sich nämlich nach Ansicht von Michael Reichmann von der Hamburgischen Anstalt für das öffentlich-rechtliche Hörfunk-Angebot fortschreitend an das private Angebot annäherd. Dazu fällt der Autorin anscheinend nichts mehr ein.


Ich habe ausnahmsweise mal lang und breit hier gepostet. Ich tue das ungern, wollte aber am Text belegen.

Die Kurzfassung für eilige Leser: Ich finde den Artikel mies strukturiert, handwerklich schlecht und inhaltlich peinlich, weil er dem kulturpessimistischen Jammer-Mainstream folgt und keine neuen Hintergründe oder alternativen Erklärversuche unternimmt (warum siehe oben).

Die Jasemine macht sich jetzt mal einen neuen Wein auf.
 
@ Jasemine
meine Augen sind zu schlecht für das Kleingedruckte, aber ne Kurzantwort:

Genau, ich war der, der die Vergleiche nicht mer wollte (andere villeicht auch, mögen mir verzeihen), aber

ich wollte mich nur auf das beziehen, was Du geschrieben hast. Und Da hast Du oben Radio und Zeitung verglichen, indem du sagtest, "dass Zeitungen schon Jahrzehnte vor anderen Medien "formatiert" d.h. auf eine Zielgruppe zugeschnitten" worden sind. Das habe ich jetzt mal als Vergleich betrachtet. Oder sollte das keiner sein?

So, jetzt hol' ich die Lupe!
 
''1.) Radio ist so, weil die Mehrheit der Hörer es genauso haben will und Sender damit gutes Geld verdienen. Diese Sicht würde entsprechende Recherche und Verständnis voraussetzen und den Mut das den Lesern, die das Gegenteil lesen wollen zu schreiben.
2.) Radio ist entmenschter, computerisierter Dudelfunk. Diese Sicht ist politisch korrekt und schlägt in die beliebte Kerbe vieler Printjournalisten. Sie kommt beim Leser gut an und braucht wenig Recherche und Verständnis. Alle in der Redaktion werden einen für so einen Text loben, warum also die subjektive Wahrheit in Zweifel ziehen. ''

Ein kurzer Senf von mir dazu:

Ich bin kein Print- oder sonstwas für ein Journalist, sondern nur Zuschauer, Leser, Hörer. Dennoch würde auch ich eher zu These 2 tendieren.

Die Printjournalisten täten ohnehin besser daran, nicht so tief in Fremde Kerben zu hauen, da ihnen derzeit die Felle gehörig davon schwimmen.
 
@ Jasemine

Wo hat die Autorin ignoriert, dass Radio Hamburg Millionen verdient? Oder das Radio Hamburg die Marktführerschaft in Hamburg besitzt?

Ich weiß auch gar nicht, liebe Jasemine, warum Du Dich über eine bloße Zustandsbeschreibung des privaten „Formatradios“ so aufregst (dass diese Erwähnung Dir offensichtlich zahlreiche Zeilen Wert ist)? Es ist eine Beschreibung des Zustandes, den im Prinzip jeder erfahren kann. Alles, was die Autorin schreibt ist doch auch so! Ich weiß nicht, was Du da für Probleme mit hast...
 
@ Ray Shapes
Und ich weiß nicht, was du an Jasemines Text nicht verstehst. :p

@Jasemine
Jede Zeitung bekommt die Leser, die sie verdient.
Laß dir den Wein schmecken, den hast du dir nach diesem Beitrag redlich verdient. ;)
 
moin, moin,

@jasemine.

perfekte beschreibung und treffende analyse.
ich bin absolut bei dir.:) :) :)

es gibt in diesem unserem ach so blühenden vaterlande für jedes lifestyle, ja sagen wir es mal ganz deutlich für jeden sch**dr*** eine zeitung. das nenne ich format. und warum machen die das? damit 2000tausen people den dr*** auch noch kaufen? nein, um diese 2000 käufer für werbung zu vermarkten.
und das zeitungen schon seit den zeiten eines axel springers formatiert sind, ist ja mehr also offensichtlich.

@ray
und ja, du musst für deine zeitung in der regel bezahlen. und das obwohl sie sich im schwerpunkt aus werbeeinnahmen finanzieren...
und eben das brauchst du beim privatradio nicht. die leben alleine von den werbeeinnahmen und müssen daher noch exakter auf ihre hörer achten (und am besten keinen vergraueln).
 
@all

Zustimmung für RayShapes!

Ich weiß gar nicht, worüber ihr euch so aufregt. Die Feststellung, dass Radio sich nicht in die Richtung entwickelt hat, die den Pionieren des Mediums vorschwebte? Ist doch zum 80. ganz interessant. Oder darüber, dass die Produktionsbedingungen einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt werden und damit vielleicht die Illusion eines "Mediums mit Herz" angekratzt wird? Ist euch das so peinlich? Übrgens finde ich es ziemlich schwach, auf Kritik nicht sachlich zu reagieren, sondern von der inhaltlichen Argumentationsebene abzurücken und zum Generalangriff auf ein anderes (nicht vergleichbares Medium) zu blasen. Sehr fragwürdiges rhetorisches Mittel. Weshalb sollte die Autorin Verbesserungsvorschläge machen? Das ist nicht ihre Aufgabe. Mal ganz abgesehen davon, dass sie tatsächlich nicht kritisiert, sondern beschreibt. Und ich habe da nichts entdeckt, was nicht den Tatsachen entspricht. Eure Reaktion lässt nur den Schluss zu, dass ihr selbst nicht von dem überzeugt seid, was ihr macht.

