Vorweg: Ich schaue auf die Tagesreichweiten, die sind für Entwicklungen aufschlussreicher als die Werbeträgerreichweiten, zumal hier auch die werbefreien Programme sichtbar sind. Die Werbeträgerreichweiten mögen für Werbetreibende und Agenturen ausschlaggebend sein, für mich als Betrachter des ganzen Großen nicht.
Wenn man genauer schaut, erkennt man interessantes:
In NRW verliert der WDR mit allen Programmen, besonders deutlich mit WDR4.
Auch NDR1 Niedersachsen verliert im angrenzenden NRW deutlich (ist also aufgrund der ähnlich "verjüngten" Programmausrichtung keine Alternative zu WDR4).
Dagegen gewinnt SWR4 RP in NRW deutlich hinzu. (+59,3%!!!)
-> Das zeigt mir z.B. dass die Hörer die Umstellung eines Schlagerprogramms in eine Oldiewelle nicht goutieren, und zwar auch längerfristig nicht zwingend, wie die Werte der NDR1-Programme zeigen, die sich nicht auf die alten Werte von vor zehn Jahren zurückerholen können.
Okay, gehen wir die Länder durch (NRW haben wir ja abgehakt, Lokalfunk stabil...gut, mangelnde Konkurrenz, schwächelnder WDR...)
Schleswig-Holstein:
NDR2 verliert (fragt sich wohin), die anderen stabil. Delta und Nora dümpeln so dahin, noch hinter dem einstrahlenden Radio Hamburg (das nur in einem Teil des Landes zu empfangen ist) ist schon hochblamabel. Gut, in die Programme wird kaum was investiert. Den Hauptzweck "Konkurrenz vom Mutterschiff RSH fernhalten" erfüllen die Beiboote.
Hamburg:
Ausser DR Kultur und NDR Kultur verlieren alle Programme, tlw. schon deutlich. Fragt sich, wohin. Hören die jetzt alle Internetradio?
Eine der Merkwürdigkeiten dieser Erhebung, die immer wieder mal vorkommt. Allerdings sitzt Radio Hamburg immer noch fest im Sattel. Auch bemerkenswert, dass keiner der Konkurrenten es schafft, denen auch nur annähernd gefährlich zu werden.
Niedersachsen:
Auffällig: +450% für Paloma. Das ist auch bei einem "Minisender", der nicht terrestrisch zu bekommen ist mehr als Grundrauschen. Die Schlagerhörer suchen sich also Alternativen! Potential für neue DAB-Programme!
ffn verliert etwas mehr als die anderen. Ein Trend?
Rheinland-Pfalz:
RPR1 verliert weiter. Deutliche programmliche Schwächen zeichnen sich eben ab. Big FM dagegen schließt auf. Einstrahlende Sender gewinnen z.T. deutlich, vor allem aus Hessen (gut, You FM mit dem 95.3-Effekt). -> Die Hörer suchen sich Alternativen, nachdem jahrelang die Bedeutung einstrahlender Programme generell eher zurückging.
Hessen:
Von den HR-Programmen gewinnt nur You FM, was vor allem auf neue Frequenzen (95.3...) zurückzuführen sein wird. Bei den Privaten gewinnt nur harmony leicht. Die leichten Verluste aller anderen Programme resultieren auch hier in Gewinnen einstrahlender Programme. Ein Gedanke dazu: Vielleicht spielen hier die neuen Autoradios eine Rolle, bei denen man nicht mehr aus den 6 vorprogrammierten Sendern wählt, sondern komfortabel in einer Liste (tlw. mit Logos) aus allen empfangbaren Programmen auswählt und so auch mal was anderes anwählt?
Saarland:
Zwischen Doppelweck und Lyonerring alles beim Alten. Keine Verwerfungen auf dem radiophonen Schwenker...
Baden-Württemberg:
Sunshine live rutscht immer weiter ab, auch bundesweit. Entweder zieht elektronische Musik generell nicht mehr so oder es liegt daran, dass andere CHR-Stationen vermehrt wieder elektronisches (die mainstreamigeren Sachen halt) ins Programm nehmen, nachdem man dort jahrelang alles dancelastige gemieden hat.
Bei den einstrahlenden Programmen auch hier You FM dank 95.3 mit deutlichem Anstieg. Ohne Hessen-Attitüde kann man also auch über die Grenze punkten.
SWR Info mit deutlichem Anstieg. Hallo DAB!
Bei den Privaten verliert 107.7 recht deutlich. Recht so, Quittung für die Aufweichung des Rockformates Richtung AC.
Dagegen gewinnt Energy deutlich und kommt langsam aus dem Quark. Donau 3 FM gibt auch deutlich ab. Auch hier wurde das ursprünglich rockige Format aufgeweicht. Anpassungen Richtung AC zahlen sich eben NICHT aus. Format braucht Konsequenz und Ausdauer!
Bayern: Deutliches Plus für Rock-Antenne (DAB!), sonst keine Verwerfungen. Aber München: Energy toppt alle mit deutlichem Gewinn. Der Platzhirsch Gong muss sich Gedanken machen! Schade, dass Bayern Plus und Puls nicht ausgewiesen werden, hätte mich interessiert sowie traditionell die österreichischen Sender...
Berlin:
Keine allzu großen Verwerfungen. Flux FM wieder in der Bedeutungslosigkeit. Die größeren bröckeln hier so ganz langsam dahin. Auch Kiss FM hat den Zenit überschritten. Das Beeindruckendste: B2 überholt Paradiso. Also auch hier Nische für Schlager vorhanden! Soft AC zieht nirgends mehr.
Und: Teddy schließt zu den Großen auf! Nischenformate sind im Kommen!
Meckpomm: Antenne MV kann nicht mehr gegen Ostseewelle anstinken, die sind dort mittlerweile das, was RHH für Hamburg ist. Über die Qualität der Programme sagt das IMHO wenig. Eher unterbietet man sich gegenseitig und derjenige mit der höheren Identifikation des Hörers gewinnt eben.
Sachsen-Anhalt:
SAW nach wie vor weit an der Spitze, wenngleich leicht bröckelnd. Sputnik mittlerweile mit stabilem Wert.
Sachsen:
MDR1 R. Sachsen führt meilenweit, da sich alle anderen Musiksender (ausser RSA vielleicht) im selben Hot-AC-Haifischbecken totprügeln. RSA rückt immer mehr zu PSR auf. Die Programmanbieter sollten sich hier mal ernsthaft um ihre Formate und Positionierungen Gedanken machen.
Thüringen:
MDR1 baut aus und überholt die Antenne. Landeswelle verliert weiter und liegt bald nicht mehr weit über 89.0 RTL
Das erinnert mich an das Postulat von Dr. Fu Man Chu "für die B-Programme wirds langsam eng" (sinngemäss zitiert).