Das mit den alten Kassetten habe ich auch schon gemacht. Ist ein netter Nostalgiespaß. Wobei ich immer sehr gründlich war, und Moderationsschnipfel rausgekillt habe. Heute könnte ich mich drüber ärgern. Bei dem, was ich aber so gefunden habe, fiel mir auf:
1. Moderation war nur selten besser heute. Bei den ÖRs war sie oft betulich, vor allem bei den "ersten Programmen", teilweise aber auch recht angenehm, bei den Privatsendern oft recht unprofessionell-improvisiert. Gute DJs waren auch damals eine Seltenheit. Ramptalks wurden damals öfter probiert als heute, gingen aber auch sehr häufig in die Hose.
2. Die Stimmen waren oftmals besser. Vor allem bei den ÖRAs, da gab es ausgebildete Sprecher mit Bühnenausbildung. Vor allem den Nachrichten merkte man das an.
3. Es gab, bis Anfang der 90er-Jahre, weniger Eigenwerbung, weniger Claims etc. Es war alles etwas natürlicher, kam weniger marktschreierisch rüber. Wobei wir, was das angeht, den Zenit überschritten haben.
4. Die Musik war weniger durchformatiert. Es wurde bei den Popwellen und den meisten Privatsendern aber weniger altes Material gespielt als heute. Gerade bei kleineren Stationen war das aber durch fehlendes Archiv begründet. Da brachten tlw. die Mitarbeiter Platten aus ihrem eigenen Fundus mit, damit nicht nur aktuelle Songs liefen. Insgesamt rotierten die Hits aber damals auch häufiger, als wir das oft durch die zeitliche Distanz verklären.
5. Es gab mehr Spartensendungen, abends und am Wochenende.
6. Telefongespräche fanden häufig live statt. Gefakte phone-ins gab es so gut wie nicht. Klar, da ging auch mal was in die Hose. Aber das machte es ja auch aus.
7. Insgesamt war das Tempo in den Sendungen gemässigter, gerade auch bei den Popwellen
8. Es gab noch Sendungen. Sendestrecken mit festen Inhalten.
9. Nachrichten fanden meist ohne O-Töne statt und dauerten fünf Minuten. Bei den Privatsendern i.d.R. etwas kürzer. Der SDR führte das in den 80er-Jahren mit seinen "Telegrammen" ein, die zu den Kernzeiten die regulären Nachrichten ersetzten.
10. Es wurden in Informationssendungen mehr Interviews gesendet und es gab viele gebaute Beiträge, auch bei den Privatsendern. Comoderationen oder sog. "Kollegengespräche" waren die Ausnahme.
11. Vieles, was heute per vorproduziertem Trailer kommuniziert wird, war damals Inhalt der Moderationen.
12. Die Stop-Sets waren länger. Moderationen hatten gerade bei kleineren Stationen keine festen Punkte und kein festes zeitliches Limit.
Will sagen: Es hörte sich anders an. Nicht alles war besser. Die Freiheiten auf Seiten der Macher waren grösser und innerhalb eines Programmes gab es differenzierte Angebote, die heute leider nicht immer durch entsprechende terrestrisch empfangbare Spartenprogramme aufgefangen werden.