Aber wenn wir denn nun einmal bei dem Vergleich sind: die Zeitschriften argumentieren, dass ein gewisser Anteil an Werbung den Verkaufspreis stabil hält. Aber trotzdem hat der Leser den Eindruck, dass er mit dem Kauf des Produktes tatsächlich noch Kunde ist und damit einen gewissen Einfluss hat. Das wird durch die Veröffentlichung von Leserbriefen und Editorials verstärkt. Kunde ist er beim Radio nicht mehr. Da ist der Hörer (nicht das Programm) das Produkt. Der Rezipient ist Teil eines modernen Sklavenmarktes. Jetzt kommt mir nicht wieder mit Zielgruppenorientierung und Researchergebnissen. Alles nur Reißbrett ohne Bezug zum realen Leben. Tatsache ist, dass Radio entmenschlicht ist.

Liebe Jasemine, wenn Radio Hamburg auch noch Markführer in Hamburg mit Millionenumsätzen ist, so gibst du doch zu, dass ein gewisser Abwärtstrend festzustellen ist. Sollte das nicht Anlass zum Nachdenken sein? Oder findest du es spannend, den Untergang der Titanic zu begleiten? Und übrigens: der Zeitschriftenmarkt (ich spreche nicht von der Zeitung, der zitierte Artikel entstammt einer Zeitung, eure Formatargumentation richtete sich allerdings gegen die Zeitschrift, da habt ihr die Printmedien in unzulässiger Weise in eine Topf geworfen)- also noch einmal: die Prognosen für den Zeitschriftenmarkt sind so übel nicht (ganz im Gegensatz zu den Zukunftsaussichten für den Hörfunk).

Gruß postit
 
@ postit: Vollste Zustimmung!

@ honk:
du musst für deine zeitung in der regel bezahlen. und das obwohl sie sich im schwerpunkt aus werbeeinnahmen finanzieren... und eben das brauchst du beim privatradio nicht. die leben alleine von den werbeeinnahmen und müssen daher noch exakter auf ihre hörer achten (und am besten keinen vergraueln).
Im Gegenteil: Die Zeitungen müssen viel exakter darauf achten, ihre Zielgruppe zutreffen, denn sie merken Tag für Tag an der Zahl der verkauften Exemplare, ob sie auf einem Holzweg sind. Privatradios hingegen nutzen eine, vorsichtig ausgedrückt, fragwürdige Erhebungsmethode, die letztlich nur die Wirksamkeit von Promotionmaßnahmen für den Bekanntheitsgrad des Senders, nicht aber die tatsächliche Zahl von Hörern mißt. Zudem profitieren sie davon, daß ihre Konkurrenten den Weg der Verflachung mit ihnen gemeinsam gehen, so daß ein unzufriedener Hörer wesentlich weniger Ausweichmöglichkeiten hat, als ein unzufriedener Zeitungsleser.
 
moin, moin,

@makeitso

das sehe ich nicht ganz so, denn auch die zeitungen werden mit der ag.ma ausgewiesen.
und zwar nicht nur nach verkäufen, sondern auch nach lesern...
das bedeutet, das die zeitungen
a. das selbe - und da bin ich vollkommen bei dir - zweifelhafte erhebungsverfahren genießen und
b. darüber hinaus auch noch einnahmen aus verkäufen erzielen. und die werden dann in den kundenkauf (via abo-geschenke, die teurere als ein jahresabo sind) investiert. und das ist am ende des tages nichts anderes als ein gewinnspiel...
und last but not least haben die zeitungen die radiosender in der hand (gesellschafter...) und ein deutlich höheres renomme bei den werbekunden als das radio.
und das image sollen solche - und da bin ich wieder bei jasemine - schlechten artikel weiter ausbauen. nicht mehr und nicht weniger.

uns zeigt dieser artikel doch eines:
die zeitungen kämpfen redaktionell und deutlich sichbar um jeden werbekunden und wollen mit negativer berichterstattung den einen oder anderen werbekunden vom radio abbringen.
zumal die regionale tageszeitung der unmittelbare konkurrent des radiosenders sind, wenn es um die werbeausgabenverteilung in einer region geht.
und hast du jemals einen radiosender melden hören:
eh, die zeitungen mit ihrem nervigen formaten sind schlecht und verarschen die leute?
nein?
warum wohl nicht?
weil
a. die meisten radiosender den verlagen gehören
und b. weil das land und die leute formate wollen. weil formatierung sinn macht.
und das ist bei den zeitungen inzwischen soweit, das es für (fast) alle zielgruppen irgendwelche zeitungsformate gibt. nur beim radio nicht.

leider ist es aber einfacher eine formatierte zeitung für 3000 schmetterlingsammler zu machen (und zu finanzieren) als ein radio für diese zielgruppe.
und da liegt des pudels kern:
die radiosender mit engen formaten lassen sich in deutschland nicht anständig vermarkten. daher wollen z.zt. auch alle ins licht (ac) und rennen damit aber nur in ihr verderben.
 
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